„Einst gingen die Bäume hin, einen König über sich zu salben; und sie sprachen zum Olivenbaum: Sei König über uns! Und der Olivenbaum sprach zu ihnen: Sollte ich meine Fettigkeit aufgeben, die Götter und Menschen an mir preisen, und sollte hingehen, um über den Bäumen zu schweben? Da sprachen die Bäume zum Feigenbaum: Komm du, sei König über uns! Und der Feigenbaum sprach zu ihnen: Sollte ich meine Süßigkeit aufgeben und meine gute Frucht, und sollte hingehen, um über den Bäumen zu schweben? Da sprachen die Bäume zum Weinstock: Komm du, sei König über uns! Und der Weinstock sprach zu ihnen: Sollte ich meinen Most aufgeben, der Götter und Menschen erfreut, und sollte hingehen, um über den Bäumen zu schweben? Da sprachen alle Bäume zum Dornstrauch: Komm du, sei König über uns! Und der Dornstrauch sprach zu den Bäumen: Wenn ihr mich in Wahrheit zum König über euch salben wollt, so kommt, sucht Zuflucht in meinem Schatten; wenn aber nicht, so soll Feuer von dem Dornstrauch ausgehen und die Zedern des Libanon verzehren“ (Ri 9,8–15).

Jotham erzählt hier die Geschichte von den Bäumen des Waldes, die einen König als Herrscher über sich suchen. Der Olivenbaum (Fettigkeit) lehnt ab, ebenso der Feigenbaum (Süßigkeit) und der Weinstock (Freude). Diese drei Pflanzen sind zum Fruchtbringen bestimmt und damit ein Bild des Segens. Keiner von ihnen will seinen Dienst aufgeben, um über die anderen Bäume zu herrschen. Schließlich ist es der Dornstrauch, der der Aufforderung der Bäume nachkommt und König über sie wird.

Der Olivenbaum, der Feigenbaum sowie der Weinstock weigern sich, den Platz aufzugeben, den der Schöpfer ihnen gegeben hat. Sie wollen weiterhin der ganz speziellen Aufgabe nachkommen, für die Gott sie erschaffen hat, nämlich die ihnen eigene Frucht bringen. Hat das nicht auch jedem Mitarbeiter im Reich Gottes etwas zu sagen?

Gott hat auch jedem von uns eine ganz spezielle Aufgabe oder einen ganz speziellen Dienst gegeben. Und dabei wollen wir bleiben. Denn es besteht für einen Diener Gottes stets die Gefahr, dass er sich in den Aufgaben, die er im Reich Gottes wahrnimmt oder die ihm zugetragen werden, verliert. Doch um den Dienst zu erfüllen, den Gott mir aufgetragen hat, darf ich mich nicht in anderen Aufgaben verzetteln, sondern muss den Fokus immer wieder auf den mir anvertrauten Dienst richten. In seinem Brief an die Kolosser lässt Paulus an Archippus ausrichten: „Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst“ (Kol 4,17). Dies möchten auch wir uns zu Herzen nehmen.

Bleibt noch zu erwähnen, dass ein Diener des Herrn sich niemals über andere Diener des Herrn stellen, sondern vielmehr die Gesinnung des Herrn an den Tag legen soll, der selbst gesagt hat: „Ihr aber nicht so; sondern der Größte unter euch sei wie der Jüngste und der Führende wie der Dienende. Denn wer ist größer, der zu Tisch Liegende oder der Dienende? Nicht der zu Tisch Liegende? Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Lk 22,26.27; vgl. Mt 24,49; 1. Pet 5,3).