„Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens; denn ich bin nach deinem Namen genannt, Herr, Gott der Heerscharen.“ (Jeremia 15,16)

Beim Lesen des fünfzehnten Kapitels aus dem Propheten Jeremia bekommt man einen kleinen Eindruck von den Leiden und Nöten dieses „weinenden“ Propheten um sein abtrünniges Volk. Gott kündigte Jeremia das unumstößliche Gericht über sein Volk an (V. 1–4). Doch trotz dieses großen Kummers hatte Jeremia eine verborgene Quelle der Freude: die Worte seines Gottes. Sie waren ihm zur Wonne und zur Freude seines Herzens. Vor dem düsteren Hintergrund des Kapitels erscheint dieser Vers wie ein wärmender Lichtstrahl, dessen Licht an einem dunklen und stürmischen Tag durch die Wolken bricht.

Der Inhalt dieses Verses zeigt die Haltung des leidgeprüften Propheten gegenüber den Worten des Herrn. Seine vorbildliche Haltung sollte auch uns kennzeichnen. Wenn wir das Wort Gottes mit dieser Einstellung lesen und aufnehmen, werden wir die gleiche Erfahrung wie Jeremia machen: Die Worte Gottes werden uns zur Wonne und zur Freude des Herzens sein. Sie werden gesegnete Auswirkungen auf unser ganzes Leben haben.

Deine Worte waren vorhanden

Was für Jeremia galt, gilt in viel größerem Umfang für uns: Die Worte Gottes sind vorhanden. Gott hat sich in seiner großen Gnade zu uns armen Geschöpfen herabgelassen und uns seine Worte mitgeteilt. Das ist nicht selbstverständlich. Gott hätte das nicht nötig gehabt. Er hätte schweigen können. Aber Er gesprochen. Er hat uns seine Gedanken offenbart und sie in Worte gekleidet, die wir verstehen können. Er hat uns die gute Botschaft der Sündenvergebung hören lassen. Sogar seinen Ratschluss in Bezug auf uns Menschen, aber auch in Bezug auf die ganze Schöpfung hat Er uns mitgeteilt. Doch noch mehr: Er hat uns in seinem Wort sein ganzes Herz kundgetan. Mehr konnte Er nicht sagen und weniger wollte Er nicht sagen. Er hat in seinem Sohn Jesus Christus alles gesagt, was zu sagen ist (vgl. Heb 1,1).

Aber Gott hat uns in seinem Wort nicht nur die Gesamtheit seiner Gedanken mitgeteilt. Er hat auch Worte für uns persönlich und für unsere jeweilige Situation. Er hat eine Absicht für jeden Bereich und jeden Schritt unseres Lebens. Diesen seinen Willen möchte Er uns zeigen. Er möchte die Worte zu uns reden, die wir in diesem speziellen Moment oder jener besonderen Lebenssituation ganz persönlich brauchen, um seinen Willen für uns zu erfahren.

Wo finden wir nun seine Worte? Seine Worte finden wir in der Bibel, dem inspirierten Wort Gottes. Wenn wir es unter der Leitung des Geistes lesen und über das Gelesene nachdenken, werden wir seine Gedanken erfahren. Doch das ist nicht alles. Seine Worte sind auch dann vorhanden, wenn wir als Versammlung zum Namen des Herrn Jesus hin versammelt sind. Sie richten sich an uns persönlich, aber auch an uns gemeinsam, wenn wir um Ihn versammelt sind, um in seiner Gegenwart Belehrung, Ermunterung, Ermahnung und Trost aus seinem Wort zu schöpfen. Im Dienst der Weissagung nach 1. Korinther 14 benutzt Er Diener, die in der Kraft und unter der Leitung des Geistes sein Wort verkünden. Dabei richten die Verkündiger, ohne dass sie es selbst wissen, oft Worte an uns, die uns ganz persönlich etwas zu sagen haben. Wie dankbar dürfen wir sein, dass der Herr auch heute noch zu uns spricht! Wie wunderbar, dass seine Worte auch in den letzten Tagen vor seinem Kommen in unserer Mitte vorhanden sind (vgl. Haggai 2,5)!

Ich habe sie gegessen

Jeremia hatte die Worte des Herrn, die vorhanden waren, gegessen. Das zeigt, dass das Hören und Lesen der Worte allein nicht genügt. Wir müssen die Worte des Herrn „essen“. Dieses Essen spricht davon, dass wir die Worte Gottes nicht nur hören und aufnehmen, sondern auch verinnerlichen sollen. Sie müssen Teil von uns selbst werden. Und wie geschieht das? Indem wir die Worte des Herrn unter Gebet lesen, darüber nachsinnen und in unserem Leben verwirklichen.

