„Wenn die überflutende Geißel hindurchfährt, so werdet ihr von ihr zertreten werden … Denn der HERR wird sich aufmachen wie beim Berg Perazim, wie im Tal bei Gibeon wird er zürnen: um sein Werk zu tun – befremdend ist sein Werk! – und um seine Arbeit zu verrichten – außergewöhnlich ist seine Arbeit!“ (Jesaja 28,18.21).

In diesem Abschnitt geht es um die abtrünnigen Juden der Drangsalszeit, die mit dem römischen Herrscher aus dem Abgrund einen Bund schließen werden, weil sie glauben, dass ihnen das Schutz vor der Bedrohung aus dem Norden gibt (Jesaja 28,14–15). An den bewährten Stein in Zion glauben sie nicht (Vers 16). Sie werden die Erfahrung machen müssen, dass der Bund sie nicht vor einer Invasion der „überflutenden Geißel“ (d.i. der Assyrer; Kapitel 8,7–8; 10,5; 28,2) schützen kann. Die Bewohner Jerusalems werden keine Ruhe und keinen Schutz finden (Vers 20).

Warum ist der Assyrer so erfolgreich gegen Israel? Die Antwort ist erschütternd: weil Gott selbst gegen sein Volk im Zorn kämpft  (Vers 21). Es ist wie damals beim Berg Perazim und im Tal Gibeon: David gewann im Kampf gegen die götzendienerischen Philister, weil Gott auf seiner Seite war (Vers 21; 1. Chronika 14,11–16). Hier allerdings kämpft Gott nicht gegen die Feinde seines Volkes, sondern gegen sein Volk selbst, da es sich einem diabolischen Götzendienst geöffnet hat.

Und damit sind wir auch bei der Aussage, um die es in diesem Artikel zuerst gehen soll: In Vers 21 wird gesagt, dass Gottes Werk befremdend und außergewöhnlich ist. Was ist damit gemeint? Ist gemeint, dass Gott normalerweise nicht Gericht vollstreckt und sein Volk nicht züchtigt? Ist der Gedanke dieser: Gottes eigentliches Werk ist, Gnade zu üben, ein fremdes Werk ist es für ihn, Gericht zu halten? Ich denke nicht. Natürlich möchte Gott Segen schenken und nicht Gericht über seine Geschöpfe bringen. Darum ist seine Langmut auch so groß. Dennoch nennt Gott sich ein „Gott des Gerichts“ (Jesaja 30,18): „Gott ist ein gerechter Richter und ein Gott, der jeden Tag zürnt“ (Psalm 7,12). Und Gott sucht alle Ungerechtigkeiten an seinem Volk heim (Amos 3,2).

Liegt das Befremdende und Außergewöhnliche nicht darin, dass Gott zur Zucht seines Volkes eine gottlose Nation benutzt? Ist das nicht etwas sehr Erstaunliches? Habakuk hatte auch so seine Fragen, als er darüber nachdachte, dass die Babylonier die Juden überrennen durften (Habakuk 1,13 ff.). Ja, Gottes Wege erscheinen hart und unverständlich, sie sind aber doch voller Weisheit. Das macht Jesaja in den Versen 23–29 deutlich, indem er das Handeln Gottes mit dem eines Bauern damaliger Tage vergleicht.