Wundert euch darüber nicht, denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden: die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts (Johannes 5,28).

In der Christenheit kursiert die Vorstellung, dass es am jüngsten Tag (oder „letzten Tag“) ein großes Endgericht geben wird, bei dem alle Menschen vor dem Thron erscheinen und dann von Gott beurteilt werden. Dieser Ansicht nach findet unmittelbar vorher eine allgemeine Auferstehung der Toten statt.

Wie kommt man auf diesen Gedanken? Das rührt daher, dass man das Gericht der Lebendigen, das in Matthäus 25,31–46 beschrieben wird, als dieses allgemeine Gericht auffasst. Doch das Gericht in Matthäus 25 bezieht sich nur auf einen Bruchteil der Menschen: Es sind diejenigen, die als Lebende nach der Drangsalszeit vor dem Herr Jesus erscheinen, der hier auf der Erde sein Reich aufrichtet. Es sind keine Menschen, die auferstanden sind; von der Auferstehung wird in diesem Zusammenhang gar nicht gesprochen.

Gott führt nicht erst eine Trennung zwischen dem Gerechten und dem Ungerechten am Tag des Gerichts herbei, sondern er vollzieht die Trennung (die heute noch nicht sichtbar ist, denn Weizen und Unkraut wachsen nebeneinander her) schon in der Auferstehung: Es gibt eine Auferstehung zum Leben, und es gibt eine Auferstehung zum Gericht! Die Auferstehung der Gläubigen zum Leben findet beim Kommen des Herrn statt. Die Auferstehung zum Gericht findet (mindestens) tausend Jahre später statt, wie es die Schrift bezeugt: „Und sie wurden lebendig und herrschten mit dem Christus tausend Jahre. Die Übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren“ (Off 20,4.5).

Der Gedanke einer allgemeinen Auferstehung und eines allgemeinen Gerichts ist der Schrift völlig fremd. Es führt oft dazu, dass die wunderbare Heilssicherheit der Gläubigen sowie das völlige Verderben der Ungläubigen verwässert wird.

Bedenken wir: Wenn die Menschen vor dem Richterstuhl des Christus (zu unterschiedlichen Zeitpunkten) erscheinen, dann steht das Urteil längst fest. Der Gläubige weiß heute schon, dass er nicht ins Gericht kommen wird (Joh 5,24). Und der Ungläubige kann heute schon wissen, dass er gerichtet ist (Joh 3,18), wenngleich die Vollstreckung des Urteils noch aussteht und sich durch die persönliche Buße noch abwenden lässt.