Womöglich verbrachte Paulus nur ungefähr drei Wochen in der griechischen Stadt Thessalonich, als er sich gerade auf seiner zweiten Missionsreise, welche von 51–54 n.Chr. dauerte, befand (Apg 17,1–4). Lange genug für den Herrn, einige Menschen zu erretten – und lange genug für Paulus, eine herzliche Liebe für die Thessalonicher zu entwickeln. Gerade der erste Thessalonicherbrief, den er wenig später aus Korinth schrieb, zeugt an vielen Stellen, von denen wir uns einige anschauen möchten, davon.

Was können wir daraus lernen? Herzliche, aufrichtige Geschwisterliebe!

  • „Wir danken Gott allezeit für euch alle, indem wir [euch] erwähnen in unseren Gebeten, unablässig“ (1. Thes 1,2). Ein deutlicher Beweis für seine Liebe ist die Zeit, die er für die Thessalonicher im Gebet verbrachte. Wenn wir unsere Geschwister von Herzen lieben, bringen wir sie gerne vor Gott.
  • „Ihr seid allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden“ (1. Thes 1,7). Paulus freute sich über den geistlichen Fortschritt bei den Thessalonichern. Kein Neid darüber, dass ihr Glaube in der ganzen Landschaft bekannt geworden war, keine Missgunst. Jeder Wachstumsschritt löste Freude bei Paulus aus. Und: Er erwähnte es bei ihnen. Es ist durchaus erlaubt, unsere Geschwister zu ermuntern, wenn wir Fortschritte bemerken, gerade auch Wachstumsschritte bei jungen Geschwistern.
  • „... obwohl wir als Christi Apostel euch zur Last sein konnten“ (2,7). Auch aus dem zweiten Brief (2. Thes 3,8b) lernen wir, dass Paulus „mit Mühe und Beschwerde Nacht und Tag gearbeitet hat, um nicht jemand beschwerlich zu fallen“. In 1. Korinther 9 erklärt Paulus sein Recht, nicht zu arbeiten, sondern vom Evangelium zu leben. Während er bei den Korinthern darauf verzichtete und stattdessen arbeitete, um ihnen keinen Anlass zur Lästerung zu geben, verzichtet er bei den Thessalonichern darauf, um ihnen keine Last aufzubürden. Lieber arbeitet er noch die ganze Nacht (wahrscheinlich als Zeltmacher), als sie damit zu belasten, ihn versorgen zu müssen. Eine große Opferbereitschaft und Demut, die den anderen höher achtet als sich selbst (Phil 2,3).
  • „Wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine nährende Frau ihre eigenen Kinder pflegt“ (1. Thes 2,7). Das griechische Wort für „zart“ kommt noch in 2. Tim 2,24 vor, wo wir lesen, dass ein Diener nicht streiten, sondern milde sein soll. Hier dürfen wir sicher sehen, dass Paulus besonders langmütig, sanftmütig und geduldig mit den Thessalonichern war. Er überforderte sie nicht, er beantwortete dieselbe Frage siebenmal und wurde nicht ungehalten. Die Frau im Vergleich ist keine berufsmäßige Amme, die jemanden aus Pflichtgefühl ernährt, sondern eine stillende Mutter, die sich um ihre eigenen Kinder kümmert. Wie oft dienen wir unseren Geschwistern (oder beten für sie, geben ihnen geistliche Nahrung etc.) nur aus Pflichtgefühl?
  • „... sondern auch unser eigenes Leben mitzuteilen, weil ihr uns lieb geworden wart“ (1. Thes 2,8). „Leben mitteilen“ kann zwei Bedeutungen haben: Einerseits könnte damit gemeint sein, dass sie willig waren, als Hirten für die Schafe ihr physisches Leben hinzugeben (vgl. Joh 10,11). Eine weitere Bedeutung wäre, dass hier eine besondere seelische Verbindung des Missionars Paulus zu den Neubekehrten gemeint ist. Paulus sehnte sich danach, mit ihnen zu essen, zusammenzusitzen, Gemeinschaft zu haben – nicht nur in den Versammlungsstunden, sondern auch darüber hinaus. Übrigens ist 1. Thes 3,6 schön, wo gesagt wird, dass die Thessalonicher dies erwiderten.
  • „Ihr wisst, wie wir jeden Einzelnen von euch, wie ein Vater seine eigenen Kinder, euch ermahnt und getröstet haben (1. Thes 2,11.12)“. Zunächst lernen wir, dass Paulus sich mit jedem Einzelnen von ihnen beschäftigte; nicht nur „Masse-Füttern“, nicht selektiv mit einigen, sondern mit allen. Wie ein Vater jedem Kind das gibt, was es gerade benötigt, geht auch Paulus mit seinen Thessalonichern um. Manche benötigen Trost, manche einer Ermutigung, andere eine Ermahnung, wieder andere Belehrung und Aufklärung.
  • „Wir aber, Brüder, da wir für kurze Zeit von euch verwaist waren, dem Angesicht, nicht dem Herzen nach, haben uns umso mehr befleißigt, euer Angesicht zu sehen, mit großem Verlangen“ (1. Thes 2,17). Paulus sagt hier im Prinzip: „Wir waren zwar weg, aber wir waren doch immer bei euch“. Obwohl er seine Reise durch Griechenland fortsetzte, blieb sein Herz doch bei den Thessalonichern. Diese Liebe benötigt keine weitere Erklärung.
  • „Wir sandten Timotheus, ... damit niemand wankend werde in diesen Drangsalen“ (1. Thes 3,2.3). Paulus hatte ein aufrichtiges Interesse daran, dass die Thessalonicher gefestigt waren und nicht im Glauben Schiffbruch erlitten. Sie waren für ihn nicht nur weitere Namen auf seiner „Erfolgsliste“, sondern Geschwister, an deren Fortschritt er aufrichtig interessiert war.

Lieben wir unsere Geschwister aufrichtig und von Herzen – und wie zeigt sich das?