Die meisten von uns kennen die Geschichte von Naaman, dem Syrer, sicher gut. Als Oberbefehlshaber der syrischen Armee war er ein mächtiger und angesehener Mann. Aber bei allen Vorzügen, die er vielleicht besaß, hatte er ein entscheidendes Problem: Er war aussätzig. Die Bibel stellt das mit einem „aber“ der Erfolgsstory dieses Mannes gegenüber.

Und hier kommt das junge Mädchen ins Spiel. Sie war bei einer militärischen Operation in Israel gefangen genommen worden und diente nun der Frau Naamans. Und sie spricht zu ihr: „Ach wäre doch mein Herr vor dem Propheten, der in Samaria wohnt. Dann würde er ihn von seinem Aussatz befreien“ (2. Kön 5,3).

Ich finde das extrem bemerkenswert. Warum? Nun, sie war aus ihrem Land, aus ihrem Elternhaus herausgerissen und führte nun ein Dasein als Sklavin. Hätten wir nicht verstanden, wenn Gedanken der Rache oder Genugtuung in ihrem Herzen gewesen wären? „Das geschieht diesem General doch recht, jetzt bekommt er die Quittung für das, was er mir angetan hat.“ Aber sie ist weit entfernt davon. Aus dem Leid, das sie bestimmt empfunden hat, strahlt ein lebendiger Glaube hervor. Vertrauen auf Gott und Vergebungsbereitschaft gegenüber ihrem Entführer, ja noch mehr: echtes Mitgefühl für ihren Herrn.

Dieser Glaube ist umso erstaunlicher, da er sich nicht auf Erfahrungen, nicht auf ein Beispiel stützt. In Lukas 4 sagt der Herr, dass es zur Zeit Elisas viele Aussätzige in Israel gab und keiner von ihnen wurde gereinigt als nur Naaman der Syrer. Sie hatte also noch keine Heilung vom Aussatz bei irgendjemandem erlebt und doch spricht sie davon, dass der Prophet ihn von dem Aussatz heilen würde.

Haben wir so ein unbegrenztes Vertrauen auf unseren Gott? Dass er alles kann, dass ihm kein Ding unmöglich ist? Nichts ist für ihn zu groß, aber auch nichts zu klein, als dass er sich darum kümmern würde.

In ihren jungen Jahren zeigt sie wie andere Glaubenszeugen in Hebräer 11 ein tiefes, unerschütterliches Vertrauen auf ihren Gott. Können wir da nicht alle von lernen? Und noch etwas: Sie hatte vermutlich in ihrem Elternhaus etwas von dem Propheten gehört. Vielleicht gehörten ihre Eltern zu den wenigen in Israel, die auf Gott vertrauten und mit ihm lebten. So hatte dieses Vorbild auf die Tochter gewirkt. Ist das nicht auch ein Ansporn für uns als Ältere oder Eltern?

Dann hatte sie Mut zum Zeugnis. Die Syrer dienten anderen Göttern, da wird uns ausdrücklich im weiteren Verlauf des Kapitels von berichtet. Musste sie nicht mit Spott oder gar Strafe rechnen, wenn sie Zeugnis von dem wahren Gott ablegte? Sie lebte aus, was wir in Hebräer 13,5 lesen: „Der Herr ist mein Helfer und ich will mich nicht fürchten. Was wird mir ein Mensch tun?“ Sie wusste sich in der Hand Gottes, vertraute auf seine Hilfe. Wenn wir auf seinem Weg sind, nach seinen Gedanken handeln, dann dürfen wir ihm getrost die Konsequenzen überlassen. Denken wir da nur an die drei Freunde Daniels im feurigen Ofen.

Reicht unser Glaube an den dieses jungen Mädchens heran? Sehen wir nicht so oft auf die Umstände, überlegen wir nicht viel zu oft, ob etwas vernünftig ist oder was andere darüber denken? Natürlich hat uns unser Gott unseren Verstand gegeben und wir sollen ihn auch gebrauchen. Und natürlich sollen wir unseren Wandel auch im Blick auf unsere Mitmenschen in Weisheit führen und berücksichtigen, ob es nützlich ist. Aber wenn wir in Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes und aus Liebe zu ihm, das heißt in seiner Gesinnung und in Übereinstimmung mit seinen Gedanken einen Weg gehen, etwas tun, dann blickt der Glaube auf Ihn und nicht auf die Umstände.

Ich las dazu kürzlich folgenden Ausspruch von Charles Henry Mackintosh: „Der Glaube kann auf ruhigem genauso wie auf stürmischem Gewässer gehen. Der natürliche Mensch kann beides nicht. Die Frage ist nicht, in welchem Zustand sich das Wasser befindet, sondern in welchem Herzenszustand wir sind. Die Umstände haben nichts mit dem Glauben zu tun. ... Der Glaube erhebt das Herz über Wind und Wellen.“