Der Beginn von Kapitel 4 wirkt wie eine kalte Dusche: „Und es verdross Jona sehr und er wurde zornig“ (Jona 4,1). Was war der Anlass? War er sauer darüber, wie er von seinen Mitmenschen behandelt wurde? Auch wenn das keine gute Haltung wäre, könnten wir das ja vielleicht noch verstehen. Wer von uns würde behaupten, nicht schon solche Gefühle gehabt zu haben? Aber hier richtet sich sein Verdruss und Zorn gegen Gott. Kaum zu glauben, aber wahr. Gott hatte seine Gnade und Barmherzigkeit gegenüber Ninive gezeigt, weil sie von ihren falschen Wegen umgekehrt waren. Es war seine Freude, Güte zu üben. Bei Jona wird die Härte des Menschen gegenüber Gottes großer Güte sichtbar. Nachdem Jona in Kapitel 3 im Gehorsam den Auftrag Gottes ausgeführt hatte, wirkt das jetzt völlig fehl am Platz.
Es war geistlich mit ihm bergauf gegangen. Nun verhält er sich fast wie am Anfang des Buches. Damals war er weggelaufen. Jetzt verhält er sich wie ein bockiges Kind, das seinen Willen nicht bekommt. Wenn wir ehrlich sind, erkennen wir vielleicht doch etwas von uns selbst. Ist nicht auch unser Glaubensleben manchmal schwankend und es geht auf und ab. Und wie reagieren wir, wenn wir Gottes Handeln mit uns oder anderen nicht verstehen? Sicher ist es in der Regel nicht so offensichtlich, was wir denken und fühlen. Aber ist bei uns nicht auch manchmal Missgunst oder Neid zu finden? Kann es uns auch so gehen, dass wir innerlich mit Gott hadern? Die Geschichte Jonas ist ja auch zu unserer Belehrung geschrieben, nicht um unsere Neugierde zu befriedigen oder um über Jona mit dem Kopf zu schütteln.
Was sehen wir im Einzelnen bei Jona? Fragen wir uns dabei mal ehrlich, wie es bei uns aussieht!
1. Eigentlich müsste er ein jubelnder Prophet sein, aber er ist zornig gegen Gott und seine Gnade. Er selbst hatte Gnade erfahren, aber er gönnte sie anderen nicht. Danken wir Gott für die empfangene Gnade und freuen wir uns über Gnadenerweise Gottes bei anderen?
2. Jona fühlte vielleicht auch, dass sein Ruf als Prophet leiden könnte. Denn seine Botschaft war ja nicht eingetroffen. Geht es uns um unsere Ehre/unser Ansehen oder um die Ehre des Herrn?
3. Jona zeigt, dass sein Gehorsam nicht von einer guten Gesinnung geprägt war. Seine Füße gingen einen richtigen Weg, ohne Gottes Empfinden zu teilen. Eine Weile sah alles gut aus, aber jetzt kommt es ans Licht. Menschen kann man oft eine Zeit etwas vormachen, aber Gott nicht. Unser Gott sucht Wahrheit im Innern. Er möchte, dass unser Inneres mit unserem Handeln und Reden übereinstimmt. Der Herr Jesus ist das vollkommene Vorbild. Er konnte sagen: Ich bin durchaus das, was ich auch zu euch rede.
4. Jona wiederholt seinen Fehler der Auflehnung gegen Gott. Abraham ging zweimal nach Ägypten, Lot zweimal nach Sodom. Gibt es auch bei uns Sünden, in die wir immer wieder fallen? Kraft ist nicht in uns, sondern allein bei Gott. Nur durch die Leitung des Geistes Gottes können wir bewahrt bleiben.
5. Jona spricht in diesen Versen sehr oft von sich („ich“, „mein“). In einem Kinderlied singen wir: „…kleines Ich, werd nicht groß“. Haben wir die Ermahnung nicht gerade als Erwachsene und Ältere immer wieder nötig? Nehmen wir uns manchmal auch zu wichtig? Die menschliche Reihenfolge ist: Ich, du, er – die göttliche ist: er (unser Herr) – du (der andere) – ich.
6. Jona betete zwar, aber seine Haltung war keine gute Ausgangsbasis. Er sah auf sich, nicht wie in Kap zwei auf Gott. Er teilt Gott seine Meinung und seine Sichtweise mit, ohne nach dem Willen Gottes zu fragen. Gehen wir zu Gott, um uns zu beschweren und um anzuklagen oder mit Bitten, Flehen und Dank? Haben wir wohlgefällige Bitten, die er erhören kann?
7. Jona sagt mit anderen Worten: Ich habe recht, habe ich doch gesagt. Er schreibt Gott wunderbare Eigenschaften zu, aber er tut es in einer anklagenden Art und schiebt dabei Gott die Schuld für seine Flucht zu – er, der selbst Barmherzigkeit erfahren hatte. Wer Gottes Barmherzigkeit kennt, von dem kann auch Barmherzigkeit erwartet werden.
Wir staunen, welche Geduld Gott mit Jona hat. Und wie geduldig ist unser Herr mit uns!