Nikodemus, ein hochgestellter Rabbi, suchte den Herrn Jesus bei Nacht auf, weil er von seinen Taten und Worten sehr beeindruckt war und von Ihm belehrt werden wollte. Doch der Herr machte deutlich, dass Nikodemus nicht sein Wissen erweitern oder seine Lebensführung verändern, sondern von neuem geboren werden musste. Die Geburt aus Wasser und Geist ist nötig, weil das Fleisch kraftlos und unverbesserlich ist. Es muss ein Werk Gottes im Menschen geschehen, damit er in das Reich Gottes eingehen kann (Joh 3,1–8).

Es ist jedoch auch ein Werk für ihn nötig, auf dessen Grundlage der heilige Gott zugunsten von Sündern handeln kann. So kam der Herr in seiner Unterredung auf eine Begebenheit zu sprechen, die Nikodemus zweifellos kannte, deren bildliche Bedeutung er vorher jedoch noch nie gehört hatte: Während der Wüstenreise redeten die mutlosen Israeliten wieder einmal gegen Gott und Mose, worauf der Herr ihnen giftige Schlangen sandte, deren Biss tödlich wirkte. Als die Israeliten ihre Schuld bekannten und um Hilfe schrien, nahm Gott die Schlangen nicht weg, aber er gab ihnen ein Rettungsmittel: Eine Schlange aus Kupfer wurde auf einer Stange erhöht. Jeder Gebissene, der zu dieser kupfernen Schlange blickte, blieb am Leben (4. Mo 21,4–9).

Die einfache Rettung

So einfach war es für einen todgeweihten Israeliten, das Leben geschenkt zu bekommen! Selbst ein Sterbender, der sich vor Schmerzen krümmte, konnte den rettenden Blick auf die weithin sichtbare Schlange aus Kupfer werfen. Wenn die Rettung einerseits simpel war, so war sie andererseits alternativlos. Wer sich selbst heilen wollte oder auf ärztliche Hilfe setzte, war unweigerlich verloren. Es gab nur eine Möglichkeit zur Rettung, und die war von Gott selbst angeordnet worden: der Blick auf die erhöhte Schlange.

„Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,14.15). Jeder Sünder, der sich als verloren und hilflos erkennt und sein Vertrauen auf den setzt, der aufs Kreuz erhöht wurde, bekommt ewiges Leben[1]. Das wunderbare Heil in Christus ist einfach zu erlangen, aber es gibt auch keinen anderen Retter als den Herrn Jesus. Wer nicht im Glauben auf den Gekreuzigten blickt, geht verloren.

Die erhöhte Schlange

Warum hat Mose eine Schlange aus Kupfer erhöht und nicht beispielsweise ein Lamm, das ein reines Tier und ein bekanntes Symbol für den leidenden Christus ist.[2] Die Antwort liegt darin, dass die feurige Schlange aus Kupfer die Israeliten an ihre Sünde erinnerte, wegen der die feurigen Schlangen sie gebissen und ihre Lage hoffnungslos gemacht hatten. Und wenn wir zum Kreuz auf Golgatha blicken, sehen wir den, der Sünde nicht kannte und für uns zur Sünde gemacht wurde (2. Kor 5,21). In Christus, der in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde gekommen war, wurde die Sünde im Fleisch am Kreuz verurteilt (Röm 8,3). Gerade das wird durch die erhöhte Schlange eindrucksvoll deutlich gemacht. Jeder, der an diesen gekreuzigten Jesus glaubt, darf wissen: Gottes Verdammungsurteil über das Fleisch gilt mir nicht mehr und ich habe ewiges Leben.

Die Erhöhung aufs Kreuz

Einige Zeit später sah Nikodemus den Herrn Jesus mit seinen eigenen Augen am Kreuz hängen und erinnerte sich gewiss an das nächtliche Gespräch mit Ihm (vgl. Joh 19,39). Was für einen gewaltigen Eindruck muss die Kreuzesszene auf Nikodemus gemacht haben! Und heute können wir im Glauben bewundernd und dankbar zum Kreuz Christi zurückblicken und sehen, was dort zum Heil für die geschehen ist, die durch die Sünde „vergiftet“ waren und den Tod als Lohn der Sünde verdient hatten.

Der Herr redete noch bei zwei anderen Gelegenheiten von seiner Erhöhung aufs Kreuz: „Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht habt, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und dass ich nichts von mir selbst aus tue, sondern wie der Vater mich gelehrt hat, das rede ich“ (Joh 8,28). Ferner: „Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. (Dies aber sagte er, andeutend, welchen Todes er sterben sollte.)“ (Joh 12,32.33).

In allen drei Stellen sprach der Heiland von etwas, das der natürliche Mensch niemals mit einem Gekreuzigten verbinden würde: Der Sterbende am Kreuz wird zur Quelle ewigen Lebens! Der schmachvoll Gekreuzigte ist niemand anders als der Sohn Gottes, der in völliger Übereinstimmung mit seinem Vater ist! Der entstellte Mann am Kreuz wird zum Anziehungspunkt der Welt! Sehen wir darin nicht eine unergründliche Weisheit und Liebe Gottes? Wir verstehen: Der, der auf das Kreuz erhöht wurde, ist der menschgewordene Sohn Gottes, der alle zu sich zieht und der jedem, der zu Ihm kommt, ewiges Leben schenkt.

[Aus der Zeitschrift „Im Glauben leben“, www.imglaubenleben.de, leicht überarbeitet]



Fußnoten:

  1. Gott hat das Gerichtsurteil über die Sünde nicht aufgehoben, so wie er die Schlangen nicht verjagt hat, aber er gibt die Möglichkeit der Rettung
  2. Es ist dabei zu beachten, dass die Erhöhung der Schlange mit der Erhöhung des Menschensohnes verglichen wird und nicht die Schlange mit dem Sohn des Menschen