Eine zugegebenermaßen komplexe Situation

Wir leben im 21. Jahrhundert. Die Welt ist nicht mehr dieselbe wie im 1. Jahrhundert. Das gilt nicht nur für Technologie und Gesellschaft, sondern auch für das christliche Zeugnis auf der Erde. Am Anfang gingen alle Gläubigen denselben kirchlichen Weg: Es gab keine kirchlichen Benennungen oder Organisationen, sondern Christen versammelten sich einfach als Christen, an verschiedenen Orten aber eben in Gemeinschaft miteinander.

Außerdem gab es in der frühen Anfangszeit (s. Apg 2–4) noch keinen Klerus, keine geduldeten Irrlehren, kein Zweifel an der Inspiration der Bibel etc.

Das alles hat sich drastisch geändert.

Diese Situation wirft Fragen auf – gerade im Blick auf die Grundprinzipien, nach denen wir als Christen unseren gemeinsamen Kurs ausrichten, Entscheidungen treffen, uns versammeln, Zucht und Aufnahme ausüben etc. Unsere Situation ist heute einfach wesentlich komplexer, als sie es einmal war: Es gibt nicht mehr einen kirchlichen Weg, sondern tausende, und viele davon scheinen attraktiv zu sein oder mehr oder weniger gleichwertig nebeneinander zu stehen.

Eine mutmachende Tatsache

Was nun? Ist es ein Dilemma ohne Ausweg? Eine Situation, in der man das geringste Übel wählen muss? Oder sich einfach damit abfinden muss, dass es keine „heile Welt“ mehr gibt und daher auch keinen richtigen kirchlichen Weg?

Es ist interessant – und äußerst trostreich –, dass das Neue Testament gerade da, wo es über die späteren Entwicklungen im christlichen Bereich spricht, ausdrücklich betont, dass es immer noch einen Weg nach Gottes Gedanken gibt und es auch möglich ist, ihn zu gehen:

  • Im zweiten Brief an Timotheus weist Paulus ausdrücklich darauf hin, dass letzte Tage schwere Tage sein werden, aber ohne etwas von der bisher festgehaltenen Wahrheit aufzugeben oder dem Fortschritt bzw. Verfall zu opfern. Wer diesen Brief (besonders Kapitel 2 und 3) liest, wird das sehr deutlich feststellen.
  • Judas geht noch weiter. Er schreibt über die Zeit, wo man immer mehr vom christlichen Glauben abweicht und schließlich ganz verlässt bzw. ins Gegenteil verkehrt und den Herrn Jesus Christus glatt verleugnet. Die ersten Anfänge davon machten sich schon zu seiner Zeit bemerkbar (Jud 4). Interessanterweise heißt es gerade in diesem Brief: „Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor seiner Herrlichkeit untadelig darzustellen vermag mit Frohlocken …“

Gott hat immer einen Weg. Das sieht man bereits im Alten Testament. Um 607 vor Christus sah es für Gottes Volk schrecklich aus: 10 Stämme waren in Assyrien, 2 Stämme in Babylon, es gab keinen König in Israel, der Tempel war niedergebrannt und Jerusalem zerstört! Und dennoch gab es einen Weg, der Gott gefiel: die Rückkehr an den Ort, den Er ausgewählt hatte, um seinen Namen dort wohnen zu lassen.

Bis heute gibt es einen Weg, der Gottes Zustimmung findet. Ob wir auf diesem Weg sind, ist eine andere Frage. Wir sollten uns nichts anmaßen. Aber andererseits sollten wir uns ermutigen lassen, den Weg zu suchen, den Gott für uns hat (Ps 132,4.5 und 5. Mo 4,29).

Schwierige Fragen

Wie sieht dieser Weg, den Gott aufzeigt, aus – gerade im Blick auf das Zusammenkommen „als Versammlung“ (s. 1. Kor 11,18)? Ist es heute noch möglich, biblische Grundsätze zu praktizieren, auch und gerade in Bezug auf Themen wie die Zulassung zum Brotbrechen, das Verhältnis zwischen Versammlungen an verschiedenen Orten etc.?

Wir sind überzeugt, dass das sehr wohl der Fall ist. Gott ist von den Entwicklungen unserer Zeit nicht überrascht worden. Er hat lange im Voraus davon gesprochen und entsprechende Anweisungen gegeben.

