Unsere Haltung in der Gegenwart einer bestimmten Person zeigt etwas von der Art der Beziehung, die wir zu ihr haben. Sie verrät aber auch etwas über unseren eigenen inneren Zustand. In der Gegenwart wichtiger Personen nehmen wir Haltung an. Wenn wir dagegen unter Freunden sind, nehmen wir es mit unserer Haltung nicht so genau. Und mit einem belasteten Gewissen verhalten wir uns anders als mit einem reinen, auch wenn uns das selbst vielleicht gar nicht so bewusst ist.

Auch beim Beten nehmen wir eine bestimmte Haltung vor Gott ein. Dabei geht es um unsere äußere, aber auch um unsere innere Haltung. Beides bedingen sich in gewisser Weise gegenseitig und das eine beeinflusst das andere. Was drückt dabei die äußere Haltung aus? Wie wichtig ist die innere Haltung? Und hat sie Einfluss auf die Erhörung unserer Gebete? Anhand der Bibel wollen wir versuchen, Antworten auf diese wichtigen Fragen zu finden.

Äußere Haltung

Das Wort Gottes zeigt uns verschiedene Haltungen des Gebets. Wir finden Beispiele von Personen, die auf ihr Angesicht fielen und beteten, auf ihren Knien beteten, im Stehen beteten oder ihre Hände zu Gott aufhoben.

Auf den Knien

Knien ist die häufigste Gebetshaltung, die wir in der Bibel finden. Während im Alten Testament häufig berichtet wird, dass Menschen auf ihr Angesicht fielen – Abraham fiel vor Gott auf sein Angesicht (1. Mo 17,3), Mose warf sich vor dem Herrn nieder (5. Mo 9,18.25), Josua fiel vor der Lade des Herrn auf sein Angesicht zur Erde (Jos 7,6) –, lesen wir sowohl im Alten als auch besonders im Neuen Testament, wie Menschen auf den Knien beteten. Elia beugte sich zur Erde und legte sein Angesicht zwischen seine Knie (1. Kön 18,42), Daniel betete dreimal am Tag auf seinen Knien (Dan 6,11) und von Petrus und Paulus lesen wir mehrfach, dass sie auf den Knien beteten (Apg 9,40; 20,36; 21,5; Eph 3,14).

Und was tat der Herr Jesus? Auch Er kniete beim Beten und drückte damit seine Abhängigkeit von seinem Gott und Vater aus. Gerade als Er im Garten Gethsemane die ganze Schwere dessen vor sich sah, was Ihn am Kreuz erwartete, lesen wir, dass Er niederkniete, auf sein Angesicht fiel und betete (Mt 26,39; Mk 14,35; Lk 22,41).

Diese Beispiele machen deutlich, dass das Knien eine angemessene und Gott wohlgefällige Haltung des Gebets ist. Dadurch drücken wir unsere Abhängigkeit von Gott sowie unser Unvermögen und unsere Hilflosigkeit aus. Zugleich zeigen wir damit, dass wir uns Gott unterwerfen und alles von Ihm erwarten. Natürlich soll das Gebet auf den Knien keine bloße Formsache oder stumpfe Gewohnheit sein, sondern immer einem inneren Bewusstsein der Abhängigkeit entspringen.

Stehend

Eine weitere Gebetshaltung, die wir in der Schrift finden, ist das Stehen. Abram blieb vor dem Herrn stehen, als er für die Gerechten in Sodom eintrat (1. Mo 18,22). Hanna stand vor dem Herrn, um für einen Sohn zu beten (1. Sam 1,26). Und Josaphat stand im Haus des Herrn, als er angesichts der Übermacht des Feindes zum Herrn flehte (2. Chr 20,5). In Markus 11 spricht der Herr von solchen, die „dastehen und beten“ (V. 25).

An diesen Beispielen wird deutlich, dass das Stehen eine Gebetshaltung ist, die Gott gutheißt. Wer sich zum Beten erhebt und vor Gott steht, drückt damit seine Achtung und Ehrfurcht vor Ihm aus. Ich denke, niemand von uns würde in der Gegenwart einer hochgestellten Persönlichkeit sitzen bleiben, sofern es nicht die Gesundheit oder das Alter verhindern. Wie viel mehr gebietet es uns aufzustehen, wenn wir dem großen Gott im Gebet nahen! Gerade beim öffentlichen und gemeinsamen Gebet in den Zusammenkünften zeigen wir dadurch (auch den Kindern) etwas von der Achtung, die wir vor Gott haben.

Hände aufhebend

Neben dem Knien und Stehen wird in der Bibel eine weitere Gebetshaltung erwähnt: das Aufheben der Hände. Paulus fordert die Männer dazu auf, an jedem Ort zu beten, indem sie heilige Hände aufheben (1. Tim 2,8). Im Altertum war es üblich, dass man mit zum Himmel erhobenen Händen betete. Wir lesen beispielsweise von Salomo, dass er beim Beten seine Hände zum Himmel ausbreitete (1. Kön 8,54). Diese Gebetshaltung drückt ganz besonders den Wunsch des Betenden aus, von Gott erhört und gesegnet zu werden (1. Kön 8,38; Jes 1,15).

Keine Gesetze

Doch wir sollten keine ungeschriebenen Gesetze aufstellen, was die Gebetshaltung angeht. Es versteht sich von selbst, dass wir in jeder Lage und Situation zu Gott beten können (2. Sam 7,18). Wir können jederzeit ganz spontan, aber auch zu festen Gebetszeiten beten (Neh 2,4; Dan 6,11). Unterwegs können wir im Auto, im Zug oder auf einem Fußweg beten. Bei Schlaflosigkeit oder Krankheit können wir im Bett liegend beten.

