Wir blicken auf eine Welt, die untergehen wird, in der alle Dinge veralten. Über allem sehen wir den dunklen Schatten des Todes, und früher oder später trennt dieser Tod auch die glücklichste Familie der Erde. Wir sehen, wie wahr es ist, dass „die Welt vergeht.“ Und dann wenden wir mit tränenverschleierten Augen unseren Blick weg von dieser Welt und schauen hinauf durch die geöffneten Himmel und sehen „die Herrlichkeit Gottes und Jesus“ und mit Freude sagt der Glaube zu dem Herrn: „Du aber bleibst.“

Unsere Geliebten entschwinden unseren Blicken, aber Er bleibt. Gesegnete Tatsache für alle Gläubigen zu allen Zeiten, zu erkennen, dass Er bleibt. Aber nie ist dieses Wissen kostbarer, als dann, wenn wir in der tiefen Trauer eines schmerzlichen Verlusts – wenn irdische Familien auseinander gerissen und irdische Hoffnungen zerstört werden – aufschauen können in Sein Angesicht und sagen: „Du aber bleibst.“ Und wenn Er mit unendlichem Mitgefühl in unsere kummervollen Herzen hernieder schaut, dann antwortet Er: „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen.“

Der erste, dem diese tröstenden und aufrichtenden Worte zu Ohren kamen, war ein Gläubiger, der vor einer Reise stand. Im weiteren Verlauf der Geschichte dieser langen Reise erkennen wir, über welche rauen Wege sie führte, welchen Kummer sie beinhaltete, welche Mühsal sie umfasste, welche Versuchungen sie mit sich brachte, aber auch ihre Zeiten der Freude, ihre heilsamen Lektionen und ihr bleibender Gewinn. Aber die Barmherzigkeit des Herrn erwähnt dem Patriarchen Jakob gegenüber kein Wort von der Beschaffenheit dieses Weges. Eins jedoch kennt er: das herrliche Ziel dieser Reise, denn der Herr sagt: „Ich werde dich zurückbringen in dieses Land“, und „in dir und in deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“ Aber er weiß noch mehr. Vom Beginn der Reise bis zum letzten Schritt, der seine Füße in das verheißene Land zurückbringt, weiß er, dass er nie verlassen sein wird. Denn der Herr sagt:

„Ich werde mit dir sein“

„Ich werde dich behüten“

„Ich werde dich nicht verlassen.“

Mit dem Christen heute ist es nicht anders. Ja, in noch tieferer Weise und mit weiter reichender Bedeutung können wir uns diese Worte des Trostes zu Eigen machen. Auch wir kennen den Beginn unserer Reise. Wir machten uns auf mit der Gnade Gottes, die uns Rettung gebracht hat.

Wir kennen das Ziel unserer Reise, denn was die Gnade begann wird in der Herrlichkeit enden. Das Erscheinen der Gnade bahnt den Weg für das Erscheinen der Herrlichkeit – einer Herrlichkeit, in der wir Christus gleich und für immer und ewig bei Christus sein werden. Aber zwischen dem Beginn in Gnade und dem Ziel in Herrlichkeit liegt unser Pfad durch eine feindliche Welt voll von Sünde und Leid. Was dieser unbetretene Weg für uns bereithalten mag, wissen wir nicht. Aber eins wissen wir: der Herr hat gesagt: „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen.“

Zu unserem Trost und unserer Gewissheit richtet sich dieses bedingungslose Versprechen mit der absoluten Autorität Seines eigenen Wortes an uns. Kein Prophet oder Apostel spricht dieses Wort, kein Bote des Herrn bringt es uns. Kein Engel oder Erzengel ist in der Lage solche Worte des Trostes in einsame und kummervolle Herzen zu senken. Es ist kein anderer als der Herr selbst, der uns in unserer Trostlosigkeit nahe ist, und wir hören Ihn mit unendlicher Zartheit sagen: „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen.“ Das Verbinden zerbrochener Herzen soll in keiner anderen Hand liegen, als in Seiner. Keine Hand ist so zart, so sanft, so geschickt, ein zerbrochenes Herz zu verbinden, als die Hand, die sich aus Liebe am Kreuz verletzen und durchbohren ließ. Und der Glaube, der sieht, dass „der Herr gesagt hat“, erhebt sich über diese Welt voll von Sünde und Leid und Tod und kann „kühn sagen“: „Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten.“

