Gedanken zu 1. Johannes 1,5–2,2

Nachdem Johannes in den ersten vier Versen seines ersten Briefes das Wort des Lebens vorgestellt hat und gezeigt hat, dass die Kinder Gottes, die das ewige Leben haben, Gemeinschaft mit göttlichen Personen haben, macht er im zweiten Teil deutlich, wer dazu gehört und wer nicht. Bereits in der Zeit von Johannes gab es viele böse Irrlehren im Bereich des christlichen Bekenntnisses. Es gab Menschen, die meinten, Christen zu sein, aber furchtbare Irrlehren über den Herrn Jesus und die Gedanken Gottes verbreiteten. Dieser Abschnitt stellt diese Irrlehrer einerseits bloß. Andererseits beinhaltet er aber auch herrliche Segnungen für diejenigen, die wahre Kinder Gottes sind.

Eine Einteilung

Um diesen Abschnitt gut verstehen zu können, ist es wichtig, den Aufbau zu erkennen:

Zunächst stellt Johannes eine wichtige Wahrheit über Gott vor: Gott ist Licht. Damit knüpft er an den vorigen Abschnitt an. Dort hatte er vorgestellt, dass wir (die Kinder Gottes) Gemeinschaft mit dem Vater haben. Nun zeigt er, wer es ist, mit dem wir Gemeinschaft haben [1]. Interessant ist, dass Johannes diese Wahrheit positiv und negativ ausdrückt [2]. Das passt zu der Unterscheidung in den folgenden Versen.

Nach dieser Vorstellung der Botschaft nennt er drei Prüfsteine für jeden, der bekennt, ein Kind dieses Gottes zu sein. Dabei schreibt Johannes 12-mal „wir“. Es ist wichtig, zu verstehen, dass Johannes nicht immer die gleiche Gruppe von Menschen meint:

  • Immer dann, wenn er schreibt, „wenn wir sagen“, meint er bloße Bekenner, die kein Leben aus Gott haben. Das wird sehr deutlich an den Ausdrücken, die er in diesem Zusammenhang verwendet:

    • „wandeln in der Finsternis“ (s. 1,6)
    • „die Wahrheit ist nicht in uns“ (s. 1,8)

    • „so machen wir Gott zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns“ (s. 1,10)

Keine dieser Aussagen kann – in der Art, wie Johannes schreibt – auf ein Kind Gottes zutreffen. Wir werden das hoffentlich bei der Beschäftigung mit den einzelnen Versen sehen.

  • Wenn er dann aber in dem jeweils folgenden Vers „wir“ schreibt, nennt er Wahrheiten, die nur auf ein wahres Kind Gottes zutreffen.

Mit diesem Wissen können wir eine Einteilung dieses Abschnitts finden. Jedes Mal stellt Johannes zuerst Aussagen von Bekennern vor, die durch diese Aussagen deutlich machen, dass sie kein Leben aus Gott haben. Anschließend nennt er aber herrliche Wahrheiten und Segnungen, die zu den falschen Aussagen im Widerspruch stehen. Eine Tabelle soll helfen, diese Einteilung zu erkennen:

Aussage der falschen Bekenner

Wahrheit über die Kinder Gottes

Erster Prüfstein

Sie sagen, dass sie Gemeinschaft mit Gott haben, wandeln aber in der Finsternis (s. 1,6).

Wir wandeln im Licht und genießen dort herrliche Segnungen (s. 1,7).

Zweiter Prüfstein

Sie sagen, dass sie keine Sünde haben (s. 1,8).

Wir wissen, dass die Sünde in uns ist und wir deswegen leider noch sündigen. Aber wir dürfen diese Sünden bekennen und erfahren Vergebung und Reinigung (s. 1,9).

Dritter Prüfstein

Sie sagen, dass sie nicht gesündigt haben (s. 1,10).

Wir wissen, dass wir leider sündigen. Aber wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, der zugleich die Sühnung für unsere Sünden ist (s. 2,1.2).

Ein letzter Punkt ist noch wichtig. Die falsche Aussage der bloßen Bekenner knüpft immer an die vorher genannte Wahrheit an:

  • Johannes hatte von der Gemeinschaft mit göttlichen Personen und untereinander geschrieben (s. 1,3). Anschließend gibt Johannes das falsche Bekenntnis derer wieder, die behaupten Gemeinschaft zu haben, aber in der Finsternis wandeln. Das ist eine Lüge.

