Der Duden beschreibt „Initiative“ als den ersten tätigen Anstoß zu einer Handlung bzw. den ersten Schritt bei einem bestimmten Handeln. Weiter gefasst bezeichnet Initiative auch die Fähigkeit einer Person, aus eigenem Antrieb zu handeln, Entscheidungen zu fällen oder Unternehmungsgeist an den Tag zu legen.

In einer bestimmten Sache den ersten Schritt zu gehen, ist nicht einfach. Zu Recht heißt es im Volksmund: „Aller Anfang ist schwer“. Doch der erste Schritt ist nicht nur schwer, er entscheidet oft auch über den weiteren Weg, der gegangen wird. Deshalb ist es ganz entscheidend, in welche Richtung der erste Schritt führt und ob er durch Glauben oder Unglauben gekennzeichnet ist.

Im Buch Ruth beginnt jedes Kapitel damit, dass eine bestimmte Person eine Initiative ergreift. Wie der weitere Verlauf der jeweiligen Kapitel zeigt, erwiesen sich drei Initiativen als gut und richtig, während eine in die Irre führte. Drei Initiativen konnte Gott gutheißen, aber eine war nicht nach seinen Gedanken.

Elimelechs Initiative

„Und es geschah in den Tagen, als die Richter richteten, da entstand eine Hungersnot im Land. Und ein Mann von Bethlehem-Juda zog hin, um sich in den Gebieten von Moab aufzuhalten, er und seine Frau und seine beiden Söhne.“ (Kap. 1,1)

Zu Beginn des Buches Ruth wird uns Elimelech vorgestellt. Wegen einer Hungersnot im Land Juda ergreift er die Initiative und zieht mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen nach Moab. Er verlässt Juda, um in Moab für sich und seine Familie Nahrung zu finden. Aber damit verlässt er das Land, in dem Gott seinem Volk Segen verheißen hatte und weicht den Erziehungswegen Gottes mit seinem Volk aus. Die bitteren Folgen seines falschen Weges lassen nicht lange auf sich warten: Elimelech stirbt kurz danach im Land Moab.

Elimelechs Initiative, das verheißene Land zu verlassen, hatte nicht nur für ihn selbst überaus traurige Folgen, sondern auch für seine ganze Familie. Es war eine Initiative, die durch Unglauben und Eigenwillen gekennzeichnet war und deshalb nicht die Zustimmung Gottes fand.

Ruths Initiative

„Und Ruth, die Moabiterin, sprach zu Noomi: Lass mich doch aufs Feld gehen und unter den Ähren lesen hinter dem her, in dessen Augen ich Gnade finden werde.“ (Kap. 2,2)

Zu Beginn des zweiten Kapitels ergreift Ruth, die Moabiterin, die Initiative. Da Ruth und ihre Schwiegermutter Noomi nach ihrer Rückkehr aus dem Land Moab nichts zu essen haben, möchte Ruth aufs Feld gehen, um Ähren zu sammeln. Obwohl sie als Moabiterin keinerlei Rechte und Verheißungen im Land Juda hat (5. Mo 23,4), rechnet sie fest mit der Gnade Gottes und vertraut darauf, dass ihr jemand gestatten wird, auf dem Feld übrig gebliebene Ähren zu sammeln.

Ruths Initiative entstand aus der Not heraus und erwies sich – wie der weitere Verlauf der Geschichte zeigt – als richtig. Sie blieb nicht untätig im Haus und wartete auf die Fürsorge Gottes, sondern wurde aktiv und ging in gewisser Weise in Vorleistung. Sie hoffte auf die bedingungslose Gnade Gottes und wurde nicht enttäuscht. Ruths Initiative hatte nicht nur positive Folgen für sie selbst, sondern auch für Noomi: Beide wurden gesättigt.

