Wie viele Menschen in den verschiedensten Religionen schreien und rufen täglich zu ihren Göttern – aber da ist keine Antwort! Wenn man sich einmal in so einen Menschen hineinversetzt oder sogar miterlebt, dann ist das ein furchtbarer Zustand.

Wir dagegen dürfen einen Gott haben, der ein hörender und auch ein redender Gott ist: In Psalm 65,3 nennt David ihn einen „Hörer des Gebets“. Und in Hebräer 1,1 lesen wir: „Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn.“ Unser Gott ist ein Gott, der zu uns redet! Allein das ist bemerkenswert. Aber wenn man sich dann noch anschaut, zu wem und wie Gott geredet hat – dann kommt man wirklich nicht mehr aus dem Staunen raus.

Der Schreiber bezieht sich hier auf zwei Zeitabschnitte: einerseits auf die zurückliegende Zeit der „Väter“. Die Empfänger des Hebräerbriefes, die aus dem Judentum stammten, aber jetzt Christen geworden waren, verstanden das gut. Damit waren ihre Vorfahren gemeint, das Volk Israel, zu denen Gott durch Propheten geredet hatte. Sie waren das Mittel Gottes, um „vielfältig und auf vielerlei Weise“ zu seinem Volk zu reden. Das bedeutet, dass Gott viele Male hintereinander durch verschiedene Propheten und in unterschiedlicher Art und Weise, z. B. durch Warnungen, Voraussagen, Unterweisungen und so weiter geredet hat. Das ist der erste Zeitabschnitt in diesem Vers.

Doch dann bezieht sich der Schreiber auf einen zweiten Zeitabschnitt, wenn er schreibt, dass Gott „am Ende der Tage“ im Sohn geredet hat. „Am Ende der Tage“ meint: nach Abschluss, nach Vollendung der vorausgegangenen Zeit, in der Gott durch die Propheten geredet hat. Jetzt, in dem neuen Zeitabschnitt, hat Gott „im Sohn“ geredet. Gott redet noch einmal auf eine einzigartige Weise. Er redet nicht einfach durch den Sohn, so wie er durch die Propheten geredet hat. Die Propheten waren Menschen, denen Gott eine Botschaft gegeben hatte. Aber der, der hier kommt, redet nicht nur die Worte Gottes, nein, er ist selbst das Wort Gottes. Es ist der, von dem wir schon in Johannes 1,1 lesen: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott“ und dann in Vers 14 weiter „... und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“. Der, der hier redet, ist der Sohn Gottes, oder anders ausgedrückt: Gott, in der Person des Sohnes.

Ich möchte gerne noch einmal hervorheben, wie großartig es ist, was Gott hier tut. Denn auch wenn es sich hier um das Volk Israel handelt und nicht um uns, die wir zu der Versammlung (oder Gemeinde) gehören, sehen wir hier etwas über Gottes Handeln. Wir werden später auch noch auf uns zu sprechen kommen.

Ich möchte kurz unsere Aufmerksamkeit auf das Gleichnis des Herrn Jesus über den Menschen, der einen Weinberg pflanzte und verpachtete in Markus 12 richten. Wir haben hier einen Menschen, der einen Weinberg pflanzt, alles für diesen Weinberg tut und diesen Weinberg schließlich an Weingärtner verpachtet, bevor er in das Ausland reist. Schließlich sendet der Besitzer des Weinbergs Knechte, um von der Frucht des Weinbergs etwas zu genießen. Aber diese Knechte werden übel behandelt oder gar getötet.

Der Mensch, der einen Weinberg pflanzte, ist Gott selbst, der Weinberg Israel und die Weingärtner die Führer des Volkes. Gott hatte wirklich alles für sein Volk getan, anfangend damit, dass er sie aus der Knechtschaft Ägyptens befreit und sie in das verheißene Land geführt hatte. Und doch hat genau dieses Volk recht zügig seinen Gott verlassen und war anderen Göttern nachgefolgt.

Und Gott? Würde er sein Volk fallen lassen? Wir lesen einen bemerkenswerten Vers in Jeremia 7,25: „Von dem Tage an, da eure Väter aus dem Land Ägypten auszogen, bis auf diesen Tag habe ich alle meine Knechte, die Propheten, zu euch gesandt, täglich früh mich aufmachend und sendend.“ Gott suchte Frucht von Seinem Weinberg und Seine Propheten waren Seine Sendboten, die den Kindern Israel Seine Rechte und Ansprüche vorstellten. Hatte Er nicht nach all dem Guten, das Er für sie getan hatte, Anspruch auf ihre Zuneigungen, auf ihren Gehorsam, auf ihr Vertrauen?