  • Johannes schreibt von dem Blut Jesu Christi, dass von aller Sünde reinigt. Anschließend nennt er die Aussage der falschen Bekenner, dass sie gar keine Sünde haben. Dadurch betrügen sie sich selbst und lehnen somit auch das Blut des Herrn Jesus ab.

  • Johannes schreibt, dass wir unsere Sünden bekennen können und sie uns vergeben werden. Anschließend gibt er die falsche Meinung der Menschen wieder, die behaupten, nicht gesündigt zu haben. Dadurch lügen diese Menschen nicht nur, sondern machen Gott zum Lügner.

Diese Menschen lügen, verachten das hingegebene Leben des Herrn, stellen Gott als Lügner dar und schmähen sein Gnadenangebot. In der abstrakten Sicht von Johannes ist es unmöglich, dass solche Menschen Kinder Gottes sind. Sie sind Feinde Gottes, bekennen sich aber zum Christentum – wie furchtbar!

Die Botschaft (1,5)

Johannes und die Apostel hatten von dem Herrn Jesus eine Botschaft empfangen. Diese Botschaft verkündigte Johannes nun den Empfängern und dadurch auch uns.

Das Wort für „Botschaft“ kommt nur noch ein weiteres Mal vor. In 1. Johannes 3,11 teilt Johannes eine weitere Botschaft mit: „Denn dies ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir einander lieben sollen“. Beides sind Botschaften, die die Jünger von dem Herrn Jesus empfangen haben – Er war gewissermaßen als der Mensch vom Himmel der Überbringer der Botschaft (Joh 8,29).

Der Inhalt der Botschaft ist nichts Geringeres als eine Offenbarung Gottes. Der Herr Jesus hat mitgeteilt, wer Gott in sich selbst ist, oder um es mit anderen Worten zu sagen: Was die Natur Gottes ist [3].

Gott ist Licht. Was das in seiner ganzen Tiefe bedeutet, können wir nicht erfassen, schließlich geht es um Gott selbst. Wir verstehen aber, dass Gott völlig rein und heilig ist (das ist vielleicht mehr der Gedanke bei „gar keine Finsternis in ihm“). Und wir verstehen auch, dass Gott sich offenbart. Licht leuchtet. So ist es auch bei Gott. Zu jeder Zeit hat Gott etwas von sich offenbart. Doch als der menschgewordene Sohn Gottes auf der Erde war, hat Gott sich in Ihm vollständig offenbart.

Mit diesem Gott, der Licht ist, dürfen wir Gemeinschaft haben (1,3). Da „gar keine Finsternis in ihm ist“, können jedoch nur diejenigen Gemeinschaft mit Ihm haben, die Leben aus Gott haben, die passend gemacht sind für Ihn, indem sie das gleiche Leben haben. Das führt zu dem ersten Prüfstein.

Der erste Prüfstein (1,6.7)

Der erste Prüfstein hat mit der herrlichen Wahrheit zu tun, dass Menschen mit dem Gott, der Licht ist, Gemeinschaft haben.

Wandel in der Finsternis (1,6)

„Dass wir Gemeinschaft mit ihm haben“ ist eine Aussage, die nur derjenige treffen kann, der wirklich ein Kind Gottes ist. Denn nur solche, die das ewige, göttliche Leben haben, können Gemeinschaft mit Gott haben (Joh 17,3).

Wenn jedoch jemand sagt, er hätte Gemeinschaft mit Gott und [4] wandelt in der Finsternis, muss dieses Bekenntnis falsch sein. In der Finsternis zu wandeln beschreibt nicht, wie unser praktischer Wandel ist, sondern wo er stattfindet [5]. An dem „Ort der Finsternis“ zu wandeln bedeutet, weder Gott noch seine Gedanken über uns und die Welt zu kennen.

Dann nennt Johannes die beiden Folgen des Bekenntnisses, Gemeinschaft mit Gott zu haben, obwohl man in der Finsternis wandelt:

  1. so lügen wir“: Das bezieht sich auf das Bekenntnis – wenn wir das sagen und trotzdem in der Finsternis sind, lügen wir.