Der Bibelausleger F.B. Hole hat dies einmal durch folgende zwei Begebenheiten trefflich illustriert:

• Einige Jungen spielten gerade mit Murmeln, als ein frecher Junge vorbeikam und ihnen die Murmeln wegnahm. Die Jungen jagten dem Dieb nach, überwältigten ihn und nahmen ihm die Murmeln wieder ab. Der Dieb hatte die Murmeln an sich genommen, aber sie waren kein Teil von ihm selbst geworden.

• Ein Junge will gerade einen Apfel essen, als ein anderer kommt, ihm den Apfel wegnimmt und davonläuft. Der Junge verfolgt den Dieb, ergreift ihn, muss aber feststellen, dass nur das Kerngehäuse übrig geblieben ist.

Diese Beispiele zeigen: Wahrheiten, die wir nur verstandesmäßig aufnehmen, können uns wieder abgenommen werden. Aber Wahrheiten, die wir verinnerlicht haben und im Herzen bewahren, sind Teil von uns selbst geworden und können uns nicht wieder genommen werden.

Jeremia spricht an dieser Stelle von sich selbst. Er hatte die Worte des Herrn gegessen – ganz persönlich. Das Verinnerlichen der Worte Gottes ist etwas ganz Persönliches, etwas, das jeder, der das Wort Gottes hört oder liest, für sich selbst tun muss. Andere können das Wort vorlesen, erklären und anwenden. Aber im Herzen bewahren, muss es jeder selbst.

Das vollkommene Vorbild ist der Herr Jesus. „In den Tagen seines Fleisches“ lebte Er nicht von Brot allein, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausging (vgl. Mt 4,4; Lk 4,4).

Deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens

Die Worte des Herrn sprechen zu unseren Herzen. Natürlich müssen wir das Wort über den Verstand aufnehmen, aber die Zielrichtung des Wortes ist das Herz. Dazu sind unsererseits aufnahmewillige Herzen notwendig. König Josia hatte die Worte, die er seinerzeit aus dem Gesetz gehört hatte, beherzigt und sich darunter gedemütigt. Sein Herz war weich geworden. Deshalb konnte Gott ihn für sein Werk benutzen (2. Chr 34,27). Auch wir brauchen solche weichen Herzen.

Die Worte des Herrn lösten im Herzen Jeremias Wonne und Freude aus. Dieses innere Glück ist nicht von den Umständen des Lebens abhängig, sondern liegt im Herrn selbst begründet. Er kennt unsere Herzen wie kein anderer und weiß, welche Worte wir in der jeweiligen Lebenssituation benötigen. Seine Worte können unsere Herzen ganz ausfüllen und vor Freude zum Überfließen bringen. Dem, der seine Worte zu Herzen nimmt und auf seinen Wegen wandelt, schenkt Er eine tiefe, innere Freude.

Wir müssen uns fragen: Freuen wir uns über die Worte, die Gott durch sein Wort zu uns spricht? Der Psalmist freute sich über das Wort Gottes wie einer, der große Beute findet (Ps 119,162). Dieses Wort liebte und schätzte er. Durch dieses Wort sprach Gott zu ihm. Dadurch genoss er auch die Gemeinschaft mit seinem Gott. Deshalb freute er sich über jedes Wort aus dem Mund Gottes. Sollte diese Haltung des Psalmisten nicht auch uns kennzeichnen?

Ich bin nach deinem Namen genannt

Jeremia war nach dem Namen des Herrn genannt. Er hatte eine lebendige Beziehung zum Ihm. Darüber hinaus war er der Prophet und Diener Gottes unter seinem Volk und vertrat dessen Interessen auf der Erde. Er war gewissermaßen der Repräsentant oder Vertreter Gottes auf der Erde. Das war ein hohes Vorrecht, verbunden mit einer großen Verantwortung.

Der Name Gottes ist eng mit seinem Wort verknüpft. Sein Name steht für das, was Er ist und was Er von sich offenbart hat. Jeremia war nach dem Namen Gottes genannt. Diesem Anspruch sollte und wollte er sicher entsprechen: ein Leben zu führen, das nicht nur in Übereinstimmung mit den Gedanken und Worten Gottes, sondern auch ein lebendiges und klares Zeugnis für Ihn war.

Auch wir, die den Herrn anrufen, sind nach seinem Namen genannt. Wir gehören Ihm und tragen seinen Namen. Führen wir ein Leben in Übereinstimmung mit der Bedeutung dieses Namens? Entspricht unser Verhalten im Leben den Gedanken des Wortes Gottes? Oder anders ausgedrückt: Kann in unserem Leben gesehen werden, was Gott in seinem Wort sagt?

Zusammenfassung

Die Haltung Jeremias den Worten Gottes gegenüber ist vorbildlich und soll auch uns kennzeichnen. Wenn wir die Worte Gottes, die Er zu uns spricht, verinnerlichen, wird Wonne und Freude unser Herz erfüllen und wir werden ein Leben führen, das dem Willen Gottes entspricht.