Dass wir heute mit schwierigen Fragen konfrontiert werden, steht natürlich außer Frage. Hier einige konkrete Beispiele:

  • Wen können und sollen wir zum Brotbrechen aufnehmen?
  • Kann man einen Unterschied machen zwischen Empfehlungsbriefen aus uns bekannten Zusammenkünften einerseits und anderen Zusammenkünften andererseits?
  • Wenn man nur Empfehlungsbriefe aus uns bekannten Versammlungen anerkennt, ist das nicht sektiererisch?
  • Sollte man nicht frei sein, das Brot zu brechen, wo man „bibeltreu“ ist und keine bösen Lehren oder Praktiken vorliegen?
  • Sollte man nicht auch frei sein, von solchen Orten oder Gruppen Gläubige zum Brotbrechen zu empfangen?
  • Wenn jemand nicht erfasst hat, dass örtliche Versammlungen nicht unabhängig sind und er daher auch ‚unabhängige‘ Gruppen aufsucht, kann er deshalb nicht am Brotbrechen teilnehmen?
  • Kann man sich überhaupt von einer Versammlung/Gemeinde trennen (und wenn ja, warum liest man davon nichts im NT)?
  • Wenn Versammlung A sich von Versammlung B trennt, was haben andere Versammlungen damit zu tun?

Ein Schlüssel

Eine ausführliche Erörterung dieser Fragen soll an dieser Stelle nicht erfolgen. Stattdessen möchte ich einen Vers vorstellen, der uns den Schlüssel gibt, um die meisten dieser Fragen selbst zu beantworten. Ich meine die Worte, die der Herr Jesus zu diesem Thema gesagt hat: „Wahrlich, ich sage euch: Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein“ (Mt 18,18).

Der Herr erklärt, dass die Versammlung an einem gegebenen Ort Autorität hat, zu binden und zu lösen, d.h. in die christliche Gemeinschaft aufzunehmen oder wiederaufzunehmen (‚lösen‘) oder auch davon auszuschließen (‚binden‘). Er trifft die erstaunliche Aussage, dass eine solche Handlung Gültigkeit im Himmel besitzt. Dass sie damit auch auf der Erde gültig ist (also weltweit), wird wohl kaum jemand bezweifeln wollen. Dabei ist noch interessant, dass dieser Vers nie von Binden oder Lösen an einem Ort spricht, sondern von Binden und Lösen auf der Erde. Auch diese Ausdrucksweise unterstreicht die weltweite Gültigkeit der Handlung. So auch in Matthäus 18,19.

Woher kommt diese Autorität? Liegt sie etwa in der Unfehlbarkeit der Versammlung? Auf keinen Fall, denn sie ist nicht unfehlbar. Der Herr gibt die Antwort selbst: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20). Es ist eine abgeleitete Autorität, es ist die Autorität des Herrn selbst, der in der Mitte der Gläubigen gegenwärtig ist.

Auf den Fall, dass eine Versammlung einen falschen Beschluss[1] fasst, gehe ich jetzt nur ganz kurz ein: Sollte das der Fall sein, wird der Herr – wenn diese Gläubigen wirklich zu Ihm hin versammelt sind und Er folglich in ihrer Mitte ist – ihnen diesen Irrtum zeigen, so dass sie ihren Fehler korrigieren kann. Sollte sie das über längere Zeit nicht tun, stellt sich die Frage, ob sie wirklich zum Namen des Herrn hin versammelt sind (mehr dazu später).

Die Anwendung am Anfang

Wie konnten diese Grundsätze am Anfang ausgelebt werden? Es war verhältnismäßig einfach. Alle Gläubigen versammelten sich zum Namen des Herrn hin. Man war an verschiedenen Orten versammelt, aber in Gemeinschaft miteinander. Wenn jemand – so wie Phöbe – in Korinth am Brotbrechen teilnahm, durfte und sollte diese Person auch in Rom aufgenommen werden (nicht nur zum Brotbrechen, aber auch dazu). Wenn die Korinther einer Person vergaben, dann vergab selbst ein Apostel Paulus ihr ebenso (2. Kor 2,10).

Es gab also an verschiedenen Orten „Versammlungen“. Alle waren zum Namen des Herrn hin versammelt. Alle wurden von allen anerkannt. Jede Versammlung konnte von jeder anderen Empfehlungsschreiben annehmen und auch welche dorthin ausstellen.

Wer in A teilnahm, durfte das auch in B und C tun. Und wer in D von der christlichen Gemeinschaft ausgeschlossen war, war es auch in E und F (und überall sonst).