  2. und tun nicht die Wahrheit“: Das bezieht sich auf den Wandel. Der Wandel in der Finsternis wird darin sichtbar, dass jemand nicht die Wahrheit tut. Er handelt also beständig gegen die Offenbarung Gottes, die wir in dem Herrn Jesus haben.

Johannes macht also deutlich, dass das Bekenntnis, Gemeinschaft mit Gott zu haben, in Verbindung mit einem Wandel in Finsternis falsch ist. Es ist ein falsches Bekenntnis von Ungläubigen.

Wandel im Licht (1,7)

Im Anschluss nennt Johannes drei herrliche Segnungen, die auf solche zutreffen, die wirklich Gemeinschaft mit Gott haben, weil sie Kinder Gottes sind:

  1. Wenn wir aber in dem Licht wandeln, wie er in dem Licht ist“: Das ist der grundsätzliche Wandel vor den Augen eines offenbarten und gekannten Gottes. Wir führen unseren Wandel dort, wo auch Gott ist [6].

  2. so haben wir Gemeinschaft miteinander“: Auch das ist eine für Johannes typische Feststellung. Er sagt nicht „dann sollen wir auch Gemeinschaft miteinander haben, sondern, dass wir sie haben. Als solche, die im Licht sind, haben wir ein gemeinsames Teil [7] an dem, der auch im Licht ist. Es ist die „Gemeinschaft der Augen, die dasselbe sehen“ [8] – nämlich den durch den Herrn Jesus offenbarten Gott.

  3. das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“: Die letzte Segnung ist zugleich die Voraussetzung für die ersten beiden. Die Frage unserer Sünden kann nicht einfach übergangen werden. Aber für Gläubige ist sie gelöst. Reinigung bedeutet, dass wir ohne Sünde vor Gott stehen [9].

    Wir können überhaupt nur deswegen im Licht wandeln und Gemeinschaft miteinander haben, weil wir durch das Opfer [10] des Herrn Jesus von aller Sünde gereinigt sind.

    Johannes stellt – in seiner typischen Art – die Wirkung des Blutes vor: es reinigt. Weil es das geopferte Leben von „Jesus“, „seines Sohnes“ ist, vermag es von „aller Sünde“ zu reinigen.

Für die wahren Kinder Gottes, die Leben aus Ihm haben, gibt es also herrliche Segnungen.

Der zweite Prüfstein (1,8.9)

Der erste Prüfstein hat mit der Gemeinschaft mit Gott zu tun, der zweite mit unserer Sünde.

Keine Sünde? (1,8)

Wieder schreibt Johannes „wenn wir sagen“. Auch dieses Mal geht es um eine Aussage, die von einem Ungläubigen stammt [11]. Das macht bereits der Zusammenhang zum vorigen Vers, an den Johannes diese Aussage anknüpft, sehr deutlich: Der herrlichen Wahrheit, dass das Blut Jesu, des Sohnes Gottes, von aller Sünde reinigt, wird entgegengebracht, dass man doch gar keine Sünde [12] hat. Man sagt, dass das Opfer des Herrn gar nicht nötig gewesen ist, weil man ja keine Sünde hat – wie furchtbar [13]!

Wieder nennt Johannes zwei Folgen für diejenigen, die so etwas Falsches behaupten:

  1. Sie betrügen sich selbst: Das heißt, dass sie sich selbst in die Irre führen. Sie reden sich etwas ein, was falsch ist und sie von allem, was wahr ist, wegführt.

  2. Die Wahrheit ist nicht in ihnen: Das ist wieder ein deutlicher Beweis dafür, dass es um Ungläubige geht. Die Wahrheit ist die Summe der christlichen Lehre. Der Herr Jesus ist ihr Mittelpunkt und ihre „Verkörperung“. Er selbst sagt, dass Er die Wahrheit ist (Joh 14,6). In einem Menschen, der behauptet, die Sünde wäre nicht in ihm, ist also die Wahrheit nicht. Christus ist nicht in ihm [14]. Das trifft in der abstrakten Art zu schreiben, wie Johannes es tut, nur auf Ungläubige zu [15].

