„Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein (und alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, mein), und ich bin in ihnen verherrlicht“ (Joh 17,9.10).
Jetzt kommt eine der schönsten Stellen in diesem Gebet, wenn es auf uns ankommt: „Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein.“ Die Gott Ihm gegeben hatte, von denen der Herr Jesus gesagt hatte: „Dein waren sie und mir hast du sie gegeben“, die sind nach wie vor sein. Der Vater hat sie Ihm gegeben, aber der Vater hat sie nicht weggegeben. Und dass der Vater sie gibt und sie trotzdem nicht weggibt, das ist nur deshalb möglich, weil der Vater und der Sohn eins sind.
Das ist etwas, was wir mit unserem irdischen Verständnis von Personen nicht in Einklang bringen können, weil wir das Wesen Gottes nicht mit unseren Maßstäben messen können. Ich bin nicht du und du bist nicht ich, und wir zwei können „einig“ sein, wie wir wollen, wir sind nicht „eins“! Aber bei Gott ist das so. Darum kann der Vater uns Ihm geben als eine wunderbare Gabe, und doch bleiben wir sein – und für die bittet der Herr Jesus!
Und jetzt kommt eine wichtige Sache, denn wenn wir jetzt hier lesen: „Ich bitte für sie“, und dann in Johannes 16,26 lesen: „Ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde“, dann müssen wir doch klären, was das zu bedeuten hat. Die Anmerkung, die in unserer Bibelübersetzung ist, hilft uns dabei, denn da heißt es: „Ich bitte hinsichtlich“ oder „betreffs ihrer“. Es geht hier darum, dass der Herr Jesus zu Gott kommt im Hinblick auf die Seinen, aber Er kommt nicht als Mittler. Wir brauchen keinen Mittler. Damit sie das erkennen, dürfen sie ja gerade zuhören bei diesem wunderbaren Gebet. Weil der Sohn in solcher Weise mit dem Vater in Bezug auf uns eins ist, darum sind sie ja gerade direkt in Verbindung zum Vater gekommen und bedürfen keines Mittlers. Darum sagt der Herr Jesus in Johannes 16,26, dass Er nicht den Vater für sie bitten werde im Sinne einer Mittlerschaft. Sie sollen und dürfen direkt zum Vater gehen.
Sie sind der Gegenstand seiner Gedanken, sie sind der Beweggrund, das Motiv dafür, dass Er zum Vater kommt. Es ist, als ob Er sagen wollte: „Vater, es geht mir nicht um die Welt. Es geht mir um die, die du mir gegeben hast.“ Vielleicht können wir in dem Sinne den Unterschied zu einer Mittlerschaft ganz gut verstehen.
Jetzt kommen wir zu einem Punkt, der auch nützlich zu beachten ist. Das ist die Frage, ob diese Fürsprache zu Gott etwas mit dem Hohenpriestertum zu tun hat. Das Hohepriestertum des Herrn Jesus, das wir ja im Hebräerbrief finden, hat es nicht mit dem Vater zu tun. Das Hohepriestertum hat es mit Gott zu tun. Und die Gläubigen werden im Hebräerbrief nicht als solche gesehen, die sündigen können, sondern als solche, die vollkommen gemacht sind. Das Hohepriestertum ist dazu da, ihre Schwachheiten zu tragen und dafür zu sorgen, dass die Vollkommenheit dieser Stellung, in die sie gebracht sind, immer sichtbar bleibt, immer deutlich bleibt. Der Hohepriester trägt die Schwachheiten des Volkes vor Gott. Im Hebräerbrief geht es um Gott, nicht um den Vater, um das Volk, nicht um die Familie Gottes, und um den Hohepriester und nicht um den Sohn.
In Johannes 17 dagegen haben wir den Gedanken, dass der Sohn zum Vater kommt und nicht, wie das bei einem Hohenpriester der Fall ist, mittelnd dazwischensteht, sondern mit dem Vater redet hinsichtlich der Seinen, die keines Mittlers bedürfen, sondern direkt zum Vater kommen. Deshalb haben wir es hier nicht mit Hohenpriestertum zu tun! Deshalb ist die traditionelle Bezeichnung „hohepriesterliches Gebet“, die in der Christenheit hier und da üblich ist, keine treffende Bezeichnung für dieses Gebet. Wenn wir nicht verstehen, dass das hier nichts mit Hohenpriestertum zu tun hat, dann haben wir eigentlich die Belehrung hier verfehlt, denn es ist etwas weit Höheres, es ist weit mehr als das. Der Vater redet mit dem Sohn über uns, die wir direkten Zugang haben zum Vater.
Aber Er bittet nicht hinsichtlich der Welt. Das ist eine wichtige und ernste Tatsache: Mit dieser Welt ist Gott fertig. „So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Das ist das Letzte, was Gott der Welt gesagt hat, und als die Welt seinen Sohn verwarf, da war endgültig Schluss mit den Absichten und Gedanken Gottes für die Welt. Der Sohn war der treue Zeuge, der völlig kundgemacht hat, was im Vaterherzen Gottes war, und der nun für die Welt keinen weiteren Auftrag mehr hat. Gott ist mit der Welt fertig, Gott hat mit der Welt nichts weiter vor. Er lässt sie dem Gericht entgegengehen. Aus der Welt errettet Er jeden, der sein Gnadenangebot annimmt, aber die Welt als solche ist für Gott erledigt. Er hat das Letzte mit ihr getan, als Er seinen Sohn sandte. Es ist eine Irrlehre, zu behaupten, dass die Welt noch einmal errettet werden würde, wie es hier und da in der Christenheit kursiert.
Der Herr Jesus wird mit der Welt wieder zu tun bekommen, wenn Er die Herrschaft antritt, aber dann wird es nicht mehr in Gnade sein, sondern dann wird Gerechtigkeit herrschen im Tausendjährigen Reich, und das wird die Welt zu fühlen bekommen. Wenn Gerechtigkeit herrscht, dann richtet sie ihr scharfes Schwert gegen alle Ungerechtigkeit auf dieser Erde. Das ist die Art und Weise, wie der Herr Jesus sich nächstens wieder mit der Welt beschäftigen wird nach der Entrückung der Seinen, wenn Er kommt, um in Macht und Herrlichkeit hier auf der Erde zu herrschen.
Darum sagt der Herr Jesus: „Nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast, denn sie sind dein.“