Was ist damit gemeint, wenn von den Regierungswegen Gottes gesprochen wird? Wie übt Gott seine Regierung in dieser Welt aus? Bin ich als Kind eines himmlischen Vaters auch von dieser Regierung betroffen?

Gott regiert über diese Welt vom Himmel aus (Dan 4,23 etc.). Auch wenn der Teufel viel Unordnung auf der Erde verursacht hat, hat Gott niemals die Kontrolle verloren. Er ist der Herrscher, der seine Grundsätze durchsetzt. Wenn Er seine Regierung ausübt, dann geht Er die Wege, die in seinen Augen recht sind. Dazu gehört, dass Er den Menschen nach ihren Taten vergilt.

Diesen Regierungsgrundsatz zeigt sowohl das Alte als auch das Neue Testament: „Die Unheil pflügen und Mühsal säen, ernten es“ (Hiob 4,8), und: „Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten! Denn was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten“ (Gal 6,7).

Dass Gott in seiner Regierung dafür sorgt, dass Menschen das ernten, was sie säen, gilt ohne Einschränkung – also auch für Gläubige. Mit diesem Aspekt von „Saat und Ernte“ wollen wir uns in diesem Artikel besonders beschäftigen. Dabei wollen wir daran denken, dass Kinder Gottes in einer besonderen Beziehung zu Gott stehen: Sie erfahren in seiner Regierung auch die väterliche Fürsorge seiner Erziehung.

Saat und Ernte

Sehen wir uns einige Beispiele aus der Schrift an, die uns die gerechten Regierungswege Gottes sehr deutlich zeigen:

  • König Adoni-Besek ließ siebzig besiegten Königen die Daumen und die großen Zehen abhauen. Als er gefangen genommen wurde, geschah mit ihm dasselbe. „Da sprach Adoni-Besek: … So wie ich getan habe, so hat Gott mir vergolten“ (Ri 1,7). Er verstand, dass Gott ein Gott der Vergeltung ist.
  • König Ahab war zornig auf den treuen Nabot, weil dieser sich geweigert hatte, ihm seinen Weinberg zu verkaufen. Als Isebel, die böse Frau Ahabs, die Sache in die Hand nahm, ließ Ahab sie einfach gewähren. Wenig später wurde Nabot aufgrund von Falschaussagen gesteinigt, und die Hunde leckten sein Blut. Und was geschah einige Zeit später? Ahab wurde in einem Kampf schwer verwundet, und das Blut des sterbenden Königs floss in seinen Wagen. Als der Wagen am Teich von Samaria abgespült wurde, leckten die Hunde sein Blut an dem Ort, wo sie Nabots Blut geleckt hatten. Das war die gerechte göttliche Strafe, die der Prophet Elia vorhergesagt hatte (1. Kön 21,19; 22,38).
  • König Asa sorgte dafür, dass die Füße des Propheten Hanani, der ihm sein Versagen unerschrocken vorgehalten hatte, in einen Stock gepresst wurden. Blieb diese schlimme Tat ohne Folgen? Nein. Als Asa alt wurde, erkrankte er sehr an seinen Füßen (2. Chr 16,10.12).
  • Saulus von Tarsus war an der Steinigung von Stephanus beteiligt, dem ersten christlichen Märtyrer (Apg 7,58). Später musste der bekehrte Paulus es selbst erleben, was es bedeutet, von einem rasenden Mob mit Steinen beworfen zu werden (Apg 14,19; 2. Kor 11,25).

Wir sehen: Gottes Regierungswege sind gerecht. Dabei ging es nur um Fälle, bei denen Gott den Menschen genau das vergalt, was sie selbst getan hatten. Wir sollten aber daran denken, dass die Ernte oft größer ist als die Saat. Der Prophet Hosea sagt: „Wind säen sie, und Sturm ernten sie“ (Hos 8,7).

Der Überlister Jakob

Sehr deutlich sehen wir die gerechte Regierung Gottes bei dem Patriarchen Jakob:

  • Jakob gab seinem älteren Bruder Esau eine lächerliche Bezahlung für das Erstgeburtsrecht: ein Gericht Linsen (1. Mo 25,31–34). Später musste Jakob erleben, dass Laban ihn ausbeutete und dabei zehnmal den vereinbarten Lohn veränderte (1. Mo 31,7.42).
  • Jakob betrog seinen Vater Isaak, um sich den Segen des Erstgeborenen zu erschleichen. Er tat dabei vor seinem Vater so, als wäre er Esau, der ältere Sohn (1. Mo 27,14–24). Und siehe da: Jakob wurde einige Jahre später von seinem Schwiegervater Laban betrogen, der ihm in der Hochzeitsnacht die ältere Schwester Lea – die Erstgeborene – zuführte und dabei so tat, als wäre es die jüngere Rahel, die Jakob zur Frau haben wollte (1. Mo 29,21–25)!
  • Jakob nutzte es bei seinem Betrug aus, dass Isaak nicht mehr richtig sehen konnte (1. Mo 27,1). Laban nutzte die Dunkelheit sowie den von Hochzeitsfeierlichkeiten getrübten Blick Jakobs aus, um ihm seine älteste Tochter Lea listig ins Gemach zu senden.
  • Jakob bedeckte sich mit einem Ziegenbockfell, um Isaak vorzugaukeln, er wäre der stark behaarte Esau (1. Mo 27,16). Viele Jahre später tauchten die Söhne Jakobs das Gewand Josephs in das Blut eines Ziegenbocks, um Jakob vorzugaukeln, sein Lieblingssohn wäre von einem wilden Tier zerrissen worden (1. Mo 37,31).