Sünden bekennen (1,9)

Im Unterschied zu der Aussage der Ungläubigen in Vers 8 nennt Johannes wieder herrliche Segnungen für die Kinder Gottes. Sie wissen, dass die Sünde noch in ihnen ist und leider immer wieder dazu führt, dass sie sündigen. Aber Gott hat auch dafür eine großartige Lösung: Wir dürfen unsere Sünden bekennen und Vergebung und Reinigung erfahren [16].

Sünden zu bekennen bedeutet, sie Gott frei heraus zu sagen. Dazu ist es nötig die Sünde zu erkennen („es war Sünde“) und sie anzuerkennen („ich habe diese Sünde getan“). Dann können wir sie Gott bekennen („Mein Gott, ich habe gesündigt, indem ich...“).

Anschließend schreibt Johannes, was Gott ist („treu und gerecht“) und was Er deswegen tut („Er vergibt und reinigt“):

  • Gott ist treu: Gott steht zu dem Werk des Herrn Jesus auf Golgatha [17]. Auf Golgatha hat der Herr Jesus die Frage der Sünden der Gläubigen für immer gelöst.

  • Gott ist gerecht: Er straft Sünde nur einmal. Das hat Er bereits auf Golgatha an dem Herrn Jesus getan und wird es deswegen nicht noch einmal an uns tun. Er ist gerecht, wenn Er den rechtfertigt, der an Jesus glaubt (Röm 3,26b).

  • Gott vergibt uns die Sünde: Sündenvergebung bedeutet, dass Gott die Sünde nicht mehr als Anklagepunkt vor uns bringen wird (Heb 8,12). Er wirft uns nicht mehr vor, was wir getan haben und wird uns dafür auch nicht richten.

  • Gott reinigt uns von unserer Ungerechtigkeit: Er reinigt uns auch von allem, was nicht zu Ihm passt, so dass wir ohne Befleckung vor Ihm stehen [18].

Aufgrund der Vergebung müssen wir keine Angst haben und vor Gott weglaufen, wie Adam es tat. Aufgrund der Reinigung können wir freudig die Gemeinschaft mit Gott genießen, weil nichts an uns haftet, was nicht zu Ihm passt.

Wichtig ist, dass diese herrlichen Folgen nicht an unserer Treue und Gerechtigkeit liegen. Wie sollten sie auch? Es geht ja darum, dass wir gesündigt haben. Gott vergibt und reinigt nicht wegen dem, was wir sind, sondern wegen dem, was Er ist – uns sind die Sünden „um seines Namens willen“ vergeben (2,12). Das gibt uns absolute Sicherheit!

Der dritte Prüfstein (1,10–2,2)

Der erste Prüfstein hatte mit der Gemeinschaft zu tun, der zweite Prüfstein mit der Sünde. Dieser letzte Prüfstein hat mit den Sünden zu tun.

Nicht gesündigt (1,10)

Johannes hatte vorgestellt, dass wir unsere Sünden bekennen und dann Vergebung und Reinigung auf Grundlage des Werkes des Herrn erfahren. Nun folgt wieder „wenn wir sagen“ und wieder ist es eine Aussage von Ungläubigen. Dem Angebot der Sündenvergebung begegnen sie mit der Aussage, nicht gesündigt zu haben. Sie meinen also, keine Vergebung und Reinigung nötig zu haben.

Die Aussage „wir haben nicht gesündigt“ bedeutet, dass ein Mensch zurück auf sein ganzes Leben schaut und sagt, dass er nie etwas getan hat, was gegen Gott und seine Gedanken ist [19]. Auf keinen Fall kann diese Aussage von einem Gläubigen stammen. Das erste, was der Mensch im Glauben erkennt, ist, dass er ein Sünder ist und von einem heiligen und gerechten Gott verdammt werden muss. Am Kreuz findet er dann Vergebung und das ewige Heil.

Die Folge einer solchen Aussage ist die mit Abstand schärfste der bisher genannten. Es ist nicht nur Lüge und Selbstbetrug, sondern man macht Gott damit zum Lügner. Gott hat im Alten und im Neuen Testament deutlich bezeugt, dass „alle gesündigt haben“ (Ps 14,3; Röm 3,23). Wer etwas anderes sagt, behauptet, dass Gott lügt. Das aber ist völlig unmöglich (Tit 1,2; Heb 6,18).

Außerdem offenbart sich durch diese Aussage, dass das Wort Gottes nicht in einem solchen Menschen ist. Er hat es nie aufgenommen und kann daher nicht gläubig sein [20].

