Frage: Gibt es so etwas, dass ein Mensch, der nach Johannes 3 die neue Geburt erlebt hat, nicht mit dem Heiligen Geist versiegelt ist (Eph 1,13)? Geht man nicht über die Heilige Schrift hinaus, wenn man das behauptet? Jeder Errettete besitzt doch den Heiligen Geist, wie die Stelle aus Epheser l zeigt.

Antwort: Diese Frage berührt einen wichtigen Themenkreis, über den bei Kindern Gottes nicht selten Unklarheit besteht. Dieses Missverstehen kann jedoch dazu führen, dass die Vorrechte der christlichen Stellung und damit die Ehre des Herrn, der sie uns erworben hat, geschmälert werden.Man geht keineswegs über die Heilige Schrift hinaus, wenn man folgende Feststellung trifft: Das Wort Gottes unterscheidet sowohl zwischen der neuen Geburt und der Errettung einerseits als auch zwischen der neuen Geburt und der Versiegelung mit dem Heiligen Geist andererseits. Zudem wird die Frage der Errettung des Gläubigen in enger Beziehung zu seiner Versiegelung mit dem Heiligen Geist gesehen.

Dass man die neue Geburt nicht mit dem Empfangen des Heiligen Geistes verwechseln darf, machen folgende Überlegungen und Beispiele deutlich. Die Gläubigen des Alten Testaments waren ohne Zweifel von neuem geboren und besaßen göttliches Leben; denn sie sind „im Glauben gestorben“ (Heb 11,13) und gehören zu denen, die „des Christus sind“ bei Seiner Ankunft (1. Kor 15,23). Doch in keinem von ihnen wohnte der Geist Gottes wie in einem Tempel (vgl. 1. Kor 6,19). Dies allein macht deutlich, dass es so etwas gibt, dass ein Mensch von neuem geboren sein kann und doch nicht den Heiligen Geist besitzt. Aber auch das Neue Testament zeigt uns dieselbe Tatsache. So besaßen die Jünger zu Lebzeiten des Herrn neues, göttliches Leben, weil sie an den Herrn Jesus glaubten (Joh 3,3ff; 10,10). Den Heiligen Geist empfingen sie jedoch erst am Pfingsttag (Apg 2).

Besonders lehrreich sind die Beispiele aus der Zeit, nachdem der Heilige Geist auf die Erde gekommen war und damit die Zeit der Gnade ihren Anfang genommen hatte. Als Saulus von Tarsus vor dem verherrlichten Herrn mit den Worten zusammenbrach: „Was soll ich tun, Herr?“, besaß er bereits neues Leben durch den Glauben an Ihn. Aber es vergingen noch drei Tage, bis Ananias ihm die Hände auflegte und er den Heiligen Geist empfing (Apg 22,10; 9,9–18).

Schon vorher hatten viele Menschen aus Samaria das Wort Gottes angenommen, und doch war der Heilige Geist noch nicht auf einen von ihnen gefallen. Erst durch das Auflegen der Hände der Apostel empfingen sie Ihn (Kap 8,14–17).

Der römische Hauptmann Kornelius war ebenfalls von neuem geboren, denn Gott nennt ihn fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus. Doch um die Gabe des Heiligen Geistes zu empfangen, musste er warten, bis Petrus zu ihm kam und Worte des Heils zu ihm redete (Kap. 10).

In Kapitel 19 schließlich finden wir noch einige Jünger Johannes' des Täufers, die auf die Frage des Apostels Paulus, ob sie den Heiligen Geist empfangen hätten, nachdem sie gläubig geworden waren, antworteten:

„Wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist da ist“; „und als Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Heilige Geist auf sie“ (Verse 1–7).

Die Gründe dafür, dass der Heilige Geist jeweils erst mit einer gewissen Verzögerung gegeben wurde, sind in den einzelnen Fällen durchaus verschieden und brauchen hier nicht weiter erörtert zu werden. Doch der Umstand selbst ist unbestreitbar. Wir müssen also sorgfältig zwischen neuer Geburt und Versiegelung mit dem Heiligen Geist unterscheiden. Diese beiden von Gott bewirkten Vorgänge hängen durchaus zusammen, und sie mögen auch zeitlich sehr eng beieinander liegen, aber es sind dennoch verschiedene Vorrechte.

Auch die Voraussetzungen für das eine wie für das andere sind unterschiedlich. Um von neuem geboren zu werden, muss man an Jesus, den eingeborenen Sohn Gottes, glauben (Joh 3,16–18.36; 1. Joh 5,1.13). Denn wer den Sohn Gottes nicht hat, hat auch das Leben nicht (Vers 12). Um aber in den Besitz des Heiligen Geistes zu kommen, bedarf es mehr. Wie die angegebene Stelle aus Ephe-ser l zeigt, ist es dazu nötig, auch dem „Wort der Wahrheit“, dem „Evangelium eures Heils“, zu vertrauen (Vers 13). Das will sagen: Nur jemand, der sich im Glauben dem vollen Evangelium Gottes ohne Wenn und Aber unterwirft und aufhört, noch selbst etwas zu seiner Errettung beitragen zu wollen, wird mit dem Heiligen Geist versiegelt. Solch eine Person bezeichnet das Wort Gottes als „errettet“. Insofern ist die eingangs erwähnte Aussage richtig, dass jeder Errettete den Heiligen Geist besitzt.

Das Beispiel des römischen Hauptmanns von Apostelgeschichte 10 macht das so recht deutlich. Obwohl Kornelius von neuem geboren war – was sich dadurch kundgab, dass er viele Almosen gab und allezeit zu Gott betete –, war er im Sinne des Neuen Testaments noch nicht errettet. Denn der Herr hatte ihm durch einen Engel sagen lassen: „Sende nach Joppe, und lass Simon holen, der auch Petrus genannt wird; der wird Worte zu dir reden, durch die du errettet werden wirst, du und dein ganzes Haus“ (Kap. 11,13.14). Kornelius kannte wohl die Botschaft der Gnade, die Gott den Söhnen Israels gesandt hatte (Kap. 10,36), aber – völlig zu Recht! – wagte er nicht, sie auf sich als einen Fremden anzuwenden. Erst als er die Worte hören durfte, dass jetzt jeder, der an den Herrn Jesus glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen, „fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten“ (Verse 43.44). Die Gabe des Heiligen Geistes ist das Siegel der Erlösung.

So sind es große Vorrechte, über die wir heute gesprochen haben: neue Geburt – Errettung – Versiegelung. Glücklich der, der sie erfahren hat und Gott dafür von Herzen dankt!

[Aus: „Ermunterung & Ermahnung“]