Fast immer, wenn darüber gesprochen wird, dass wir nicht die Wunder der Anfangszeit der Christenheit zu erwarten haben, wird dem mehr oder weniger mit dem Satz widersprochen: „Gott tut auch heute noch Wunder“.

Wie ist das zu bewerten? Ich denke, dass es hilfreich ist, wenn wir am Anfang den Begriff „Wunder“ definieren. Wenn damit gemeint ist, dass Gott wunderbare Dinge tut, dass er Wege führt, die über das menschliche Fassungsvermögen hinausgehen, dass er „Zufälle“ bewirkt, die sich im Nachhinein als genial herausstellen, dann kann man nur sagen: Solche Wunder gab und gibt es immer.

Wenn man Wunder etwas enger definiert und darunter versteht, dass Gott sichtbar die Naturgesetze aushebelt, die er selbst gegeben hat (Teilung eines Meeres; die Erde dreht sich nicht weiter; der Sonnenzeiger geht plötzlich rückwärts etc.), dann ist das nicht etwas, was Gott beständig in gleicher Weise tut. Es ist offenbar in aller Regel nicht Gottes Weise, so in seine Schöpfung einzugreifen. Zu bestimmten Zeiten finden wir, dass Gott verstärkt in dieser Weise handelt, aber am Ende der Tage erwarten wir das noch weniger als sonst, gleichwohl Gottes Macht in sich niemals beschränkt ist.

Und dann muss man bei Wundern auch noch etwas Weiteres berücksichtigen. Zu gewissen Zeiten hat Gott in die Hände der Menschen die Macht gelegt, Wunder zu wirken (Mose, Elia, Elisa, die Apostel etc.). Das waren aber Ausnahmen für besondere Situationen. Wir glauben nicht, dass das heute noch geschieht, und dass Christen mit solchen Wunderkräften ausgestattet werden, wodurch Tote auferweckt werden und dergleichen mehr.

Man kann zwar sagen, dass Gott heute noch Wunder tut, dennoch sollte man nicht außer Acht lassen, dass wir nicht in der Anfangszeit einer neuen Epoche leben, die Gott gemeinhin durch Wunder beglaubigt hat.