Schon lange unterdrücken die Ägypter das Volk Israel und legen ihm einen harten Sklavendienst auf. Da treten Mose und Aaron vor den Pharao und fordern kühn: „So spricht der Herr, der Gott Israels: Lass mein Volk ziehen, damit sie mir ein Fest halten in der Wüste! ... Der Gott der Hebräer ist uns begegnet. Lass uns doch drei Tagereisen weit in die Wüste ziehen und dem Herrn, unserem Gott, opfern, damit er uns nicht schlage mit der Pest oder mit dem Schwert“ (2. Mo 5,1.3).

Doch der Pharao weist ihr Ansinnen schroff zurück und erhöht sogar den Druck auf die seufzenden Lastarbeiter. Daraufhin brechen furchtbare Plagen über das Land Ägypten herein: Wasser wird zu Blut, Frösche kommen über das ganze Land, Stechmücken plagen Menschen und Tiere. Als Hundsfliegen ausschwirren und in die Häuser eindringen, verschont Gott sein geliebtes Volk im Land Gosen. Und zum ersten Mal öffnet der stolze Monarch seine eiserne Faust und zeigt sich kompromissbereit.[1]

Erster Kompromissvorschlag:

Gott dienen – aber nicht in der Wüste

„Und der Pharao rief Mose und Aaron und sprach: Geht hin und opfert eurem Gott im Land“ (2. Mo 8,21). Er gestattet den Israeliten also zu opfern – aber sie sollen es im Land Ägypten tun und keinesfalls drei Tagereisen weit in die Wüste ziehen. Pharaos Motiv? Er will die Kontrolle über das Sklavenvolk nicht aus der Hand geben.[2]

Mose lässt sich auf diesen faulen Kompromiss nicht ein. Denn wie sollte Israel in einer feindseligen und auch götzendienerischen Umgebung seinem Gott dienen? Und die Ägypter würden die Israeliten empört steinigen (2. Mo 8,22; vgl. 1. Mo 46,34). Dann hätte der Pharao, das musste er bedenken, keine billigen Lastarbeiter mehr. Außerdem stellt Mose dem Pharao vor, dass das Bleiben in Ägypten dem klaren Gebot Gottes widersprechen würde (2. Mo 8,23).

Der Teufel taktiert heute nicht anders: Wenn er merkt, dass er Gläubige nicht davon abbringen kann, Gott zu dienen, dann versucht er, dass sie es wenigstens nach seinen Vorstellungen tun. Er will, dass Kinder Gottes mit seinen Kindern Gemeinschaft haben. Er will, dass die Grundsätze dieser Welt von uns akzeptiert und umgesetzt werden. Wenn es ihm gelingt, dass wir uns nicht von der Welt absondern, kann er rasch Kontrolle über uns erlangen und uns Schaden zufügen. Sollten wir beispielsweise zusammen mit Ungläubigen Gott anbeten, würden wir Perlen vor die Säue werfen, was fatale Konsequenzen zur Folge hat (Mt 7,6). Es ist daher unerlässlich, dass wir Gott strikt gehorchen und unser durch die Welt beeinflusstes Denken mittels des Wortes Gottes erneuern lassen (Röm 12,2).

Die „drei Tagesreisen“ erinnern uns an den Tod Christi und an seine nach drei Tagen erfolgte Auferstehung. Dadurch wird ein scharfer Trennungsstrich zwischen uns und der Welt gezogen. Denn durch das Kreuz Christi sind wir der Welt gekreuzigt und die Welt uns (Gal 6,14). Und mit der Auferstehung Christi begann eine neue Schöpfung, zu der wir Gläubige gehören dürfen und die nichts mit dem Reich der Finsternis zu tun hat (Kol 1,13). Wir sollen in der Praxis verwirklichen, dass wir aus der gegenwärtigen bösen Welt herausgenommen worden sind (Gal 1,4).

Zweiter Kompromissvorschlag:

Gott dienen – aber nicht so weit weg

Als der von den Hundsfliegen gequälte Pharao sieht, dass Mose hart bleibt, lässt er die Leine etwas lockerer. Aber ganz loslassen will er sie nicht: „Entfernt euch nicht so weit. Fleht für mich“, schiebt er jetzt hinterher (2. Mo 8,24). Er erklärt sich damit einverstanden, dass das Volk Israel nicht inmitten der Ägypter opfert – aber drei Tagereisen weit will er sie nicht ziehen lassen. Einen gewissen Einfluss möchte er behalten, den er natürlich schnell wieder zu einer völligen Kontrolle ausbauen kann. Mose geht auf diesen Kompromissvorschlag gar nicht ein. Er weist Pharao nur eindringlich daraufhin, dass er das Volk wirklich ziehen lassen soll. Gnädig bittet Mose für ihn – und die Hundsfliegen verschwinden durch Gottes Macht aus dem Land.