Darüber hinaus ist der, der uns diese Worte des Trostes, dieses Versprechen, bei uns zu sein, hören lässt, auch der, der vor uns auf dieser Reise war. Er hat jeden Fußbreit dieses Weges betreten. Er hat das herrliche Ziel erreicht und erscheint im Himmel selbst für uns vor dem Angesicht Gottes. Er sagt gleichsam zu seinen bekümmerten Heiligen: Ich war vor euch auf diesem Weg. Ich habe „wie ein Fremdling im Land und wie ein Wanderer, „ als „ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut“ den Weg beschritten. Ich kenne die unebenen Stellen und die ebenen. Es sind Berge zu besteigen, dunkle Täler zu betreten und Flüsse zu überqueren, aber ich kenne sie alle. Ich habe die Berge bestiegen, ich habe die dunklen Täler betreten, ich bin durch Wasser gegangen. Ich habe auch das letzte dunkle Tal des Todesschattens durchschritten und habe die herrliche Heimat erreicht. Ich habe mich zur Rechten Gottes gesetzt, und vom Thron der Herrlichkeit aus werde ich euch aufrichten und euch zu Hilfe kommen und mich für euch auf eurer Reise verwenden und schließlich werde ich für euch kommen und euch zu mir nehmen, damit wo ich bin auch ihr seiet. „Ich werde dich nicht verlassen, bis ich getan, was ich zu dir geredet habe.“

Es gibt noch einen weiteren Trost im Herrn für trauernde Herzen. Wir können nicht nur aufblicken und sagen: „Du aber bleibst“, sondern wir können sogar hinzufügen: „Du bist derselbe.“

Diese kummervolle Welt kennen wir gut genug. Wenn wir auf die vergangenen Jahre zurückblicken und die Bilder von vielen die wir kannten und liebten an uns vorbeiziehen lassen, erfüllt uns dann nicht Trauer, dass manche gegangen sind und manche sich verändert haben? Aber wie erhebt es dann unsere Seelen über die Traurigkeit solcher Momente, wenn wir aufblicken und erkennen, dass es Einen gibt, der nicht von uns gehen und sich nicht verändern wird.

Und genau wie die Worte des Herrn, „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen” eine herrliche Antwort auf die schönen Worte geben „Du aber bleibst“, wird das ergreifende Wort, „Du bist derselbe“ seine Erweiterung im letzten Kapitel des Hebräerbriefes finden. Denn da lesen wir: „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.“ Das geht weiter als das Wort im ersten Kapitel, wie tröstend es auch ist, denn dieses angemessene Wort sagt uns nicht nur, dass Er derselbe ist, sondern dass Er heute im Himmel derselbe ist, der Er in vergangenen Tagen auf der Erde war.

Seine Umstände haben sich in der Tat gewaltig geändert. Gestern war Er der Arme und Bedürftige, der Heimatlos, der Fremde, der nichts hatte, wo Er sein Haupt hinlegen konnte. Heute hat Er in der himmlischen Herrlichkeit Königtum und Majestät empfangen. Er hat die Kleider der Erniedrigung für immer abgelegt und den majestätischen Mantel der Herrlichkeit angezogen, der passend ist für diesen Platz der Herrlichkeit. Aber wenn sich auch Seine Umstände geändert haben, Sein Herz hat sich nicht geändert. Viele Kronen gehören Ihm, und wir werden Ihn mit Freude zum Herrn über alles krönen; aber keine Krone die je Sein Haupt zieren wird, wird Sein Herz ändern. Die Liebe, die mit Martha und Maria weinen konnte, hat sich nicht einen Deut geändert. Das Herz, das voll Mitleid für die Witwe in Nain war, schlägt immer noch voll Mitgefühl mit trauernden Gläubigen. Die zarte Liebe, die das zerbrochene Herz eines Jairus aufrichtete, sagt immer noch mit unendlichem Mitgefühl zu dem zerbrochenen Herzen eines Gläubigen: „Fürchte dich nicht, glaube nur.“

[Übersetzt aus „Scripture Truth“ von Marco Leßmann. Deutsche Erstveröffentlichung.]