Der Sachwalter bei dem Vater (2,1)

Die ersten beiden Verse des zweiten Kapitels gehören inhaltlich zu dem ersten Kapitel. Wie bei den zwei vorherigen Abschnitten zeigen sie die Segnungen der Kinder Gottes im Unterschied zu den falschen Behauptungen der bloßen Bekenner.

Es ist völlig falsch zu sagen, dass wir nicht gesündigt haben. Wir haben es und tun es leider immer noch. Natürlich ist das Ziel, dass Kinder Gottes nicht sündigen. Deswegen fügt Johannes die wichtige Warnung in Vers 1a ein [21]. Wir wandeln im Licht. Wenn wir dort sündigen, sündigen wir im Licht. Dadurch verlieren wir auch den praktischen Genuss an der Gemeinschaft, die wir im Licht mit dem Vater, dem Sohn und den Gläubigen haben.

Nach dieser wichtigen eingefügten Wahrheit folgt wieder das „wenn“, wie in den Versen 7 und 9. Allerdings bezieht Johannes das Sündigen auf jeden persönlich.

In diesem Vers ist fast jedes Wort beeindruckend und wichtig in Bezug auf den Sachwalter:

  1. Wenn jemand: Johannes zeigt, dass jeder sündigen kann, aber auch, dass es jeden persönlich betrifft [22]. Der Sachwalter ist im Fall für jeden persönlich da.

  2. Gesündigt hat: Es geht um einzelne Sünden, um Fehltritte, die leider bei jedem vorkommen, solange wir noch auf der Erde sind [23]. Dann ist der Sachwalter nötig.

  3. Wir haben: Wenn es in unserem Leben zu einer Sünde gekommen ist, müssen wir nicht erst auf die Suche nach einem Sachwalter gehen. Wir haben Ihn schon. Er ist immer da. Und tatsächlich ist Er schon tätig, bevor wir sündigen, um uns von der Sünde abzuhalten und um eine Umkehr möglich zu machen [24].

  4. Einen Sachwalter: Ein Sachwalter nimmt sich der Sache an, um sie wieder in Ordnung zu bringen [25]. Einerseits tröstet er, um uns davor zu bewahren, an unserem Heil zu zweifeln und das Glaubensvertrauen zu verlieren. Andererseits will Er uns zum Bekenntnis führen (1,9).

  5. Bei dem Vater: Der Sachwalter steht uns zur Seite, ist aber zugleich bei dem Vater und in Beziehung zu Ihm [26]. Das zeigt, worum es geht. Er führt uns dahin, dass wir die Beziehung zum Vater wieder ungetrübt genießen und in der Gemeinschaft mit Ihm wieder Freude haben können [27].

  6. Jesus Christus: Nun finden wir, wer der Sachwalter ist. Es ist „Jesus“, der auf Golgatha die Grundlage zu unserem ewigen Heil gelegt hat. Und es ist „Christus“, der jetzt verherrlicht im Himmel ist.

  7. Den Gerechten: Das hat mindestens eine doppelte Bedeutung: Einerseits ist Er unsere Gerechtigkeit bei dem Vater. Weil Er dort ist, bleibt unser Heil ewig gesichert (1. Kor 1,30; 2. Kor 5,21). Andererseits ist Er während seines ganzen Lebens auf der Erde der Gerechte gewesen und ist deswegen „kompetent“ sich unserem „Fall“ anzunehmen.

Dieser Dienst unseres Herrn im Himmel ist also dazu da, um uns vor Sünden zu bewahren und uns im traurigen Fall, dass wir uns nicht bewahren ließen, wiederherzustellen. Es ist beeindruckend, dass der Herr sich noch immer um unsere Sünden kümmert. Er hat auf Golgatha so sehr „für unsere Sünden gelitten“ (1. Pet 3,18) und dennoch nimmt Er sich uns immer noch an, wenn wir gesündigt haben. Das Ziel ist, dass wir die Gemeinschaft, in die wir zu Ihm und dem Vater gesetzt sind, ungetrübt genießen können.

Die Sühnung für unsere Sünden (2,2)

Nun ergänzt Johannes einen weiteren Gedanken. Es ging um die Sünden der Kinder Gottes. Der Sachwalter nimmt sich dieser Sache an. Doch die Frage könnte gestellt werden, ob Gott uns trotz der geschehenen Sünde annimmt. Antwort darauf gibt dieser Vers.