Der Teufel kämpft um jeden Zentimeter. Wenn er merkt, dass er unseren Wunsch nach Absonderung von der Welt nicht ersticken kann, dann will er uns verführen zu ein bisschen Gemeinschaft mit den Ungläubigen, ein bisschen Anpassung an den Zeitlauf dieser Welt und ein bisschen Toleranz gegenüber dem Bösen. Wir sind dann nicht konsequent und nehmen lieber die Welle mit, die gerade durch die Gesellschaft brandet, weil wir nicht auffallen und anecken wollen. Satan weiß: Wer sich nicht so positioniert, wie es die Stellung eines Christen erfordert, kann rasch in das System „Welt“ rückintegriert und vom Dienst für Gott abgezogen werden.

Dritter Kompromissvorschlag:

Gott dienen – aber nicht alle

Trotz aller Wunder, die der Pharao gesehen hat, weigert er sich hartnäckig, das Volk ziehen zu lassen. Weitere Plagen treffen Ägypten: Viehpest, Geschwüre und Hagel richten enorme Schäden an und verursachen großes Leid. Als der achte Gerichtsschlag – die Heuschreckenplage – angekündigt wird, bedrängen die ägyptischen Knechte den Pharao: Er soll endlich einlenken! Der ägyptische Monarch lässt Mose und Aaron rufen. Er will das Volk ziehen lassen, jedoch sollen die Frauen und Kinder zurückbleiben. Nur die Männer dürfen gehen, um dem Herrn ein Fest in der Wüste zu feiern (2. Mo 10,7–11). Der Pharao begreift: Die Männer würden bald wieder zu ihren Frauen und Kindern zurückkehren und damit unter seine Kontrolle. Auch auf diesen Kompromissvorschlag antwortet Mose mit klaren Worten: „Mit unseren Jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern, mit unserem Kleinvieh und mit unseren Rindern wollen wir ziehen; denn wir haben ein Fest des Herrn“ (2. Mo 10,9). Der Pharao ist empört: „Und er sprach zu ihnen: Der Herr sei so mit euch, wie ich euch und eure kleinen Kinder ziehen lasse! Gebt acht, denn ihr habt Böses vor! Nicht so! Zieht doch hin, ihr Männer, und dient dem Herrn; denn das ist es, was ihr begehrt habt. Und man trieb sie vom Pharao hinaus“ (2. Mo 10,11).

Wenn es dem Teufel nicht gelingt, das ganze Volk Gottes zu kontrollieren und für seine Zwecke einzuspannen, dann will er es wenigstens bei einem Teil tun. Er zielt dabei auf diejenigen ab, die schwach sind. Dazu gehören besonders die Kinder, die noch nicht die Gefahren kennen, die der Dienst für den „Pharao“ mit sich bringt. Sollte es Satan gelingen, die Kinder mit weltlichen Ideologien zu trichtern und ihnen den Zeitlauf der Welt schmackhaft zu machen, bleibt sein Einfluss auf das Volk Gottes stark und wird wahrscheinlich auch noch zunehmen.

Vierter Kompromissvorschlag:

Gott dienen – aber nicht mit Opfern

Nach der neunten Plage, der dreitägigen Finsternis, bringt Pharao einen letzten Kompromissvorschlag: Er will das Volk komplett ziehen lassen, aber Kleinvieh und Rinder sollen in Ägypten bleiben (2. Mo 10,24). Doch Mose weist diese Option ebenfalls zurück: „Auch Schlachtopfer und Brandopfer musst du in unsere Hände geben, damit wir dem Herrn, unserem Gott, opfern. So muss auch unser Vieh mit uns ziehen, nicht eine Klaue darf zurückbleiben; denn davon werden wir nehmen, um dem Herrn, unserem Gott, zu dienen; wir wissen ja nicht, womit wir dem Herrn dienen sollen, bis wir dorthin kommen“ (2. Mo 10,26–28).

Wenn Satan das Volk Gottes nicht davon abhalten kann, sich konsequent von der Welt zu trennen, um Gott zu dienen, möchte er ihnen wenigstens das rauben, was sie zum Dienst brauchen. So will er uns mit irdischen Scheinverpflichtungen überhäufen, damit wir keine Zeit für die Bibel finden und Gott keine geistlichen Schlachtopfer mehr bringen – unser Gottesdienst soll zur Formsache werden. Satan versucht auch, unseren Geldbeutel zu kontrollieren, damit wir nicht die materiellen Opfer bringen, die Gott wohlgefällig sind, und er einen Brückenkopf für seine Versuchungen behält. Wenn wir uns von der Welt absondern, muss das damit einhergehen, dass wir Gott von Herzen und mit allem dienen, was Er uns anvertraut hat.