Noomis Initiative

„Und Noomi, ihre Schwiegermutter, sprach zu ihr: Meine Tochter, sollte ich dir nicht Ruhe suchen, dass es dir wohl gehe? Und nun, ist nicht Boas, bei dessen Mägden du gewesen bist, unser Verwandter? Siehe, er worfelt diese Nacht auf der Gerstentenne. So bade dich und salbe dich und lege deine Kleider an und geh zur Tenne hinab.“ (Kap. 3,1–3)

Zu Beginn des dritten Kapitels ergreift Noomi die Initiative: Sie hat den Wunsch, ihrer Schwiegertochter Ruhe zu suchen, das heißt, sie will ihr helfen, einen Ehemann zu finden. Dazu gibt sie ihr den Rat, sich in der Nacht zur Gerstentenne zu begeben, wo Boas, ein Verwandter Noomis, in jener Nacht Getreide worfelt. Dort soll sie sich zu seinen Füßen niederlegen.

Noomis Initiative würden wir heutzutage in dieser Weise sicher nicht mehr empfehlen. Aber sie war in Übereinstimmung mit dem, was Gott in seinem Wort über das Lösen und die Schwagerpflicht gesagt hatte (5. Mo 25,5). In allem erkennen wir die weise Führung Gottes: Ruth vertraute sich in jener Nacht Boas an, und Boas war bereit, Ruth zu „lösen“, das heißt, sie als seine zukünftige Ehefrau anzunehmen. Wird in dem Rat, den Noomi Ruth gab, nicht etwas von dem Vertrauen Noomis in Boas, den Löser, sichtbar? Wir dürfen dem Herrn Jesus, unserem Erlöser, in vollkommener Weise vertrauen.

Boas’ Initiative

„Und Boas ging zum Tor hinauf und setzte sich dort. Und siehe, der Blutsverwandte ging vorüber, von dem Boas geredet hatte. Da sprach er: Komm her, setze dich hierher, du, der und der. Und er kam herzu und setzte sich. Und er nahm zehn Männer von den Ältesten der Stadt und sprach: Setzt euch hierher; und sie setzten sich.“ (Kap. 4,1.2)

Im letzten Kapitel des Buches ist es schließlich Boas, der die Initiative ergreift: Er möchte das Feldstück Noomis kaufen und Ruth, die Moabiterin, heiraten. Aber das kann er erst tun, nachdem der nähere Blutsverwandte auf sein Recht verzichtet hat, das Feldstück Noomis zu kaufen. Als dies geschehen ist, steht der Absicht von Boas nichts mehr im Weg. Er kann das Feldstück Noomis erwerben und Ruth heiraten.

Die Initiative Boas‘ war in völliger Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes (3. Mo 25,25 ff. und 5. Mo 25,5 ff.). In gleicher Weise wird der Herr Jesus sich in der Zukunft einmal seines bußfertigen Überrests annehmen und sich neu mit ihm verbinden (Jes 54,4–8). Das Ende des Buches zeigt die segensreichen Folgen, die die Initiative von Boas hatte: Obed, der Sohn von Boas und Ruth, wurde der Großvater Davids, des Königs nach dem Herzen Gottes (V. 21.22).

Fazit 

Wenn wir in einer bestimmten Sache die Initiative ergreifen, gehen wir darin den ersten Schritt. Das ist auch gut und richtig. Gerade als Ehemänner und Väter stehen wir vor Gott in der Verantwortung, Initiative zu ergreifen. Aber dieser erste Schritt hat nicht nur Auswirkungen für uns selbst, sondern auch für andere, vor allem für unsere Familie. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir den ersten Schritt im Glauben und in Abhängigkeit vom Herrn gehen und nicht im Unglauben und Eigenwillen. Der erste Schritt bestimmt maßgeblich die Richtung und den weiteren Verlauf des Weges, den wir gehen. Darum ist es so wichtig, dass wir uns bei jeder Initiative, die wir ergreifen, vom Herrn führen und leiten lassen.

(aus der Monatszeitschrift „Bleibt in mir“)