Wenn man der Einteilung folgt, die der Heilige Geist den Geschehnissen im Buch der Offenbarung zugrunde legt, dann geht es ab Kapitel 4 um Ereignisse, die nach der Entrückung der Gläubigen stattfinden werden (vgl. Off 1,19; 4,1). Ab Kapitel 4 befindet sich Johannes, der Schreiber der Offenbarung, im Himmel und verfolgt von dort aus das Handeln Gottes mit dieser Erde. Zunächst sieht er den Thron Gottes, der unerschütterlich fest steht in den Himmeln. Er ist der Ausgangspunkt der Gerichte, die in nicht mehr ferner Zukunft über die Erde hereinbrechen werden.

Während in Kapitel 4 der Thron Gottes im Mittelpunkt steht, sehen wir in Kapitel 5 das Buch in der Rechten dessen, der auf dem Thron sitzt (V. 1). Dieses Buch dokumentiert die Anrechte des Herrn Jesus auf die Schöpfung, die Er sich durch sein Leiden und Sterben am Kreuz von Golgatha erworben hat. Christus wird einmal als Mensch alle Gedanken Gottes im Blick auf diese Erde zur Ausführung bringen, und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist Er der von Gott bestimmte Richter, der alles Böse auf der Erde richten und beseitigen wird, zum anderen aber wird Er auf dieser Erde, die so viel Leid und Elend gesehen hat, eine noch nie dagewesene Zeit des Segens einführen.

Das Buch, das Johannes in der Rechten dessen sieht, der auf dem Thron sitzt, ist innen und außen beschrieben und versiegelt mit sieben Siegeln. Dies veranschaulicht, dass der Ratschluss Gottes im Blick auf diese Erde umfassend, unveränderlich und fest beschlossen ist. Er wird sich in jeder Einzelheit erfüllen. Mit jedem der sieben Siegel wird eine neue Plage eingeführt, die schließlich alle den Weg freimachen werden für die sieben Posaunen, bei deren letzter „das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus“ gekommen sein wird (Off 11,15).

Nachdem es sich vor den Augen der ganzen Schöpfung gezeigt hat, dass kein Geschöpf im Himmel und auf der Erde würdig und fähig ist, das Buch zu öffnen noch es anzublicken, weint Johannes sehr (V. 3.4). Doch er weint nicht lange. Einer der Ältesten spricht zu ihm: „Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe, der aus dem Stamm Juda ist, die Wurzel Davids, das Buch zu öffnen und seine sieben Siegel“ (V. 5; vgl. 1. Mo 49,9). Zweifellos erwartete Johannes nach diesen Worten eine Vision des Herrn Jesus in Macht und Stärke – dem Symbol des Löwen entsprechend (Spr 30,30; Micha 5,7). Doch was er sah, war kein Löwe, sondern ein Lamm wie geschlachtet – das Symbol größter Schwachheit (V. 6).

Als das Lamm wurde der Herr Jesus in Schwachheit gekreuzigt (2. Kor 13,4). Doch gerade sein – für Menschen – verächtlicher Tod am Kreuz ist die Grundlage für seinen großen Sieg. Sein großes Werk am Kreuz ist gewissermaßen das Werk eines Löwen, das durch ein Lamm ausgeführt wurde. Es ist ein mächtiges Werk (Löwe), das in äußerer Schwachheit vollbracht wurde (Lamm). Das, was der Herr Jesus am Kreuz von Golgatha getan hat, wird in alle Ewigkeit lebendig vor uns stehen. Seine Leiden und sein Tod werden uns in alle Ewigkeit mit Bewunderung und Anbetung erfüllen.

Bevor der Herr Jesus das Buch aus der Rechten dessen nehmen konnte, der auf dem Thron saß, musste Er am Kreuz von Golgatha leiden und sterben. Dort hat Er als der Löwe überwunden, indem Er als das Lamm geschlachtet wurde. Durch seinen Tod am Kreuz hat Er das Anrecht erworben, jeden Feind zu überwinden und den ganzen Ratschluss Gottes zur Ausführung zu bringen. Als der Löwe ist Er fähig und als das Lamm ist Er würdig, das Buch des Ratschlusses Gottes zu nehmen und seine Siegel zu öffnen. Bei Ihm finden wir beides: sowohl die Fähigkeit als auch das Recht, den ganzen Ratschluss Gottes auszuführen. Alles, was der Ratschluss Gottes vorsieht, wird der Herr Jesus einmal zur Freude und zum Wohlgefallen Gottes erfüllen. „Das Wohlgefallen des Herrn wird in seiner Hand gedeihen“ (Jes 53,10).

So gegensätzlich ein Löwe und ein Lamm in ihrem Wesen auch sind: Im Herrn Jesus ergänzen sich die Wesensmerkmale beider Tiere auf erstaunliche und vollkommene Weise. Er ist der starke Löwe und das geschlachtete Lamm. Wie herrlich und groß ist doch die Person unseres Herrn!

In Verbindung damit ergibt sich ein weiterer Gedanke: Als Gott hätte der Herr Jesus jederzeit die Macht gehabt, das Gericht auszuführen, aber dann hätte Er – in Ehrfurcht gesprochen – nicht die Sünde der Welt wegnehmen können (Joh 1,29; vgl. Heb 9,26). Dazu gab es nur einen Weg: Er musste als das wahre Passahlamm am Kreuz von Golgatha leiden und sterben (vgl. 1. Kor 5,7). Und wenn einmal der Augenblick gekommen sein wird, in dem das Gericht über die Sünde seinen Abschluss gefunden und die Sünde für immer aus der Gegenwart Gottes verbannt sein wird, dann wird der Herr Jesus in alle Ewigkeit als das Lamm wie geschlachtet vor uns stehen, das litt und starb, um die Grundlage für jeden Segen zu legen. Ewig sei Er dafür gelobt und gepriesen!