Gottes Wege mit seinen Kindern

Die nachfolgenden Gedanken, die sich besonders mit Gottes Regierung im Blick auf seine Kinder beschäftigen, sollen eine Hilfe sein, ein möglichst umfassendes und ausgewogenes Bild zu bekommen:

  • Gottes Regierung bezieht sich auf das Verhalten, auf den praktischen Zustand und auf die Lebensführung. Die Stellung eines Gläubigen „in Christus“ wird niemals infrage gestellt, wenn Gott züchtigen muss. Wer an den Herrn Jesus glaubt, ist und bleibt ein Kind Gottes.
  • Gottes Regierung durchkreuzt nicht den Ratschluss der Gnade Gottes. Wer aus Gott geboren ist, darf wissen: Ich werde einmal im Vaterhaus sein, auch wenn nicht alles in meinem Leben perfekt lief.
  • Gottes Regierung macht uns keine Angst, denn wir sind so geliebt wie der Sohn selbst, und das hat der Vater immer vor Augen (Joh 17,23). Gleichwohl nötigt uns die Regierung viel Respekt ab (1. Pet 1,17).
  • Gottes Regierung gibt uns auch im positiven Sinn das, was wir verdient haben. Wir können nicht nur „für das Fleisch säen“, sondern auch „für den Geist“ (Gal 6,8). Dann wird die Ernte gut werden.
  • Gottes Regierung setzt nicht die Gnade beiseite, in der Gott mit uns handelt. Denn Gott gibt uns in unserem Leben auch tausendfach das, was wir nicht verdient haben! Schon Jakob bezeugte: „Ich bin zu gering all der Gütigkeiten und all der Treue, die du deinem Knecht erwiesen hast“ (1. Mo 32,11). Und David ruft aus: „Er hat uns nicht nach unseren Sünden getan und nicht nach unseren Ungerechtigkeiten vergolten. Denn so hoch die Himmel über der Erde sind, ist gewaltig seine Güte über denen, die ihn fürchten“ (Ps 103,10.11).
  • Gottes Regierung hebelt nicht seine Vergebung aus: Die Folgen unserer Taten werden nicht automatisch aufgehoben, wenn wir unsere Sünden bekennen, und die negativen Folgen mögen bestehen bleiben. Allerdings vergibt Gott unmittelbar und gewährt dem Gestrauchelten wieder eine glückliche Gemeinschaft. So war es bei David: Der Prophet Nathan sicherte ihm einerseits Vergebung zu, auch wenn er ihm die unwiderruflichen Folgen des Ehebruchs und des Mordes vorstellen musste (2. Sam 12,11–14).
  • Gottes Regierung ersetzt nicht die Gnade Gottes, die gerade auch da triumphieren kann, wo wir versagt haben. David erlebte zunächst, dass der Sohn, der aus der unerlaubten Verbindung mit Bathseba hervorgegangen war, sterben musste (2. Sam 12). Aber die Gnade zeigt sich so schön, als der zweite Sohn von Bathseba geboren wurde: Denn es war Salomo. Oder: Nachdem Jericho gegen die Anordnung Gottes wiederaufgebaut worden war und Hiel den hohen Preis dafür hatte zahlen müssen (1. Kön 17,34), zeigte sich die Gnade Gottes darin, dass Elisa das Wasser dieser verfluchten Stadt gesund machte (2. Kön 2,19–22).
  • Gottes Regierung wird zum Guten ausgeübt und nicht, um einfach nur zu strafen oder um ein Prinzip aufrechtzuerhalten. Gott möchte uns zur Erkenntnis führen: Das Böse bringt Verderben und muss gemieden werden, das Gute bringt Segen und muss gefördert werden.
  • Gottes Regierung ist „unerforschlich“ und „unergründlich“ (vgl. Röm 11,33). Uns steht es darum in aller Regel nicht zu, den Zusammenhang zwischen Saat und Ernte zu beurteilen. Wenn jemand Schweres erlebt hat, dürfen wir beispielsweise nicht schlussfolgern, das wäre die Ernte für schlimme Sünden. Diesen Fehler machten die Freunde Hiobs, und sie richteten damit viel Unheil an.
  • Gottes Regierung kann auch jemand einfach laufen lassen und nicht mehr eingreifen. Das finden wir zum Beispiel in Hosea 4,17 und in Römer 1,24.26.28. Das ist die strengste Form der Zucht: Denn die Menschen fügen sich durch ihr Sündenleben dann selbst schweren Schaden zu.

Resümee

Gott regiert über diese Erde: Er sorgt dafür, dass Menschen das ernten, was sie gesät haben. Sollte uns das nicht vorsichtig machen im Blick auf Sünde und sollte das nicht jede Leichtfertigkeit wegfegen? Wir wollen uns die Worte des Apostels Petrus einprägen: „Wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht“ (1. Pet 1,17).

Aber wir wollen auch fest im Auge behalten, dass unser himmlischer Vater ein Gott der Liebe ist, der seinen Sohn für uns gegeben hat: „Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid …, sondern mit dem kostbaren Blut Christi als eines Lammes ohne Flecken und ohne Fehl, der … offenbart worden ist am Ende der Zeiten um euretwillen“ (1. Pet 1,18–20).

[Dieser Artikel basiert auf einem Aufsatz, der in der Monatszeitschrift „Folge mir nach“ erschienen ist]