Widerstand bis zum Schluss

Nach der zehnten Plage lesen wir: „Und der Pharao stand in der Nacht auf, er und alle seine Knechte und alle Ägypter, und es entstand ein großes Geschrei in Ägypten; denn es war kein Haus, worin nicht ein Toter war. Und er rief Mose und Aaron in der Nacht und sprach: Macht euch auf, zieht weg aus der Mitte meines Volkes, sowohl ihr als auch die Kinder Israel, und geht hin, dient dem Herrn, wie ihr geredet habt; auch euer Kleinvieh und eure Rinder nehmt mit, so wie ihr geredet habt, und geht hin und segnet mich auch“ (2. Mo 12,31.32). Doch nachdem das Volk ausgezogen ist, verhärtet sich das Herz des Pharaos wieder und er jagt den wehrlosen Israeliten mit einer gewaltigen Heeresmacht hinterher. Erst, als er mit seiner Armee in den Fluten des Roten Meeres versinkt, erlischt sein fanatischer Hass.

Und erst, wenn Satan „in Kurzem unter unsere Füße zertreten“ sein wird, wird er den Gläubigen keine Fallstricke mehr legen, um sie gefangenzunehmen für seinen Willen (Röm 16,20; 2. Tim 2,26). Im Himmel sind wir für immer frei von seinen Angriffen und listigen Kompromissvorschlägen. Bis dahin wollen wir uns von der Welt absondern und Gott so dienen, wie Er es will.

Absonderung

Zu dem Thema Absonderung finden wir drei wichtige Abschnitte im Neuen Testament: 2. Korinther 6, 2. Timotheus 2 und Hebräer 13. In diesen Abschnitten wird gezeigt, dass die äußere Absonderung von der Welt mit einer inneren Absonderung verwoben sein muss und dass sie kein Selbstzweck ist, sondern zu einem hingebungsvollen Dienst für Gott führt.

Im zweiten Korintherbrief lesen wir: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: ,Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.' Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige. Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes“ (Kap. 6,14–7,1). Wir sollen keine Gemeinschaft mit den Menschen dieser Welt haben. Aber das ist nicht alles. Wir müssen uns auch persönlich von dem heiligen, was böse ist. Das betrifft unsere Taten, Worte und Gedanken. Nur dann können wir Gemeinschaft mit Gott genießen und praktisch erleben, dass wir Söhne und Töchter Gottes sind.

2. Timotheus 2 sagt: „Doch der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt die sein sind; und: Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit! In einem großen Haus aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre, die anderen aber zur Unehre. Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet. Die jugendlichen Begierden aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (V. 19–22). Wir sollen uns von den Gefäßen der Unehre in dem großen Haus der Christenheit wegreinigen. Doch wir müssen auch die jugendlichen Begierden verleugnen und in einem inneren Zustand sein, der Gott wohlgefällig ist. Nur so werden wir nützlich für den Hausherrn und für jedes gute Werk bereitet sein.

Hebräer 13 bezeugt: „Lasst euch nicht fortreißen durch mancherlei und fremde Lehren; denn es ist gut, dass das Herz durch Gnade befestigt wird, nicht durch Speisen, von denen die keinen Nutzen hatten, die darin wandelten ... Darum hat auch Jesus, damit er durch sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten. Deshalb lasst uns zu ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, seine Schmach tragend. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Das Wohltun aber und Mitteilen vergesst nicht, denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen“ (V. 9.12–16). Christen, deren Herz durch die Gnade befestigt wurde, sollen das religiöse Lager verlassen, in dem Christus keinen Platz hat. Und dort, außerhalb des Lagers, loben sie Gott.

Unsere Aufgabe ist es, Gott zu dienen. Getrennt von der Welt. Zusammen mit dem Volk Gottes. Und mit allem, was wir haben. Da darf es keine Kompromisse geben. Auch dann nicht, wenn der gesellschaftliche Anpassungsdruck größer wird und die Kompromissvorschläge des Feindes plausibel und akzeptabel erscheinen. Das, was Gott gesagt hat, ist für uns verbindlich. Er hat geredet – das genügt.

[Aus „Im Glauben leben“, CSV-Verlag]


Fußnoten:

  1. Bereits nach der Froschplage hatte der Pharao davon geredet, das Volk ziehen zu lassen (2. Mo 8,4). Dabei unterbreitete er aber keinen Kompromissvorschlag, um die es in diesem Artikel ausschließlich gehen soll.
  2. Pharao vermutete wahrscheinlich, dass das Volk nicht mehr zurückkehren würde. Und tatsächlich hat Mose weder von einer Rückkehr nach Ägypten gesprochen noch davon, dass das Volk nach Kanaan geführt werden sollte. Er redete nur von einem Dienst des Volkes für Gott in der Wüste (2. Mo 3,8; 7,16.26; 8,16.25; 9,1.13; 10,3; 10,26). Doch Pharao war nicht einmal bereit, auf diese Minimalforderung einzugehen.