Doch das traurige Fazit in unserem Gleichnis lautet in Vers 5: „Und er sandte einen anderen, und den töteten sie; und viele andere: Die einen schlugen sie, die anderen töteten sie.“ Stephanus muss den Juden in Bezug auf die Propheten in Apostelgeschichte 7,52 vorhalten: „Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben die getötet, die die Ankunft des Gerechten zuvor verkündigten“.

Das letzte Mal, dass Gott durch einen Propheten zu seinem Volk geredet hat, war durch den Propheten Maleachi. Danach sehen wir, wie Gott 400 Jahre schweigt. Zurecht wurde gesagt, dass es eigentlich gar nichts Schlimmeres gibt, als wenn Gott gar nicht redet. Und damit haben wir eine gewisse Zäsur in dem Handeln Gottes mit seinem Volk, ein zum Ende kommen einer Zeit, in der Gott durch die Propheten geredet hat. Wenn Gott noch einmal zu seinem Volk reden würde, dann würde das auf eine völlig neue Art und Weise geschehen. Und das lesen wir auch in unserem Gleichnis in Markus 12,6: „Da er nun noch einen geliebten Sohn hatte, sandte er ihn als letzten zu ihnen und sprach: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen“. Das ist wirklich unendliche, göttliche Gnade. Nach tausenden und hunderten von Jahren des Niedergangs, in denen man nicht auf Gott gehört hatte und sich immer mehr von ihm abgewandt hatte, redet Gott nun „im Sohn“! Hier kommt eben nicht ein Knecht, nicht einfach ein weiterer Prophet, nein, hier kommt der geliebte Sohn des Vaters.

Und? Würden sie sich vor ihm scheuen? Würde das Volk endlich auf ihn hören? Es ist wirklich traurig, wie hart das menschliche Herz sein kann. Wenn Stephanus harte Vorwürfe in Bezug auf das Verhalten gegenüber den Propheten machen muss, so muss er aber weiter, in Bezug auf den, den die Propheten angekündigt haben sagen: „... dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid“.

Dieses Verwerfen des Redens Gottes, dass man weder auf die Propheten noch auf den Herrn Jesus, den Sohn Gottes, hören wollte und somit die Gnade Gottes abgewiesen hat, kann nur Gericht nach sich ziehen. Und so ist es für die jüdische Nation dann auch 70 n. Chr. durch den römischen Feldherrn Titus gekommen.

Es darf uns wirklich glücklich und dankbar machen, dass Gott am Ende der Tage im Sohn geredet hat und das in zweifacher Hinsicht: Zum einen deshalb, WEIL Gott geredet und keinen Schlussstrich gezogen hat. Nach Jahrtausenden und Jahrhunderten, in denen sich das Versagen des Menschen mehr als deutlich erwiesen hat, redet Gott in unendlicher Geduld und Gnade noch einmal. Zum anderen, dass wir heute in einer Zeitepoche des Handelns Gottes leben dürfen, in der Gott „IM SOHN“ geredet hat. Damit dürfen wir Gott in einer Weise kennen, wie kein Gläubiger Gott jemals gekannt hat. Wir stehen zu Gott in einer Beziehung, in der kein Gläubiger vor uns stand. Damit sind wir auch im Besitz von Segnungen, die Gott uns in dem Herrn Jesus gegeben hat, die kein Gläubiger vor uns gekannt und besessen hat. Ob wir beides persönlich in Besitz genommen haben und genießen, ist dabei freilich eine andere Frage.

Es ist wirklich eine großartige Sache, dass Gott zu uns redet! Gott will zu dir und mir reden! Er will uns seine Gedanken mitteilen – und das hauptsächlich über seinen Sohn. Aber das stellt uns ohne Frage unter Verantwortung, eine Verantwortung, die weitaus größer ist, als die Israels. Warum? Weil der, durch den Gott zu uns redet, viel größer als die Propheten ist! Deswegen ermahnt der Schreiber auch zu Beginn des 2. Kapitels des Hebräerbriefes: „Deswegen sollen wir umso mehr auf das achten, was wir gehört haben...“. Es war wirklich eine gravierende Sache, wenn man im Volk Israel einen Propheten verachtet hat und nicht auf das gehört hat, was er zu sagen hatte. Mit der Ablehnung des Propheten hat man eben auch Gott als den, der den Propheten gesandt hat, abgelehnt.

Gott möchte auch heute noch zu dir und mir reden. Möge es so sein, dass wir die innere Haltung eines Samuels haben: „Rede, denn dein Knecht hört!“ (1. Sam 3,10).