„Und im zwölften Monat, das ist der Monat Adar, am dreizehnten Tag desselben, als das Wort des Königs und seine Anordnung zur Ausführung kommen sollten, an dem Tag, als die Feinde der Juden gehofft hatten, sie zu überwältigen (es wandte sich aber, so dass sie, die Juden, ihre Hasser überwältigten), ...“ (Esther 9,1).

Wenn Gott eine Lage wendet, wer oder was kann sich dann dagegen stellen? Das gilt sowohl im Guten als auch im Bösen, im Segen wie im Gericht. In unserer Schriftstelle haben wir beides: Eine unverhoffte Wende zum Segen für die von der Vernichtung bedrohten Juden und eine ebenso unverhoffte Wende zum Gericht für ihre Feinde, die zu triumphieren geglaubt hatten.

Das Buch Esther ist ja ein sehr spezielles Buch, und es könnte uns vielleicht sogar wundern, warum es überhaupt in Gottes Wort aufgenommen worden ist – denn der Name Gottes kommt kein einziges Mal darin vor. Aber dafür ist Gottes Handeln hier offensichtlich, wenn auch im Verborgenen. Wir könnten in dem oben angeführten Vers das kleine Wort „es“ eigentlich durch „Gott“ ersetzen: „Gott wandte es aber ...“!

Doch warum steht es so nicht dort? Weil Gott sich öffentlich von seinem Volk hatte lossagen müssen. Er hatte sie aus Ägypten befreit und nach Kanaan gebracht, damit sie dort ein Zeugnis für Ihn sein sollten und durch sie als Volk die Erkenntnis Gottes auf der Erde ausgebreitet würde. Aber sie hatten vollständig versagt und sich den Götzen zugewandt, so dass eine überaus traurige „Wende“ für sie eintrat: „Sie aber sind widerspenstig gewesen und haben seinen heiligen Geist betrübt; da wandelte er sich ihnen zum Feind; er selbst kämpfte gegen sie“ (Jes 63,10).

Hätten sie nur vorher selbst die „Wende“ vollzogen und wären zu ihrem Gott umgekehrt! Er hatte sich doch reichlich durch die Propheten an ihnen bezeugt, musste aber feststellen: „Ephraim ist wie ein Kuchen geworden, der nicht umgewendet ist“ (Hos 7,8). Bei den Kuchen damals, die auf heißen Steinen gebacken wurden, war die Unterseite warm und die Oberseite kalt. Dieses einfache Bild gebraucht Gott, um seinem Volk zu zeigen, dass Er sich so sehr nach der Wärme ihrer Zuneigungen sehnte, sie Ihm aber nur die kalte Seite zeigten und keine Wende zu Ihm hin stattfand.

So waren sie in die Gefangenschaft gekommen und damit in Schmach und Schwierigkeiten. Gott konnte sich nicht mehr öffentlich zu ihnen bekennen und nannte sie „Lo-Ammi“, d. i. „Nicht-mein-Volk“ (Hos 1,9). Aber weil die Gnadengaben und die Berufung Gottes unbereubar sind (Röm 11,29), wachte Er im Verborgenen über sie.

Das Buch Esther berichtet von Haman, dem Günstling des Königs Ahasveros, der seine Machtposition dazu benutzen wollte, das Volk der Juden auszurotten. Es ging bis zum Äußersten, doch Gott benutzte Mordokai und Esther sowie das Fasten und Flehen der Juden, um die „Wende“ herbeizuführen. Zum Schluss nimmt Mordokai, ein Bild des Herrn Jesus im Tausendjährigen Reich, die Machtstellung Hamans zum Wohl und Segen von Juden und Nationen ein, aber zum Gericht der Feinde.

Dieses „verborgene Bild“ wird sich in der Zukunft vor aller Welt sichtbar erfüllen. Gott wird am Herzen und Gewissen eines treuen Überrestes seines Volkes wirken, so dass sie ihre Schuld bekennen und zu Ihm umkehren. Dann wird Er die „Wende“ herbeiführen, die Er schon im Gesetz Moses angekündigt hatte: „Wenn ... du es zu Herzen nimmst ... und umkehrst ..., so wird der Herr, dein Gott, deine Gefangenschaft wenden und sich deiner erbarmen; und er wird dich wieder sammeln aus all den Völkern, wohin der Herr, dein Gott, dich zerstreut hat“ (5. Mo 30,1–3; vgl. auch Jer 29,14; Hes 39,25; Amos 9,14; Zeph 3,20 u. a.). Und der Urteilsspruch, aufgrund dessen der Name Gottes im Buch Esther nicht erwähnt werden konnte, wird aufgehoben werden: „Ich will zu Lo-Ammi sagen: ‚Du bist mein Volk'; und es wird sagen: ‚Mein Gott'“ (Hos 2,25). Im Blick auf ein solches Handeln Gottes muss der Apostel Paulus anbetend ausrufen: „O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege!“ (Röm 11,33).

Aber dürfen wir bei diesem großen und herrlichen Wirken Gottes in der Zukunft nicht auch an unsere jetzige persönliche und gemeinsame Lage denken? Mancher Gläubige ist in großer Bedrängnis und sieht, ähnlich wie das Volk der Juden im Buch Esther, keinen Ausweg mehr, und zudem scheint Gott so fern. Aber halten wir fest: Er kann die „Wende“ herbeiführen und wird es zu seiner Zeit tun!

Und wenn auch die Sorgen so zahlreich wären wie damals die Heuschrecken im Land Ägypten, so ist Gottes Macht heute noch ebenso imstande, die Lage grundlegend zu ändern: „Der Herr wandte den Wind in einen sehr starken Westwind, der die Heuschrecken aufhob und sie ins Schilfmeer warf. Es blieb nicht eine Heuschrecke übrig im ganzen Gebiet Ägyptens“ (2. Mo 10,19).

Spätestens wenn unser Herr wiederkommt, wird auch für uns nicht eine Sorge mehr übrig bleiben. Aber auch hier auf der Erde haben wir manches Mal schon dankbar erfahren dürfen:

Geht es auch durch manch Gedränge,

siehst Du doch den Ausgang schon,

und Dein Weg trägt in die Länge

den erwünschten Sieg davon.

Darum – vertrauen wir Ihm! Was könnte uns mehr Ermunterung und Hoffnung geben als der Blick auf den großen Gott, der in Christus unser Vater geworden ist, der alle Macht hat und dem „an uns liegt“ (1. Pet 5,7, Anm.)? Und wenn unser Herr und Heiland als der auferstandene Sieger über Satan, Sünde, Welt und Tod uns bei unserem Namen nennt wie einst die weinende Maria Magdalene, sollten wir uns dann nicht auch vertrauensvoll von unseren Nöten weg zu Ihm „umwenden“ und Ihn „Rabbuni – das heißt Lehrer“ – nennen, um ganz nah an seinem liebenden Herzen von Ihm zu lernen und zu erfahren, wie der Weg für uns weitergehen soll (Joh 20,16)?