Während im Leben Abrahams die Altäre, im Leben Jakobs die Denkmäler und im Leben Josephs die Gewänder eine wichtige Rolle spielten, sind es im Leben Isaaks besonders die Brunnen, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Isaak war ein Brunnengräber. Dies wird besonders im zweiten Teil von 1. Mose 26 deutlich, wo wir davon lesen, dass er sowohl verstopfte Brunnen wieder instand setzte als auch neue Brunnen grub.

Die Bedeutung der Brunnen

So wie die Brunnen damals für die Wasserversorgung der Tierherden lebenswichtig waren, so sind sie auch in ihrer geistlichen Bedeutung für uns unerlässlich. Die Brunnen sprechen von der Erfrischung und lebenspendenden Kraft des Wortes Gottes. Diese Wirkungen des Wortes Gottes erschließen sich dem Glauben durch ein eifriges und sorgfältiges Studium der Schrift unter der Leitung des Heiligen Geistes.

Brunnen zu graben war damals mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und Anstrengung verbunden. Auch heute sind Zeit und geistliche Energie nötig, um die erfrischenden Quellen des Wortes Gottes unter Gebet zu erschließen und seine verborgenen Schätze aufzuspüren und persönlich in Besitz zu nehmen. Dabei spielt der Heilige Geist eine entscheidende Rolle. Er leitet uns in die ganze Wahrheit und öffnet uns das Verständnis (vgl. Joh 16,13). Er ist es auch, der das Wort Gottes lebendig macht und auf unsere Herzen und Gewissen legt.

Verstopfte Brunnen

Zur Zeit Isaaks lebten die Philister im Land Kanaan. Sie verstopften alle Brunnen, die Abrahams Knechte gegraben hatten, und füllten sie mit Erde (V. 15). Kennzeichnend für die Philister war, dass sie nicht durch das Rote Meer und den Jordan gezogen und die Rettung Gottes nicht erfahren haben, wie das später bei dem Volk Israel der Fall war.

Die Philister stellen darum christliche Bekenner dar, die nur dem Namen nach Christen sind, aber die Errettung Gottes nie persönlich erfahren haben (vgl. 2. Tim 3,5; Off 3,1). Es sind unbekehrte Menschen, die nur für die Erde leben und keine himmlische Hoffnung haben (vgl. Phil 3,19). Anstatt das zu suchen, was droben ist, wo der Christus ist, suchen sie das, was auf der Erde ist (vgl. Kol 3,1). Sie rauben den Gläubigen die Lebensverbindung zum Wort Gottes, indem sie ihnen die Dinge dieser Erde vorstellen und sie dadurch von dem lebendigen Wasser des Wortes Gottes abziehen. Es ist wahr, was W. Kelly einmal gesagt hat: „So schön und anziehend die Dinge dieser Erde auch sind, einen Makel haben sie alle: Christus ist nicht in ihnen.“ Die Dinge dieser Erde geben dem neuen Menschen keine Kraft und bieten ihm keinerlei Nahrung und Erfrischung.

Alte und neue Brunnen

Isaak grub die alten Brunnen, die die Philister verstopft hatten, wieder auf, und benannte sie mit denselben Namen, womit sein Vater Abraham sie benannt hatte (V. 18). Auch wir müssen uns die (alten) Wahrheiten, die andere vor uns aus der Schrift ausgegraben haben, persönlich erschließen und im Glauben zu eigen machen. Dies beinhaltet nicht nur, dass diese Wahrheiten mit dem Verstand erfasst werden, sondern schließt mit ein, dass wir sie glaubensvoll verinnerlichen und ausleben.

Bei Isaak finden wir, dass er nicht nur die alten Brunnen erneuerte, sondern auch ganz neue Brunnen grub und ihnen Namen gab. Auch wir dürfen neben Altem und Bekannten immer wieder für uns ganz Neues in der Bibel entdecken (vgl. Mt 13,52). Beim regelmäßigen Lesen und Erforschen der Schrift werden wir erfahren, dass wir immer wieder für uns „neue“ Wahrheiten und Zusammenhänge entdecken, die zu unserer ganz persönlichen Freude und Ermunterung dienen. Sie werden sozusagen zu unseren persönlichen „Brunnen“, die uns auf dem Glaubensweg stärken und erquicken. Gerade Abschnitte und Verse, die uns in notvollen Situationen ermuntert und getröstet haben, bleiben uns oft ein Leben lang in dankbarer Erinnerung.

Die Namen der Brunnen

Isaak gab den neuen Brunnen, die er gegraben hatte, eigene Namen. Dabei fällt auf, dass die Namen dieser Brunnen einen direkten Bezug zu den Umständen und Situationen hatten, in denen er sich gerade befand. Als die Hirten von Gerar mit ihm um die Brunnen stritten, gab er ihnen Namen, die seine damaligen Empfindungen zum Ausdruck brachten („Zank“, „Anfeindung“ und „Raum“; V. 20–22). Und als er mit Abimelech einen Bund schloss, unterstrich der Name des Brunnens die Unverbrüchlichkeit dieses Bundes („Schwur“; V. 31–33).

Auch wir dürfen beim Lesen und Erforschen der Schrift immer wieder eine Verbindung ziehen zwischen dem, was wir gerade lesen, und den Umständen, in denen wir uns gerade befinden. Gottes Wort ist aktuell, und es lassen sich stets Bezüge zu der konkreten Situation herstellen, in der wir sind. Haben wir nicht manches Mal erfahren, wie Gott sein Wort benutzte, um Licht auf unsere Umstände zu werfen und uns dadurch zu unterweisen (vgl. Ps 119,105)? Ja, wer „lebendiges Wasser“ schöpft (V. 19), wird erleben, wie Gott ihn durch sein Wort persönlich anspricht und in seine Lebenssituation hineinspricht.

Beerseba

Der weitere Verlauf des Kapitels zeigt, dass Isaak die Lektionen, die Gott ihm in Verbindung mit den jeweiligen Brunnen gab, lernte und in die Praxis umsetzte. Schritt für Schritt wurde er durch die Unterweisungen Gottes weitergeführt, bis er schließlich das Land der Philister verließ und nach Beerseba hinaufzog (V. 23). Dort erschien ihm Gott in der Nacht und bestätigte ihm gegenüber die Verheißungen, die Er einst seinem Vater Abraham gegeben hatte (V. 24). In Beerseba konnte Gott wieder Gemeinschaft mit Isaak haben.

Drei Dinge kennzeichneten Isaak in Beerseba: Dort baute er einen Altar und rief den Namen des Herrn an. Dort schlug er sein Zelt auf und dort gruben seine Knechte einen Brunnen (V. 25). Im Licht des Neuen Testaments betrachtet, dürfen wir darin Folgendes erkennen: Isaak war ein Anbeter Gottes, ein Fremdling auf der Erde und er schöpfte aus der Quelle des Wortes Gottes. Dahin möchte Gott auch uns führen. Welche Rolle spielen der Altar, das Zelt und der Brunnen in unserem Leben?