Am Anfang eines jeden Briefes, in dem sich der Apostel Paulus als Verfasser nennt, wünscht er den Lesern Gnade und Friede. So schreibt er an die Römer: „Allen Geliebten Gottes, den berufenen Heiligen, die in Rom sind: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (Röm 1,7). Wir sind leicht geneigt, über solche Worte hinwegzugehen, weil sie uns vertraut vorkommen. Doch wir wollen sie lieber fest in unseren Herzen verankern und uns bewusst machen: Gnade und Friede ist das, was wir selbst sehr nötig haben und was wir vermehrt für andere erbitten sollten.[1]
Gnade
Paulus wendet sich in seinen Briefen an Gläubige. Das macht klar, dass es bei dem Segenswunsch am Anfang seiner Briefe nicht um die rettende Gnade für den Sünder geht, sondern um Gnade für die Glaubenden: die tägliche, unverdiente Zuwendung der Liebe Gottes. Wenn Gott nur auf der Grundlage seiner unbestechlichen Gerechtigkeit mit uns handeln würde, wäre es schlecht um uns bestellt. Wir können unseren Weg zur Ehre Gottes und zum Segen der Mitmenschen nur dann gehen, wenn wir von dem Herrn Jesus eine Gnade nach der anderen bekommen. Mit unserer eigenen Kraft und unserer eigenen Anstrengung werden wir die vielfältigen Herausforderungen des Alltags niemals meistern.
Friede
Bei dem Frieden, den Paulus wünscht, geht es nicht um Frieden mit Gott, den der schuldbeladene Sünder erlangt, wenn er an den Herrn Jesus Christus glaubt (vgl. Röm 5,1). Es handelt sich vielmehr um den „Frieden Gottes“, der das Herz eines Gläubigen inmitten der Umstände stets erfüllen soll. Wir wissen, dass wir in dieser lauten, hektischen und verkehrten Welt schnell beunruhigt werden und dass wir nicht imstande sind, unsere Herzen still zu machen. Wir brauchen den Frieden, den der Herr Jesus selbst genoss, als Er über diese Erde schritt – sonst werden wir nicht glücklich in dieser Welt leben können.
Immer wieder neu
Zu jeder Zeit, an jedem Ort, in jeder Situation haben wir „Gnade und Friede von Gott“ nötig. Bei den Römern gab es unter anderem Probleme zwischen Starken und Schwachen, bei den Korinthern zeigten sich Spaltungen und das Wirken falscher Apostel, in den Versammlungen von Galatien arbeiteten Gesetzeslehrer, bei den Ephesern ging es um die allgemeinen Herausforderungen des christlichen Lebens, die Kolosser kämpften mit Traditionalismus und Philosophie, die Thessalonicher wurden verfolgt und durch falsche Lehre verunsichert, Timotheus sah sich mit Unordnung im Haus Gottes konfrontiert, Titus musste die gesunde Lehre gegen verderbliche Einflüsse verteidigen, und die Bruderliebe von Philemon wurde durch einen untreuen Sklaven auf eine harte Bewährungsprobe gestellt.[2]
Die Gläubigen, die damals die Paulus-Briefe lasen, brauchten Gnade, damit ihre Füße den rechten Weg gehen konnten, und sie benötigten Frieden, damit ihre Herzen inmitten aller Probleme ruhig blieben. Auch wir brauchen Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Jeden Tag. Immer wieder neu.
Unsere Verantwortung
Der Gott aller Gnade und des Friedens schenkt uns gerne Gnade und Frieden (vgl. 1. Pet 5,10; Heb 13,20). Doch wir sind verantwortlich, alles wegzuräumen, was den Strom der Gnade und des Friedens hemmt. Wenn wir stolz sind, muss Gott uns in seinen Wegen widerstehen, und wir empfangen nicht die Gnade, die dem Demütigen gewährt wird (1. Pet 5,5). Wenn wir uns sorgenvoll grämen, können wir nicht den wunderbaren Frieden des Herzens erfahren, der allen Verstand übersteigt (Phil 4,7).
Vertrauen wir aber Gott und überlassen alles Ihm, werden wir „Gnade und Friede“ in reichem Maß genießen dürfen, was sich dann in unserem Leben nachhaltig zum Nutzen anderer auswirken sollte (2. Kor 6,1; Eph 6,15).
„Gnade und Friede“ – hinter diesen kurzen und gut bekannten Worten verbirgt sich ein gewaltiger Segen, den wir weder ausloten noch beschreiben können. Allen Lesern wollen wir daher genau das wünschen – Gnade und Friede!
Aus der Monatszeitschrift „Im Glauben leben“ (www.imglaubenleben.de)
Fußnoten:
- In allen Stellen wird zuerst die Gnade genannt und danach der Friede: Der Friede ist ein wichtiges Ergebnis des Wirkens göttlicher Gnade.
- In den Briefen des Paulus an Timotheus wird neben „Gnade und Friede“ auch noch die Barmherzigkeit erwähnt (1. Tim 1,2; 2. Tim 1,2). – Insgesamt kommt im Neuen Testament die Formulierung „Gnade und Friede“ siebzehnmal vor. Auch der Apostel Petrus und der Apostel Johannes gebrauchen sie. 2. Johannes 3 ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, weil wir das dort nicht als Wunsch, sondern als Tatsache formuliert finden: Gnade (und Barmherzigkeit) und Friede wird mit uns sein.