„Und es war Hungersnot im Land. Und die Söhne der Propheten saßen vor Elisa. Und er sprach zu seinem Knaben: Setze den großen Topf auf“ (2. Kön 4,38).
Hungersnot – leere Vorratsschränke, knurrende Mägen, immer kleinere Essensrationen. Man isst, was man bekommen kann. Vor diesem Hintergrund wirkt die Aufforderung Elisas, einen großen Topf aufzusetzen, völlig unverständlich. Sollte man nicht mit wenig anfangen?
Elisa beweist Glauben – und der wird belohnt. Der Umkehrschluss ist sehr ernüchternd und beschämend für uns: Es kann sein, dass wir keine Gebetserhörung erleben und keine Wunder Gottes sehen, weil wir gar nichts von Ihm erwarten und deshalb auch nichts bitten. Unsere Erwartungen sind viel zu klein für einen großen Gott. Jakobus schreibt einmal: „Ihr begehrt und habt nichts; … ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet; ihr bittet und empfangt nichts, weil ihr übel bittet“ (Jak 4,2.3).
Dieses Prinzip, dass wir viel vom Herrn erwarten dürfen – und Er auch dementsprechend antwortet (!) –, finden wir oft in der Schrift:
- „Euch geschehe nach eurem Glauben“ (Mt 9,29), sagte der Herr Jesus einmal zu zwei Blinden, die geheilt wurden! Er impliziert damit, dass die erlebte Realität von ihrem Glaubensvertrauen abhängt.
- Auch dem römischen Hauptmann, der dem Herrn viel zutraute, sagte Er: „Dir geschehe, wie du geglaubt hast“ (Mt 8,13).
- Der gelähmte Freund, der von seinen vier Freunden durch das Dach gelassen wurde, wurde auch deshalb geheilt, weil „Jesus ihren Glauben sah“ (Mt 9,2).
- Eine interessante Begebenheit findet sich auch bei Elisa: „Und eine Frau von den Frauen der Söhne der Propheten schrie zu Elisa und sprach: Dein Knecht, mein Mann, ist gestorben, und du weißt ja, dass dein Knecht den HERRN fürchtete; und der Schuldherr ist gekommen, um sich meine beiden Knaben zu Knechten zu nehmen. Und Elisa sprach zu ihr: Was soll ich für dich tun? Sage mir, was du im Haus hast. Und sie sprach: Deine Magd hat gar nichts im Haus als nur einen Krug Öl. Und er sprach: Geh hin, erbitte dir Gefäße von draußen, von allen deinen Nachbarn, leere Gefäße, nimm nicht wenige; und geh hinein und schließe die Tür hinter dir und hinter deinen Söhnen zu und gieße in alle diese Gefäße; und was voll ist, setze beiseite“ (2. Kön 4,1–4). Elisa sagte der Frau nicht: „Hole ein paar Gefäße, aber gib acht, dass du dir nicht zu viele ausleihst, das könnte peinlich werden.“ Auf „Gottes Bank“ kann der Glaube nie zu viel Kredit verlangen. Wer dem Herrn vertraut, wird nie ein leeres Gefäß zu Ihm bringen, das Er nicht füllen kann. Wenn wir diese Glaubensüberzeugung haben, ehren wir Ihn. Und Er wird sich dazu bekennen, wie Er es auch im Fall der Witwe tat. „Tu deinen Mund weit auf, und ich will ihn füllen“ (Ps 81,11)!
- Ein weiteres Beispiel im Leben Elisas: „Und Elisa erkrankte an seiner Krankheit, an der er starb. Und Joas, der König von Israel, kam zu ihm herab und weinte über seinem Angesicht und sprach: Mein Vater, mein Vater! Wagen Israels und seine Reiter! Da sprach Elisa zu ihm: Hole Bogen und Pfeile. Und er holte ihm Bogen und Pfeile. Und er sprach zum König von Israel: Lege deine Hand auf den Bogen. Da legte er seine Hand darauf; und Elisa tat seine Hände auf die Hände des Königs. Und er sprach: Öffne das Fenster nach Osten. Und er öffnete es. Und Elisa sprach: Schieße! Und er schoss. Und er sprach: Ein Pfeil der Rettung von dem HERRN und ein Pfeil der Rettung gegen die Syrer! Und so wirst du die Syrer in Aphek schlagen bis zur Vernichtung. Und er sprach: Nimm die Pfeile. Und er nahm sie. Und er sprach zum König von Israel: Schlage auf die Erde! Und er schlug dreimal und hielt inne. Da wurde der Mann Gottes zornig über ihn und sprach: Du hättest fünf- oder sechsmal schlagen sollen, dann würdest du die Syrer bis zur Vernichtung schlagen; nun aber wirst du die Syrer dreimal schlagen“ (2. Kön 13,14–19). Die Pfeile bedeuten: Rettung für Israel. Elisa teilt dem König nicht mit, wie oft dieser damit auf die Erde schlagen soll. Hier ist also Glaube gefordert. König Joas schlägt nur dreimal auf die Erde – Elisa tadelt ihn dafür, dass er Gott nur um so wenig bittet. Hätte er mehr von dem Herrn erwartet, wären die Feinde völlig vernichtet worden. Zwei Gegenbeispiele: Abraham betet sechsmal zum Herrn, bis er fünfzig Gerechte auf zehn „heruntergehandelt“ hatte. Elia betet sogar siebenmal, bis Gott schlussendlich die Fenster des Himmels öffnet.
Der Herr belohnt Glaubensmut. Vielleicht sehen wir deshalb so wenig Gebetserhörungen, erleben deshalb kaum Fortschritt, erfahren deshalb so wenig von Gottes Größe, weil wir Ihn schlicht und ergreifend nicht genug darum bitten.