Wenn es an einem Ort problematisch zuging (wie etwa in Korinth), dann kümmerte man sich darum, wirkte darauf hin, dass Missbräuche abgeschafft, Fehlverhalten korrigiert und falsche Einstellungen bekannt und geändert wurden. Wir wissen, dass das in Korinth tatsächlich geschah und dass so alles zu einem guten Ergebnis kam.

Die Anwendung heute

Heute ist alles komplizierter – aber die Grundsätze sind dieselben. So wie ein Israelit aus Babylon nach Jerusalem zurückkehren konnte, können auch wir heute noch nach biblischen Grundsätzen handeln.

Fangen wir an mit den „Konstanten“, mit dem was auch heute noch gilt:

  • Die Verheißung der Gegenwart des Herrn (dort, wo man zu seinem Namen hin versammelt ist)
  • Die Autorität des Herrn
  • Die Autorität der Versammlung, in der der Herr in der Mitte ist
  • Die universelle Gültigkeit der Entscheidungen einer solchen Versammlung
  • Die daraus resultierende Pflicht, solche Beschlüsse anzuerkennen (und das daraus resultierende Recht, sich auf solche Beschlüsse zu stützen)

Letzterer Punkt heißt nicht, dass keine Fragen gestellt werden dürfen, aber zunächst einmal (‚prima facie‘) wird anerkannt. Nicht möglich ist es, auf Dauer ein Zusammenkommen als zum Namen des Herrn hin versammelt zu betrachten und dennoch seine Beschlüsse zu ignorieren.

Dabei können wir uns heute einer Frage nicht entziehen: Welche Gläubigen sind zum Namen des Herrn hin versammelt? Wir kennen wahrscheinlich nicht alle solcher Gruppen in allen Ländern, aber Beschlüsse anerkennen (wie Binden und Lösen) können wir nur dann, wenn die Autorität vorliegt, solche Beschlüsse zu fassen (d.h., wo der Herr in der Mitte ist).

Nehmen wir einmal die gegenteilige Position ein. Verständlicherweise sind manche Gläubigen hier sehr vorsichtig und fragen: Können wir uns ein Urteil erlauben? Steht es uns zu, andere zu beurteilen? Können wir überhaupt wissen, wo der Herr gegenwärtig ist? Etc. Doch man übersieht dabei etwas. Denn wenn man diese Schwierigkeit umgehen wollte, müsste man:

  1. entweder Beschlüsse (und damit auch Empfehlungsbriefe) von allen christlichen Gruppierungen anerkennen, oder
  2. keine Beschlüsse (und damit auch keine Empfehlungsbriefe) anerkennen.

Dass Option 2 keine Lösung ist, sieht jeder sofort: Es würde gegen den Grundsatz in Matthäus 18,18 verstoßen. Wie kann man sagen: „Ja, diese Gläubigen mögen zum Namen des Herrn versammelt sein, der Herr mag dort sein, sie haben etwas beschlossen, der Herr hat gesagt, es ist universell gültig, aber wir prüfen alles selbst, wir erkennen keinen Beschluss an!“? Undenkbar!

Aber Option 1 ist auch keine Lösung. Wenn man hier konsequent sein möchte, muss man alles anerkennen: auch die Exkommunikation durch die katholische Kirche (z.B. einer Person, die gegen eines ihrer unbiblischen Dogmen geschrieben hat), die Zulassung aller Getauften zum Abendmahl in einer anderen Kirche etc. Das ist ebenso unmöglich.

Wir kommen also – wie gesagt – nicht umhin, uns die Frage zu stellen: Gibt es in unserer Umgebung Gläubige, die sich auf biblischer Grundlage versammeln, zum Namen des Herrn hin? In vielen Fällen kennen wir solche und pflegen seit Jahren glückliche Gemeinschaft, inklusive der gegenseitigen Anerkennung von Beschlüssen. In Fällen, wo Zweifel bestehen, sollten wir den Dialog suchen und – soweit es an uns ist – diese Frage klären. Wo wir auf neue Gruppen von Gläubigen treffen, sollten wir auch das Gespräch suchen, um festzustellen, ob ein gemeinsamer Weg auf biblischer Grundlage möglich ist. Ohne Grund von ihnen getrennt zu bleiben wäre sektiererisch. Wenn sie sich vom Bösen absondern und den Namen des Herrn anrufen aus reinem Herzen (2. Tim 2,21.22), sollten wir Gemeinschaft und gegenseitige Anerkennung suchen.[2]

Mit keiner Silbe haben wir gesagt, dass das einfach ist. Oft wird es Gesprächs- und Klärungsbedarf geben. Auch wird die Situation nicht statisch sein. Neue Gruppen entstehen, die sich auch nach der Bibel versammeln möchten (dem Herrn sei Dank!), und andere werden sich (leider) von biblischen Grundsätzen entfernen.

