Gott erwartet von uns nicht, dass wir durch Versenkung in unser Inneres Gefühle heraufholen für die Leiden unseres Herrn, sozusagen als fromme Eigenleistung uns hineinversetzen wollen in seine Empfindungen. Gottes Wort leitet uns vielmehr an, von uns wegzublicken auf Ihn hin, der in Gethsemane in ringendem Kampf liegt, der von rohen Soldaten angespien, gegeißelt und mit der Dornenkrone „gekrönt“ wird, der – am Kreuz hängend  – Schmerzen des Leibes und der Seele erduldet und schließlich gar in der Finsternis von Gott verlassen wird.

Wir vernehmen seine Worte, mit denen Er den Vater um Vergebung bittet für seine Peiniger, dem Räuber verheißt, mit Ihm im Paradiese zu sein, und seine Mutter der Fürsorge des Jüngers anbefiehlt. Wir hören schließlich sein „Es ist vollbracht!“, erblicken die geöffneten Retterarme. Sein Auge trifft auch uns und bezeugt uns: „Dies alles-- zu eurem Frieden!“ Wahre Zuneigung des Herzens entspringt daraus, dass man ihn anschaut und ihm zuhört und von Ihm angerührt wird.

[Aus dem Kalender “Der Herr ist nahe“; Jahrgang 1996]