„Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft.“ 5. Mose 6,5

König Friedrich Wilhelm I. von Preußen hatte mit tief greifenden Reformen sehr zum Aufstieg seines Staates und zum Wohl seiner Untertanen beigetragen. Aber seine Vorstellungen von Sparsamkeit, Disziplin und Pflichttreue riefen bei vielen eher Furcht als Liebe hervor. Wenn der König in Berlin mit einem Bambusrohr in der Hand ausging, ging man ihm gern aus dem Weg. Einmal nahm ein Mann geradezu Reißaus vor ihm. Friedrich Wilhelm eilte ihm nach und fragte, warum er fortlaufe. Als der Mann sagte, dass er sich vor dem König gefürchtet habe, prügelte der ihn mit den Worten durch: „Nicht fürchten lieben, lieben sollt ihr mich.“

Doch Liebe kann nicht erzwungen werden. Sie wird nicht durch Gebote geweckt. Doch warum hat dann Gott im Alten Testament dieses Gebot erlassen? Das geschah, weil wir lernen müssen, dass wir unsere Bestimmung als Geschöpfe verfehlt haben und Gott aus uns selbst gar nicht mehr lieben können. Ja, weil der Mensch ein Sünder ist, ein Feind Gottes, läuft er nach Möglichkeit vor Ihm weg. Aber da geschieht das Wunder der Gnade: Gott holt uns ein. Nicht mit dem „Stock“, nein, in der Person seines geliebten Sohnes, den Er für uns gegeben hat: „Hierin ist die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden“ (1. Johannes 4,10). Sind wir schon stehen geblieben und haben die Liebe Gottes persönlich erfahren? Haben wir die Gewissheit, dass unsere Sünden vergeben sind?  Dann ist uns die Furcht vor Gott genommen, und dann können auch wir lieben: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Johannes 4,19).

[Aus dem Kalender „Die gute Saat“, Jahrgang 2004]