„Und siehe, Männer brachten auf einem Bett einen Menschen, der gelähmt war; und sie suchten ihn hineinzubringen und ihn vor ihn zu legen. Und da sie wegen der Volksmenge keinen Weg fanden, ihn hineinzubringen, stiegen sie auf das Dach und ließen ihn mit dem Tragbett durch die Ziegel hinunter in die Mitte vor Jesus. Und als er ihren Glauben sah, sprach er: Mensch, deine Sünden sind dir vergeben.“ (Lk 5,18–20)

Folgende Lektionen lernen wir aus dieser Begebenheit:

1. Ein Gelähmter kann nicht. Der Mann muss zum Herrn getragen werden, da er nicht selbst gehen kann. Von sich aus kann kein Mensch zu Gott kommen – und will es auch gar nicht (Röm 3,10–12). Natürlich ist es wahr, dass der Vater Sünder zu sich zieht (Joh 6,44), doch wir müssen uns ebenso bewusst machen, dass niemand ein Christ wird, wenn er nicht zu Christus gebracht wird. Lahme Menschen können nicht selbst laufen. Vielleicht bist gerade du derjenige, der einen geistlich gelähmten Mitmenschen zum Herrn bringt?

2. Ein Arbeiter ist nicht allein. Vier Männer bringen den Gelähmten zum Herrn Jesus. Bei der Arbeit an den unbekehrten Seelen ist es genauso, wie Paulus erklärt: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum gegeben. Also ist weder der pflanzt etwas, noch der begießt, sondern Gott, der das Wachstum gibt. Der aber pflanzt und der begießt, sind eins ... Denn wir sind Gottes Mitarbeiter“ (1. Kor 3,6–9). Möglicherweise hat schon jemand in der Vergangenheit etwas in deinen Mitmenschen gepflanzt; vielleicht begießt jemand in einigen Jahren das, was du heute pflanzt. Dann gibt es die, die dafür beten. Und nicht zu vergessen: Bei alledem wirkt auch noch Gott mit! Du bist nicht allein!

3. Hindernisse kann man überwinden. Die vier Männer hätten sagen können: „Schade, wir kommen nicht näher ran. Dann warten wir einfach noch – oder lassen es besser direkt ganz bleiben.“ Nein, sie wurden kreativ, um ihren Freund zum Retter zu bringen. Was auch immer für Hindernisse du vor dir siehst, sie alle können mit des Herrn Hilfe überwunden werden. Welche Einwände auch immer dir einfallen („Er/Sie wird mich auslachen“; „Was soll ich nur sagen?“; „Und wenn er/sie eine schwierige Frage stellt?“; etc.), lass dich nicht davon abhalten.

4. Wir legen die Menschen Christus vor. Was die vier Freunde wortwörtlich tun, gilt für uns im übertragenen Sinne: Wir bringen die Menschen zu Christus – von da an übernimmt er zu 100 %. Wir können niemanden bekehren und auch niemanden über die Schwelle zum Himmel schubsen. Letzten Endes bewirkt Gott Buße im Herzen des Sünders. Dieser Gedanke kann viel Druck bei denen wegnehmen, für die eine Bekehrung wie ein unbezwinglicher Berg aussieht. Carl Kerby sagt dazu ermunternd: „Es ist nicht meine Aufgabe, Menschen zu überführen oder zu bekehren; es ist meine Aufgabe, mit ihnen zu sprechen. Der Heilige Geist übernimmt die Rolle des Überführens und Bekehrens“. So zeigt uns Apg 16,14, dass der Herr das Herz von Lydia auftat, sodass sie das gepredigte Wort aufnehmen konnte.

Folgende Geschichte ist in dieser Hinsicht sehr ermunternd: „Ein christlicher Seemann beispielsweise, der bei einer Flugzeugbasis der Marine stationiert war, stand eines Tages mit einem Freund an der Ecke einer Flugzeughalle und legte ihm im Gespräch auch Zeugnis von seinem Glauben ab. Ein dritter Seemann, der hinter der Ecke stand und von den beiden anderen gar nicht bemerkt wurde, hörte auf diese Weise zufällig das Evangelium, erkannte mit einem Schlag seine Sünden und bekehrte sich in aller Aufrichtigkeit zu Gott. Der Mann aber, dem die Botschaft eigentlich gegolten hatte, reagierte nicht darauf.“ Prediger 11,6 bewahrheitet sich immer wieder: „Am Morgen säe deinen Samen und am Abend zieh deine Hand nicht ab; denn du weißt nicht, welches gedeihen wird: ob dieses oder jenes, oder ob beides zugleich gut werden wird“.

5. Dein Glaube macht einen Unterschied. Natürlich ist Glaube beim Betreffenden nötig, damit er errettet wird. Und doch macht der Herr hier eine Verknüpfung zwischen der Heilung und dem Glauben, den die vier Freunde gezeigt haben. Vielleicht kann auch dein Glaube daran, dass der Herr wirklich Menschen erretten will (1. Tim 2,4), der Anlass dafür sein, dass sich jemand bekehrt. Nimmst du den Herrn beim Wort und stützt dich darauf, dass er „suchen und erretten möchte, was verloren ist“ (Lk 19,10) – und es auch wirklich noch tut? Spurgeon sagt: „Derjenige gewinnt Seelen am besten, denke ich, wenn er an unmittelbare Bekehrungen glaubt. Wie kann er erwarten, dass Gott etwas tut, woran er selbst nicht glaubt. Nach seinem Glauben wird ihm geschehen.“ Einmal kam ein Prediger zu ihm und sagte: „Ich predige nun schon seit langer Zeit und es hat sich noch niemand bekehrt.“ Spurgeon fragte ihn: „Ja, denkst du denn, dass sich jedes Mal, wenn du Gottes Wort predigst, jemand bekehrt?“ „Nein, natürlich nicht“, war die bescheidene Antwort. Spurgeon erwiderte: „Da liegt das Problem!“

6. Evangelisieren bedeutet nicht immer nur „Predigt im Saal“. Vielmehr ist wahre Evangelisation ein Lebensstil, ein tägliches Zeugnisgeben, ein „schlichtes“ Führen von Menschen zum Herrn. C.H. Mackintosh sagt dazu: „Das ist eine Form der Evangelisation, nach der man heute suchen kann: das individuelle Engagement; das Aufsuchen des Nächsten und Hinbringen zu Jesus. Ich befürchte, dass so etwas bei uns kaum vorhanden ist. Beim Stichwort ,Evangelisation‘ denkst du unwillkürlich an großes Arrangement, Menschenansammlungen, Vortragsreihen. Natürlich sind Evangelisten der Gemeinde als besondere Gaben gegeben (Eph 4,11). Aber es gibt auch in der Bibel Hinweise, dass ein segensreiches Weitersagen und Zeugnisgeben von solchen praktiziert wurde, von denen nirgendwo gesagt wird, dass sie dazu die spezielle Gabe hätten oder dazu beauftragt waren.“ Wir alle sollten jeden Tag evangelisieren.

„Der Weise gewinnt Seelen.“ (Spr 11,30)