Sühnung bedeutet „Beschwichtigung“ oder „Beruhigung“. Gott zürnt über Sünde (Joh 3,36). Doch der Herr Jesus hat Gott „beschwichtigt“. Er hat durch sein Werk und in seiner Person die Sünde der Gläubigen vor den Augen zugedeckt [28]. Nun sieht Gott nicht auf die Sünde, sondern auf „Jesus Christus, den Gerechten“, der das Werk auf Golgatha vollbracht hat. Christus ist also die Garantie dafür, dass Gott uns angenommen hat und sich daran nichts ändern wird, selbst dann, wenn wir nochmals sündigen. In seiner Liebe hat Gott uns dazu seinen Sohn gesandt (4,10) [29].

Der Nachsatz mag zunächst verwundern, weil man bei einem oberflächlichen Lesen auf die falsche Lehre der Allversöhnung kommen könnte. Das ist aber nicht gemeint. Es geht um Sühnung und nicht um Stellvertretung [30]. Johannes zeigt damit die Größe des Werkes und der Person des Herrn Jesus. Seine Person und dadurch auch sein Werk ist so groß, dass Er Gott im Blick auf die ganze Welt befriedigt hat. Nutzen daran haben aber nur diejenigen, die Christus im Glauben annehmen.

Damit endet dieser Abschnitt, indem unterschieden wurde zwischen solchen, die bloße Bekenner sind, ohne Leben aus Gott zu haben, und solchen, die wahre Kinder Gottes sind. Über die erstgenannten wurden vernichtende Urteile ausgesprochen. Den Letztgenannten wurden herrliche Segnungen mitgeteilt, die sie in und durch den Herrn Jesus und in der Gemeinschaft mit dem Vater haben.


Fußnoten:

