Vordergründig hat Gott Elia geboten, sich am Bach Krith zu verbergen, weil er ihn vor dem Hass Ahabs schützen wollte. Und dieser Hass war real. Wenn man Lukas 4,25 und Jakobus 5,17 mit 1. Könige 18,1 vergleicht, stellt man fest, dass die Trockenheit dreieinhalb Jahre dauerte, aber offenbar höchstens drei Jahre nach der Ankündigung Elias zu Ende war. Das würde bedeuten, dass es bereits sechs Monate trocken war in Israel, als Elia Ahab weitere Jahre der Trockenheit ankündigte. Den Zorn Ahabs, der Elia hierfür die Schuld gab, können wir uns vorstellen (1. Kön 18,17).

Doch auf den zweiten Blick mag es noch mehr Gründe geben, warum Elia sich verbergen sollte. Wenn der Prophetendienst eine besondere Gabe Gottes an sein Volk ist, was bedeutet es dann, wenn Gott einen Propheten zurückzieht? Das kann nichts anderes heißen, als Gericht (vgl. Ps 74,1.7–9). Es kann keine gute Zeit sein, wenn die „Lehrer sich verbergen (o. wegwenden)“ (Jes 30,20). Auch Amos spricht von einer Zeit, in der Gott eine schlimmere Hungersnot senden würde als den Hunger nach Brot: „Hunger (o. Hungersnot) … die Worte des HERRN zu hören. … Sie werden umherlaufen, um das Wort des HERRN zu suchen, und werden es nicht finden“ (Am 8,11.12).

Möglicherweise war es auch eine Berufung in die Absonderung von religiöser Verderbtheit. Elia sollte nach „Osten“, also Richtung Sonnenaufgang gehen. Er wandelte im Licht der Gegenwart Gottes, während das Volk in moralischer Finsternis war. Und wie heute, so sollten auch damals Licht und Finsternis keine Gemeinschaft haben (2. Kor 6,14; Eph 5,11).

Auch für Elia selbst hatte dieser Ort der Abgeschiedenheit viel Gutes. So wurde er von dem Fallstrick des Teufels bewahrt, sich auf den Erfolg seines Gebets etwas einzubilden. Wie schnell meldet sich das Fleisch nach einer besonderen Glaubenserfahrung! Wie schnell denkt das Instrument in der Hand Gottes, es sei mehr als ein Instrument. Paulus bekam nach seiner Entrückung in den dritten Himmel einen „Dorn für das Fleisch“, damit er sich nicht überhebe (2. Kor 12,7). Sehr lehrreich ist auch, dass der Herr die 12 Jünger an einen öden Ort beschied, nachdem sie ihm berichtet hatten, „was sie getan und was sie gelehrt hatten“ (Mk 6,30.31).

Eine große und ehrenvolle Aufgabe auf dem Berg Karmel stand außerdem noch vor Elia. Wie viele Diener hat Gott vor einer großen Aufgabe in die Ausbildung der Einsamkeit geschickt (siehe Joseph im Gefängnis, Mose hinter der Wüste, David bei den Schafen, Paulus in Arabien).

Nicht zuletzt war es einfach die Erprobung seines Glaubens, seines Gehorsams und seiner Unterordnung unter den Willen Gottes. Wer so für den Herrn eifert (1. Kön 19,10), dem fällt es besonders schwer, zur Untätigkeit gezwungen zu sein. Und dann an einen Bach (nicht einmal Fluss) gehen zu müssen, dessen Austrocknung doch abzusehen war, erforderte Vertrauen und Gehorsam. Aber welcher Knecht wollte über den Befehl: „Verbirg dich“, murren, wenn es von Gottes heiligem Knecht Jesus heißt: „Jesus aber verbarg sich“ (Joh 8,59).

So tat Elia das einzig Richtige: „Er ging hin und tat nach dem Wort des HERRN.“ Und diese Haltung wäre auch für uns zum Segen.