Einleitung

Vielfältig und vollkommen offenbart Gott seine Wege in seinem Wort! Gottes Wort enthält nicht nur die großen Ereignisse, die klar erkennen lassen, dass Er regiert und wie Er regiert. Die Bibel liefert uns auch Beweise, dass Er seinem Volk gegenüber treu ist. Sie zeugt davon, wie Er das Böse ansieht, das die Veranlassung zum Gericht wurde. Und sie teilt uns auch die Antwort mit, die Gott jedem gibt, der Empfindungen hat, weil Gott sein Volk züchtigen musste. Sie gibt dem Treuen Trost, der Kummer empfindet, wenn er die Bedrängnis des geliebten Volkes Gottes sieht.

Einerseits werden die vollkommenen Wege Gottes dargestellt, andererseits wird das Herz dazu gebracht, diese Wege Gottes zu verstehen und sich völlig an dem zu erfreuen, was ein Gott der Liebe bewirkt. Und solange man noch auf diese Wirkung warten muss, wird das Vertrauen zu Gott selbst befestigt, und die Bande, die das Herz mit Gott verbinden, werden sehr gestärkt.

Wie der Glaube und wie die geistlichen Empfindungen inmitten der Prüfung sich zeigen, führt uns Habakuk in seiner Weissagung vor Augen. Diese Weissagung zeigt, wie das Herz eines Mannes bewegt wird – eines Mannes, der vom Geist erfüllt ist und an dem Volk Gottes hängt. Natürlich müssen wir beachten, dass es hier um Israel geht.

Kapitel 1

Der Prophet klagt über das Böse

Der Prophet beginnt mit der Klage, dass das Böse unerträglich sei, das sich inmitten des Volkes findet. Das ist das normale Ergebnis, wenn der Geist Gottes in einem Herzen wirkt, das Gott ehren will und das Böse verabscheut. Das Herz des Propheten wurde in der Schule des Gesetzes gelehrt und gebildet. Und wir sehen hier vielleicht den Geist des Gesetzes, wie er von dem Bösen redet. Der Geist Gottes führt Habakuk aus dieser Stellung, die einem vor Gott stehenden Propheten zukam, auch nicht heraus. Habakuk beurteilt das Böse in einer heiligen Weise. Es entspricht einem Herzen, das die Segnungen des Herrn wertschätzt.

Gott züchtigt durch die Chaldäer

Darauf offenbart ihm der Herr das schreckliche Gericht, mit dem Er das Volk züchtigen wollte, das sich derart dem Bösen hingab. Er würde gegen das Volk die Chaldäer (Babylonier) erwecken, in denen Stolz und Tatkraft sehr stark ausgeprägt waren. Sie waren in allen ihren Unternehmungen erfolgreich. Sie suchten die Befriedigung ihres Ehrgeizes einzig in der Meinung, die sie von sich hatten. Ihr Führer würde den wahren Gott verlassen, dem sie ihre Stärke verdankten, und würde einen Gott verehren, den er sich selbst machen würde.

Hier empfindet der Prophet etwas, was sich von den Empfindungen vorher unterscheidet. Denn hier wird sein Gott von dem Werkzeug, das zur Ausführung der Strafe dient, verleugnet. Und hier wird das geliebte Volk von einem zu Boden getreten, der schlechter ist als es selbst.

Der Glaube weiß aber, dass sein Gott, der wahre Gott, der eine und alleinige Herr ist. Und das ist bereits ein wichtiger Trost, der dem Herzen versichert, dass Erlösung kommen wird. Der Glaube weiß auch, dass der Herr es ist, der den Bösen die Macht verliehen hatte, um sein Volk zurechtzubringen.

Aber sollen diese fortfahren, ihr Netz mit Menschen zu füllen, als ob sie nur Fische wären? So zu handeln, ist eine traurige Frucht des Hochmuts. Er erzeugt, ohne dass man es weiß, Schwäche. Denn der Mensch bedarf einer Stütze. Und der Hochmut, der den wahren Gott verwirft, muss sich selbst einen Gott machen und tut dies auch oder er nimmt den Götzen an, den seine Väter gemacht haben. In der Gegenwart des höchsten Gottes kann der Hochmut nicht bestehen. Der Mensch macht sich einen Gott; auch das ist Hochmut. Er kann aber ohne einen Gott nicht fertig werden. Und schließlich ist das natürliche Herz der Sklave von dem, ohne das es nicht bestehen kann.