  1. „Vater“ bezieht sich in neutestamentlicher Bedeutung auf die Beziehung (in einem allgemeineren Sinn auf den Ursprung, was hier aber nicht der Gedanke ist). Gott bezieht sich auf die Natur Gottes, das, was Er ist.
  2. „Gott ist Licht“ ist die positive Seite. Das ist das Wesen Gottes. Im Blick auf die folgenden Verse steht diese Seite mit den wahren Gläubigen in Verbindung, die im Licht wandeln. „Gar keine Finsternis in ihm“ ist die negative Seite. Es zeigt, was bei Gott nicht ist und steht mit den ungläubigen Bekennern in Verbindung, die in der Finsternis wandeln.
  3. In den ersten vier Versen ging es um die Beziehung, die wir zu göttlichen Personen haben. Dabei steht der Vater im Vordergrund. Zu einem Vater hat man eine Beziehung. So ist es auch mit unserem himmlischen Vater. In Vers 5 geht es aber nicht darum, was Gott in Beziehung zu anderen ist, sondern was Er selbst ist.
  4. Es ist ein adversatives „und“, also ein „und“, welches einen Gegensatz bildet. Man könnte auch übersetzen „aber“, „und trotzdem“.
  5. Das Wort wandeln steht in der Präsens-Form. Es geht also um einen gewohnheitsmäßigen oder beständigen Wandel. Das kann nicht auf einen Gläubigen zutreffen. Besonders bei der abstrakten Schreibweise von Johannes kann es sich nur um Ungläubige handeln.
  6. Das ist bei einem Gläubigen immer so. Er wandelt im Licht, selbst dann, wenn er sündigt. Das macht die Sünde eines Gläubigen so furchtbar. Er sündigt, obwohl er Gott kennt und weiß, dass er von Ihm gesehen wird.
  7. Gemeinschaft zu haben bedeutet, ein gemeinsames Teil (Interesse, Ziele, etc.) mit anderen zu haben.
  8. Briem, Christian: Das ist das ewige Leben, CSV-Verlag
  9. Das ist ein etwas anderer Gedanke als Vergebung und Rechtfertigung. Vergebung bedeutet, dass Gott uns eine Sünde nicht mehr vorhält (Heb 8,12). Reinigung bedeutet, dass Gott an uns keine Sünde mehr sieht (Off 1,5; 7,14). Rechtfertigung hingegen meint, dass wir als Gerechte vor Gott stehen, als hätten wir nie gesündigt.
  10. Das Blut hat immer mit dem Opfer zu tun. Dabei geht es nicht um das tatsächliche Blut des Herrn, dass an den sieben Stellen seines Körpers ausgetreten ist. Es ist ein Bild von seinem hingegebenen Leben – er hat seine Seele ausgeschüttet in den Tod (Jes 53,12).
  11. Es gibt einen Unterschied zu Vers 6. Dort beweist der Gegensatz zwischen der Aussage (Wir haben Gemeinschaft mit Gott) und der Realität (Wandeln in Finsternis), dass es sich um Ungläubige handelt. Hier und in Vers 10 beweist die Aussage selbst, dass diejenigen, die sie treffen, ungläubig sind.
  12. Mit der Sünde ist hier die „in uns wohnende Sünde“ (Röm 7,17) gemeint. Das ist die Sünde als Quelle jeder Tatsünde, die seit dem Sündenfall in der Welt ist (Röm 5,12).
  13. Es mag sein, dass es Kinder Gottes gibt, die aufgrund einer falschen Belehrung zu einer ähnlichen falschen Aussage kommen. Vielleicht haben sie nicht verstanden, dass es die Sünde als in uns wohnenendes böses Prinzip gibt. Oder sie wurden belehrt, dass bereits mit der Bekehrung auch die Sünde als Prinzip weggetan wurde. Darum geht es hier aber nicht. Johannes schreibt in einer Zeit, in der es die Irrlehre gab, dass nur die Materie böse ist, aber der Mensch an sich immer vollkommen war und das nur erkennen muss. Es ist eine furchtbare Irrlehre, die die Person des Herrn und sein Werk leugnet.
  14. „Christus ist die Verkörperung von Wahrheit. Da auch das Wort Gottes (als Instrument) die Wahrheit (Joh 17,7) und auch der Heilige Geist (als tätige Kraft) die Wahrheit ist (1. Joh 5,6), bedeutet die Aussage „In ihm ist die Wahrheit nicht“ nichts Geringeres, als dass weder Christus, noch das Wort Gottes, noch der Heilige Geist in solch einem Menschen ist. Vernichtendes Urteil!“ (Briem, Christian: Das ist das ewige Leben, CSV-Verlag)
  15. Ein Vergleich mit 2. Joh 2 macht das sehr deutlich. Dort wird „die Wahrheit“ auch personifiziert und klar gesagt, dass die Wahrheit in uns bleibt und mit uns sein wird in Ewigkeit. Das steht im völligen Widerspruch zu der Feststellung in unserem Vers. Somit kann sich unser Vers nur auf Ungläubige beziehen.
  16. Hier wird wieder ein grundsätzlicher Gedanke genannt. Das Gott auf das Bekenntnis von Sünden Vergebung schenkt, trifft sowohl auf die Bekehrung zu wie auch auf das praktische Selbstgericht und Bekenntnis eines Gläubigen. Es gibt Ausleger, die hier in erster Linie an die Bekehrung denken und andere, die in erster Linie an das Bekenntnis von Gläubigen denken, die gesündigt haben. In Verbindung mit der in der Einleitung genannten Struktur scheint es mir zunächst um das Bekennen der Sünden von Kindern Gottes zu gehen.