Aber anders geht es nicht. Wir können nicht Beschlüsse anerkennen, wenn wir nicht wissen, wo und von wem sie mit der Autorität des Herrn gefasst werden. Um das umzusetzen, wird geistliche Energie notwendig sein. Immer wieder wird es Fälle geben, wo Fragen gestellt und beantwortet werden müssen. Ohne geistliche Energie und Einstellung wird das nicht möglich sein. Nicht umsonst schreibt Paulus: „… mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens“ (Eph 4,2).

Aber was ist mit „anderen bibeltreuen Gemeinden“?

Wenn eine Gruppe von Gläubigen „bibeltreu“ ist, wird sie diese Grundsätze auch anerkennen. Dann sollten wir freudig feststellen, dass wir uneingeschränkt Gemeinschaft haben können. Die schwierigere Frage ist: Was ist mit Gemeinden, die „relativ bibeltreu“ sind, die aber obige Grundsätze nicht sehen? Also z.B. solche, die sagen: Bei uns kann jeder entscheiden, wo er sonst noch teilnimmt, solange er sie für bibeltreu hält. Oder solche, die sagen: Wir sind auch bibeltreu, aber wir erkennen eure Beschlüsse nicht an (obwohl wir euch als zum Namen des Herrn hin versammelt sehen).

Eine solche Position bedeutet, dass man die Frage, wer zum Namen des Herrn hin versammelt ist, dem Einzelnen überlässt (oder ganz ignoriert). Jeder kann hier eine andere (oder gar keine) Position vertreten. Folglich weiß man nicht mehr, welche Gläubigen als zum Namen des Herrn hin versammelt angesehen werden können, wessen Beschlüsse man anerkennen kann etc. Man hat nicht mehr die Möglichkeit, gemeinsam zu handeln, sondern überlässt es jedem, „zu tun, was recht ist in seinen Augen“. Der Grundsatz aus Matthäus 18,18 wäre dann nicht mehr praktizierbar.

Und wer das nicht versteht?

Wenn ein Gläubiger mit uns das Brot brechen möchte, der nicht aus einer Versammlung kommt, von der wir wissen, dass sie zum Namen des Herrn hin versammelt ist, stellt sich die Frage, warum er sich nicht nach denselben Grundsätzen versammelt. Hat er sie verstanden? Hat er überhaupt davon gehört? Ist er aufrichtig? Wenn er wirklich aufrichtig ist, aber eben noch nicht hinreichend belehrt, um diese Grundsätze zu verstehen, sollten wir ihn nach angemessener Prüfung am Brotbrechen teilnehmen lassen. Aber wir haben dann auch die Pflicht, ihn mit der Wahrheit bekannt zu machen – und er sollte dann auch die biblischen Belehrungen annehmen. Wenn er sich diesen widersetzt oder anfängt, andere Grundsätze zu verteidigen, nimmt er nicht die Stelle eines Unbelehrten und Aufrichtigen ein.

Und was ist mit „Gemeinde-Hopping“?

Wie steht es nun mit solchen, die bewusst zwischen verschiedenen kirchlichen Wegen hin und her springen möchten? Der häufigste Fall ist vermutlich der von Personen, die einmal den oben beschriebenen Weg (gegenseitige Anerkennung von Versammlungen und deren Beschlüssen nach Mt 18,18) gegangen sind und sich dann bewusst dagegen entschieden haben. Können solche Gläubigen deshalb nicht mehr am Brotbrechen teilnehmen?

Wir behandeln hier also einen Fall, in dem es sich nicht um Unwissende handelt, sondern um solche, die (bewusst) einen anderen Weg gewählt haben. Es sind zwei verschiedene Wege: ein Weg, bei dem nach Mt 18,18 gehandelt wird und ein Weg, bei dem das nicht geschieht. Aber ist das nun „böse“? Sollte man nicht unterschiedliche Überzeugungen zulassen? Macht man dann nicht doch das Verständnis über den kirchlichen Weg zur Voraussetzung für die Teilnahme?