Für Habakuk ist Gott natürlich der Herr. Uns ist der Vater im Sohn offenbart, daher ist für uns der eine Herr Jesus Christus.

Kapitel 2

Gottes deutliche Antwort gibt Trost

Hier hält der Prophet inne, damit Gott diese Sache zu seiner Zeit klarmache. Er steht wie eine Schildwache auf seinem Beobachtungsposten, um die Antwort zu erlangen, die Gott seiner geängstigten Seele geben würde. Um seinen Propheten und sein ganzes treues Volk zu trösten, befiehlt ihm Gott, die Antwort so deutlich zu schreiben, dass man sie gut lesen könne. Er gedenkt der Empfindungen seines Volkes. Er schätzt sie. Denn der Heilige Geist ruft tatsächlich Empfindungen hervor, die mit Gottes Herz übereinstimmen.

Der Gerechte lebt durch Glauben

Gott will, noch ehe die Befreiung eintritt, das Herz trösten, das durch die Empfindungen, die der Glaube selbst hervorbringt, niedergedrückt ist. Wenn es Glaube ist, der die Empfindungen wachruft, dann wird dieser Glaube auch nicht vergeblich auf eine Antwort warten. Die Befreiung stand allerdings nicht nahe bevor. Das Gesicht ging noch auf eine „bestimmte Zeit“. Doch die Befreiung durch Gott würde sicher kommen. Gott, der den Glauben wertschätzt, würde selbst einschreiten. Wenn die Befreiung noch nicht kommen würde, sollte der Treue auf sie harren. Sie würde gewiss kommen und nicht ausbleiben. Dem Herzen des Menschen schien es sich zu verzögern. Doch das Ausharren sollte ein vollkommenes Werk haben (Jak 1,4). Das Ausharren Gottes war lang und vollkommen gewesen. Die Zeit der Befreiung würde aber keinen Augenblick über die Stunde hinausgehen, die Gott in seiner Weisheit dafür bestimmt hatte.

Der Geist des Hochmuts, dessen Taten das Herz des Propheten ganz überwältigt hatten, würde von Gott gerichtet worden. Der Unterdrücker war nicht aufrichtig (Hab 2,4). Aber das Teil des Gerechten war, durch Glauben zu leben. Und durch Glauben würde er auch leben (und nicht sterben). Eine Befreiung für das Volk, die sozusagen diesen Glauben nicht erforderte, hätte vielleicht begehrenswerter erscheinen können. Gott wollte aber, dass das Herz in dieser Weise geübt werde.

Der Gerechte muss durch diese Dinge hindurchgehen und lernen, auf den Herrn zu vertrauen, auf Ihn in allen Umständen zu rechnen. Der Glaube lernt, was Gott in sich selbst ist, mag kommen, was da will.

Der Unterdrücker wird gerichtet

Obwohl Gott es zuließ, dass sein Volk um seiner Sünden willen durch Ungerechtigkeit und Unterdrückung niedergeworfen wurde, so schrie doch die Handlungsweise des Unterdrückers zum Himmel und brachte das Gericht auf seinen eigenen Kopf. Wehe ihm! Abgesehen davon, dass Gott eine Beziehung zu seinem Volk hat, ist Er es, der die Erde richtet und sie von dem Unterdrücker und dem Gesetzlosen befreit. Das geschnitzte Bild wird dem Gesetzlosen nichts nützen. Was kann der schweigende Stein für den Mann tun, der ihn aufgestellt hat? Aber der Herr ist an seiner heiligen Stätte, in seinem Tempel. Die ganze Erde sollte vor Ihm schweigen. Sie würde voll werden von der Erkenntnis seiner Herrlichkeit, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken. Die Völker der Welt würden sich vergebens abmühen: Was sie tun, ist nur fürs Feuer. Das würde der Herr bewirken, denn Er will die Welt mit der Erkenntnis seiner selbst füllen.