  17. Das Gott treu ist bedeutet, dass Er zuverlässig ist. Dabei werden verschiedene Punkte in der Schrift gezeigt, im Blick auf was Er treu ist. Bspw. ist Er treu im Blick auf sich selbst (2. Tim 2,13), Er ist treu im Blick auf seine Verheißungen (Röm 3,3) und er ist treu im Blick auf das Werk des Herrn Jesus.
  18. Vergebung hat mit der sündigen Tat zu tun. Wir tun eine Sünde und diese wird uns vergeben. Reinigung hat es mit den Folgen der sündigen Tat zu tun. „Ungerechtigkeit ist alles das, was im Gegensatz zu dem gerechten Wesen Gottes steht“ (Christian Briem). Durch eine sündige Tat sind wir mit Dingen befleckt, die im Widerspruch zu Gott stehen. Davon reinigt uns Gott, wenn wir die Sünden bekennen.
  19. Das ist die gnostische Irrlehre, die im 2.Jhd aufkam und leider bis heute in der bekennenden Christenheit vorhanden ist. Sie sagt, dass der Mensch vollkommen ist und geht sogar soweit, das Böse dem Schöpfergott vorzuwerfen.
  20. Das Wort ist „logos“. Es geht nicht um direkte Aussprüche, sondern um die Gedanken Gottes. Das ist weiter als „die Wahrheit“, die die christliche Lehre ist. Das Wort sind alle Gedanken Gottes, vom ersten bis zum letzten Blatt der Bibel.
  21. Das scheint wie eine Art Einleitung für Vers 1b und 2 zu sein. Bevor Johannes den Sachwalter vorstellt, der sich um uns kümmert, wenn wir gesündigt haben, macht er deutlich, dass es allerdings nicht das Ziel ist, zu sündigen.
  22. Johannes sagt nicht „wenn wir gesündigt haben“, obwohl das passender zu den bisherigen Versen gewesen wäre, sondern „wenn jemand gesündigt hat“. Er will zeigen, dass die Sünde eine persönliche Sache und ein Ausnahmefall für Kinder Gottes ist.
  23. Es geht um einzelne Sünden, um jeden Akt von Sünde und nicht nur um einen sündigen Zustand. Das macht die Zeitform (Aorist) deutlich. Im Unterschied dazu steht in Kap 3,9 der Präsens.
  24. Die Verleugnung des Herrn durch Petrus ist ein bewegendes Bild für den Dienst des Sachwalters. Er gibt Petrus bereits vorher sein Wort (um ihn vor der Sünde zu bewahren) und betet bereits vorher für ihn (damit sein Glaube durch die Sünde nicht aufhört). Nachdem Petrus gesündigt hat, ist er tätig, um ihn wiederherzustellen (der Blick des Herrn (Lk 22), das persönliche Gespräch (1. Kor 15) und die tiefgehende Wiederherstellung in Johannes 21).
  25. Das Wort 'parakletos' zeigt jemanden, der einem zur Seite gestellt wird. Die Grundbedeutung ist „an die Seite Gerufener“. Das Wort selbst kommt von dem Verb 'parakaleo', was „ermuntern“, „ermahnen“ oder „trösten“ bedeutet. Es geht nicht um einen Strafverteidiger, der uns vor Gott „retten“ muss, sondern um jemanden, der uns zur Seite steht, damit wir die Sache wieder in Ordnung bringen, um die Gemeinschaft mit dem Vater wieder genießen zu können.
  26. Die griechische Präposition, die hier mit „bei“ übersetzt wird, zeigt wie in Vers 2 nicht nur einen Ort, sondern eine Beziehung.
  27. Durch die Sünde ändert sich nichts an unserer grundsätzlichen Beziehung und Stellung. Nur der Genuss geht verloren, weil diese Beziehung praktischerweise getrübt ist. Gott bleibt unser Vater und liebt uns – auch dann, wenn wir gesündigt haben.
  28. Das erste Mal, dass das Wort Sühnung in der Bibel in diesem Sinn genutzt wird, ist in 1. Mo 32,21. Vor dieser Begebenheit dachte Esau im Zorn an Jakob. Doch dann schaute er auf das Geschenk und wurde „beschwichtigt“. Er sah nicht mehr die bösen Listen seines Bruders, sondern dessen Geschenk. Dadurch war die Grundlage geschaffen, dass Esau seinen Bruder annehmen konnte. Das ist die Erklärung von Sühnung: Gott schaute in Zorn auf unsere Sünden. Doch als Christus sich selbst gab, schaute Gott auf Ihn und war völlig befriedigt. Auf dieser Grundlage kann Gott uns annehmen.
  29. Daran wird deutlich, dass Gott Licht und Liebe ist. Er zürnt über Sünde, weil Er Licht ist. Aber Er sendet seinen Sohn als Sühnung, weil Er auch Liebe ist.
  30. Sühnung ist die Gott zugewandte Seite. Stellvertretung die uns zugewandte Seite. Stellvertretung erfährt nur derjenige, der das Werk des Herrn im Glauben angenommen hat. Sühnung hat der Herr Jesus für Gott bewirkt. Aber Sühnung ist wie o.g. die Grundlage dafür, dass Gott Vergebung anbieten kann.