Wir haben in unseren Zusammenkünften die Gewohnheit, uns zum Gebet zu erheben, aber unsere Brüder in anderen Ländern bleiben sitzen. Gerade wenn es sich um das öffentliche und gemeinsame Gebet handelt, ist es gut, sich den örtlichen Gewohnheiten anzupassen und einander mit Nachsicht und Geduld zu begegnen.

Innere Haltung

Beim Beten kommt es nicht nur auf unsere äußere, sondern vor allem auf unsere innere Haltung an. Welche Gedanken und Empfindungen kennzeichnen uns beim Beten? Sind wir uns bewusst, an wen wir unsere Worte richten?

Achtung und Ehrfurcht

Wenn wir beten, sollten wir uns der Größe und Erhabenheit dessen bewusst sein, an den wir uns wenden. So lesen wir in Prediger 5,1: „Sei nicht vorschnell mit deinem Mund, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel und du bist auf der Erde“. Obwohl wir freimütig und im kindlichen Vertrauen zu Gott kommen dürfen, bleibt Er derjenige, „der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk“ (1. Pet 1,17). Darum sollte uns Achtung und Ehrfurcht kennzeichnen, wenn wir zu Ihm beten. Dies schließt Demut mit ein.

In der Gegenwart Gottes wollen wir nicht viele Worte machen, sondern besonnen und überlegt die Worte wählen, die wir zu Ihm sprechen wollen. Was das persönliche Gebet angeht, so gilt das allerdings nicht. Wenn wir einerseits Achtung und Ehrfurcht haben, sind wir andererseits völlig frei, Gott alles zu sagen, was uns bewegt – wie Kinder dem Vater.

Glaube

Beim Beten nahen wir unserem Gott und Vater in dem festen Vertrauen, dass Er unser Gebet nicht nur hört, sondern auch erhört. Wir wollen nicht daran zweifeln, dass Gott fähig und auch willens ist, unsere Gebete zu erhören. Der Herr forderte seine Jünger auf, Glauben zu haben und nicht zu zweifeln (Mt 21,21.22; Mk 11,22–24). Und Jakobus schreibt: „Er bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; denn der Zweifelnde gleicht einer Meereswoge, die vom Wind bewegt und hin und her getrieben wird“ (Jak 1,6). Paulus lehrt uns in 1. Timotheus 2,8 das Gleiche: Wir sollen ohne „zweifelnde Überlegung“ beten.

Außerdem müssen wir von dem, was wir beten, überzeugt sein. Was im öffentlichen Gebet nicht von Klarheit und Überzeugung geprägt ist, sollten wir weglassen.

Heiligkeit

Der Betende muss in moralischer Übereinstimmung mit Gott sein. Wir können Gott nur mit einem guten Gewissen und mit reinen Händen nahen. Ungerichtete Sünden und falsches Verhalten können dazu beitragen, dass unsere Gebete verhindert werden (1. Pet 3,7). Schon der Psalmdichter sagt: „Wenn ich es in meinem Herzen auf Frevel abgesehen hätte, so hätte der Herr nicht gehört“ (Ps 66,18). Darum ist es so wichtig, dass wir uns prüfen, unsere Sünden bekennen und regelmäßig Selbstgericht üben.

In 1. Timotheus 2,8 fordert der Apostel die Männer auf, an jedem Ort zu beten, „indem sie heilige Hände aufheben“. Wer öffentlich betet und damit die „Stimme“ auch für andere ist, darf nicht in Angelegenheiten verwickelt sein, die mit dem Bekenntnis seines Glaubens nicht übereinstimmen.

Vergebungsbereitschaft

Neben dem Glauben an Gott ist die Vergebungsbereitschaft anderen gegenüber eine weitere Eigenschaft, die nötig ist, damit Gott unsere Gebete hört und beantwortet. Wenn wir harte und unversöhnliche Gedanken in unseren Herzen hegen, kann Gott unsere Gebete nicht erhören. Dann sind unsere Gebete nur nichtige und leere Worte. Gott hat uns völlig vergeben und unsere Schuld Ihm gegenüber ausgelöscht; und diesen Wesenszug sollten wir auch unseren Glaubensgeschwistern und Mitmenschen gegenüber zeigen. Wenn wir nicht vergeben, wird Gott auch uns (in seinen Regierungswegen) nicht vergeben und unsere Gebete nicht erhören (Mt 6,14.15; Mk 11,25).

Letztendlich raubt uns alles, was unser Herz verurteilt und unser Gewissen belastet, die Freimütigkeit im Gebet. Dazu gehören auch der Eigenwille und Ungehorsam (1. Joh 3,21.22).

Beharrlichkeit

Schließlich sollen unsere Gebete nicht durch Nachlässigkeit gekennzeichnet sein, sondern durch Beharrlichkeit. Wie leicht lassen wir im Gebet und in der Wachsamkeit nach, wenn sich die Erfüllung nicht gleich einstellt! Paulus schreibt: „Verharrt im Gebet und wacht darin mit Danksagung“ (Kol 4,2). Von den ersten Jüngern lesen wir, dass sie einmütig im Gebet verharrten (Apg 1,14). Das größte Beispiel ist unser Herr selbst. Er verharrte eine ganze Nacht im Gebet zu Gott (Lk 6,12).

Auch wir wollen nicht aufhören, Gott unsere Bitten vorzutragen – und alles Weitere Ihm überlassen. Er wird zu seiner Zeit und auf seine Weise antworten.

(aus der Monatszeitschrift „Bleibt in mir“)