Kapitel 3

Gottes Gegenwart lässt seine Macht fühlen

Diese Antwort lässt das Herz des Propheten die erhabene Gegenwart Gottes empfinden. Sie veranlasst ihn, nach einer Belebung auszuschauen, die Gott in seiner Gnade inmitten des Volkes bewirken mag (Hab 3,2). Sie führt den Propheten zu den ersten Beweisen der Güte Gottes zurück und erinnert ihn an die ganze Herrlichkeit des Herrn, die sich zeigte, als Er zu Anfang der Geschichte des Volkes zu ihren Gunsten handelte. Gott ging von seinem Ort aus (Hab 3,3) und beseitigte jedes Hindernis, um sein Volk in den Besitz des Segens zu setzen.

Indem der Prophet dieser Offenbarung der göttlichen Macht gedenkt, erzittert er (Hab 3,16). Doch ist er sich dabei bewusst, dass diese Macht die Quelle einer vollkommenen und sicheren Ruhe am Tag der Drangsal ist, wenn der Zerstörer heranziehen und das Volk angreifen wird.

Das herrliche Ergebnis der Lektion Gottes

Er schließt seine Weissagungen mit der gesegneten Frucht all dieser wertvollen Belehrungen: Er vertraut völlig auf den Herrn. Wenn aller Segen schwinden würde, wollte er frohlocken und in Ihm fröhlich sein. Der Herr selbst war seine Kraft, seine Zuversicht und seine Hilfe. Gott würde ihn auf die Höhen seiner Segnungen bringen. Er würde ihm „Füße der Hirschkühe“ geben, damit er durch seine Güte da hinzugelangte.

Es gibt nichts Schöneres als diese Darlegung der Gedanken des Geistes Gottes, der Kümmernisse und Sorge im Herzen hervorruft. Wir sehen aber auch die Antwort, die Gott erteilt, um Verständnis zu geben und den Glauben zu stärken, damit das Herz in voller Gemeinschaft mit Ihm sei.

Es ist zu bemerken, dass hier vor allem ein götzendienerischer Unterdrücker auftaucht, obwohl die erste Invasion (der Babylonier) beschrieben wird, denn das war die unmittelbare Ursache für die Angst des Propheten. Die Chaldäer werden ausdrücklich genannt. Dieses Volk war es ja, das das Volk Gottes in die Gefangenschaft geführt hatte. [1]

Fassen wir das Gesagte zusammen. Wir finden in diesem Propheten die Antwort, die Gott zum Trost einem treuen Herzen gibt. Dieses Herz liebt das Volk, weil es das Volk Gottes ist. Deshalb ist es betrübt über die Bosheit in diesem Volk und noch mehr über das Gericht, das das Volk trifft. In seiner Antwort zeigt Gott dem Glauben seine Wege sowie die unwandelbare Treue, mit der Er zu seinen Verheißungen steht. Gott kennt den Unterdrücker. Aber der Gerechte muss durch Glauben leben.

Wichtiger Hinweis: 

Die „Synopsis“ von John Nelson Darby hat über Generationen hinweg vielen Gläubigen sehr geholfen, die Bibel besser zu verstehen. Allerdings ist die „Synopsis“ schwierig zu verstehen, wozu insbesondere verschachtelte Sätze beitragen. Hinzu kommt, dass die deutsche Übersetzung alt und manchmal auch etwas unbeholfen ist. In dieser Bearbeitung wurde der Text auf Verständlichkeit getrimmt. Dabei können durchaus Nuancen verloren gegangen sein. Dennoch denken und hoffen wir, dass auf diese Weise die nützlichen und tiefgründigen Gedanken von Darby für ein breites Publikum zugänglich werden. Die Überarbeitung erfolgte durch Gerrid Setzer. 


Fußnoten:

  1. Habakuk weissagte wahrscheinlich kurz vor dem Einmarsch der Babylonier im Königreich Juda. Er bleibt nicht bei der Beschreibung der militärischen Macht stehen, sondern geht auf das religiöse Element dieser Supermacht ein. Dieses Element, das hier schon erwähnt wird, würde sich später weiter ausprägen und in Belsazar, am Vorabend des Untergangs dieses Reiches, ihren Höhepunkt finden. Das zeigt Daniel 5. (Anmerkung des Überarbeiters).