Über den Fall wirklich Unwissender haben wir schon gesprochen. Hier behandeln wir den Fall derer, die nicht unwissend sind. Ist es hier nicht einfach eine Frage der Aufrichtigkeit? Kann ich an einem Sonntag sagen, ich möchte mich auf Grundlage X versammeln (unabhängige Versammlungen, persönliche Einschätzung und Prüfung, etc.) und am nächsten Sonntag auf Grundlage Y (Einheit des Leibes, Anerkennung von Versammlungen und deren Beschlüssen nach Mt 18,18, etc.)? Ist es ehrlich, von Zeit zu Zeit die Grundsätze X zu verleugnen, weil man Freunde oder Verwandte hat, mit denen man das Brot brechen möchte, die sich aber eben nach Grundsätzen Y versammeln?

Wenn jemand bewusst derart zweigleisig fährt und bereit ist, aus Bequemlichkeit oder um Menschen zu gefallen, von Zeit zu Zeit die Grundsätze zu verleugnen, die er oder sie sonst als richtig bekennt, kann man da noch davon reden, dass solche den Herrn anrufen aus reinem Herzen?[3]

Kann und muss man nicht Verständnis haben, wenn da Zweifel aufkommen? Kann man wirklich aufrichtig an manchen Sonntagen bestimmte Grundsätze „unterschreiben“ und an anderen Sonntagen ganz andere und damit nicht vereinbare Grundsätze?

Die Schrift sagt mehr

Zugegebenermaßen ist dieser Artikel sehr unvollständig. Man müsste eigentlich in diesem Zusammenhang 2. Timotheus 2 viel ausführlicher behandeln und dazu den Tisch des Herrn (1. Kor 10), das Mahl des Herrn (1. Kor 11), die Einheit des Leibes (1. Kor 10 und 12 und Eph 4), die Einheit des Geistes (Eph 4), die örtliche Versammlung als Ausdruck der ganzen Versammlung Gottes, das Thema der Zulassungsvoraussetzungen, das der Verunreinigung durch Verbindungen (wozu es neben 2. Tim 2,21 und 2. Joh 11 viele andere Stellen im NT gibt) etc. Das alles können wir im Rahmen dieses Artikels nicht tun (auch nicht alle eingangs gestellten Fragen erörtern). Aber was dieser Artikel doch erreichen möchte, ist, zu zeigen, dass der Herr uns mit einem einzigen Vers (Mt 18,18) ein Werkzeug in die Hand gibt, das bei Fragestellungen dieser Art äußerst hilfreich ist. Dieser Vers allein zeigt uns einen extrem wichtigen Grundsatz. Wer die anderen oben genannten Stellen (und andere mehr) hinzunimmt, wird feststellen, dass diese damit vollkommen in Einklang sind und den Grundsatz bestätigen.

Mit aller Vorsicht …

Obige Zeilen sind nicht geschrieben worden, um kirchliche Anmaßung zu fördern. Davor sollten wir uns immer hüten. Wir wollen sehr bescheiden sein. Dennoch bleibt bestehen: Gott hat einen Weg. „Second best“ ist nicht gut genug. Jerusalem ist noch da – der Ort, den Gott erwählt hat. Die Frage ist: Wird Er uns dort finden?


Fußnoten:

  1. In diesem Artikel bezieht sich der Ausdrück „Beschlüsse“ auf das „Binden“ und „Lösen“ in Mt 18,18 und daher in der praktischen Anwendung auf Zucht gegenüber einzelnen Personen am Ort bzw. auf Zulassung (oder Aufheben von Zucht)
  2. Wir sprechen von Anerkennen im Sinne von „Erkennen“. Eine Gruppe von Gläubigen wird nicht durch die Anerkennung zu einer schriftgemäßen Versammlung, sondern wir erkennen in ihr die Merkmale einer schriftgemäßen Versammlung. Niemand verleiht einen „Status“ – wir stellen nur fest, dass diese Gläubigen sich nach der Schrift versammeln.
  3. Manche versuchen, die Frage darauf zu reduzieren, ob jemand ein „Böser“ ist (1. Kor 5,13). Aber um den Herrn anzurufen aus reinem Herzen, ist mehr nötig, als nur kein „Böser“ zu sein. Dazu muss man aufrichtig sein.