5. Frage: „Ist es recht, dass du zürnst?“ (Jona 4,9)

Es mutet schon sehr seltsam an: Jona leidet so sehr, dass er am liebsten sterben möchte – und das nur, weil der Schatten spendende Baum verdorrt war. Er ist erfüllt von Zorn. Am Tag zuvor war er zornig gewesen, weil Gott eine komplette Stadt (einer an sich feindlichen Nation) vor dem Tod bewahrt hatte. Moment mal – Zorn über verschonte Menschenleben und dann Zorn, weil Gott einen Baum hatte verdorren lassen?

Gott muss an Jonas Herzen wirken. Er stellt ihm eine einfache Frage: „Ist es recht, dass du zürnst?“ Die Botschaft kommt leider nicht an, Jona verteidigt seine Wut. Weil er nicht zur Selbsterkenntnis kommt, muss Gott nachhelfen: „Du erbarmst dich über den Wunderbaum, um den du dich nicht gemüht und den du nicht großgezogen hast, der als Sohn einer Nacht entstand und als Sohn einer Nacht zugrunde ging; und ich sollte mich über Ninive, die große Stadt, nicht erbarmen?“ (Jona 4,10.11).

Jona hat völlig den Maßstab verloren. Sein eigenes Wohlbefinden war ihm wichtiger als die Errettung der Menschen von Ninive. Für seine eigenen Belange wäre er zumindest im Herzen bereit gewesen, „über Leichen zu gehen“.

Ist das eine Ansprache an uns? Liegen uns unsere eigenen Belange auch mehr am Herzen als die Menschen um uns herum? Möglicherweise wäre uns ein durchnässter Körper so unangenehm, dass wir den Einsatz am Büchertisch wegen des Regens absagen. Vielleicht haben wir so sehr Angst um unseren Ruf, dass wir unseren Kollegen lieber schnurstracks in die Hölle rasen lassen. Oder wir fürchten so sehr um unseren Jahresurlaub, dass wir unsere finanzielle Mitarbeit am Werk des Herrn hastig reduzieren.

Ein Bruder fragte einmal rhetorisch: „Könnte ein Matrose still dasitzen, wenn er den Schrei hören würde: ‚Mann über Bord!‘? Könnte ein Arzt gemütlich in seinem Sessel bleiben und seine Patienten sterben lassen? Könnte ein Feuerwehrmann träge sein und nicht helfen, wenn Menschen verbrennen? Kannst du ruhig und bequem dasitzen, während die Welt um dich herum verdammt ist?“

Wenn wir uns ehrlich hinterfragen, müssen wir wahrscheinlich feststellen: Gottes herzerforschende Frage an Jona erforscht auch unser Herz. Leider endet das Buch Jona mit Gottes Aufdeckung von Jonas Herzenszustand. Kam er zur Besinnung? Wir wissen es nicht. Eins jedoch ist klar: Unser Dienst muss nicht damit enden, dass Gott uns unser Herz klarmacht. Wir können ein Bekenntnis ablegen, neuen Mut fassen und mit neuer Kraft ganz für den Herrn leben und arbeiten.