„Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben; damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns [eins] seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,20+21).
Hatten wir in diesen vorherigen Versen die Gläubigen auf dem Durchgang durch diese Welt und ihre Blickrichtung nach oben sowie die heiligende Wirkung, die daraus hervorging, dann haben wir jetzt einen (weiteren) Hinweis auf die Einheit. Wenn es in Vers 11 heißt: „Heiliger Vater! Bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins seien wie wir“, dann ist das diese Einheit, die man vielleicht die „apostolische Einheit“ nennen könnte. Wir haben bereits gesehen, dass es sich hier wohl um das Einssein zunächst der Apostel handelt, der Elfe, die hier noch um ihn waren, und vielleicht im etwas erweiterten Sinne auch derer, die alle dazu berufen waren, als seine Jünger nun das Evangelium hinauszutragen in die Welt – sie sollten eins sein! Und wir haben uns auch daran erinnert, dass wir ja gerade in der Vollendung des Wortes Gottes im Neuen Testament sehen, wie wunderbar dieses Gebet des Herrn erhört worden ist, wie wunderbar das alles eins ins andere sich fügt und ergänzt, obwohl das ganze Wort Gottes – und wir denken hier besonders natürlich an das Neue Testament, wenn es sich um die Jünger handelt – von so verschiedenen Charakteren geschrieben worden ist. Gott hat darüber gewacht, dass die Einheit bewahrt geblieben ist.
Aber in den Versen 20 und 21 haben wir etwas Anderes. Da bittet der Herr Jesus „nicht für diese allein“, also diese, von denen wir soeben gesprochen haben, sondern auch für eine andere Gruppe, nämlich „für die, die durch ihr Wort an mich glauben“. Für diese beiden Gruppen von Menschen, die beide zu den Seinigen gehören, bittet Er, und es ist ganz klar, dass wir hier alle Gläubigen vor uns haben von dem Tag der Apostel bis jetzt, einschließlich aller, die heute Abend hier sind (sofern sie ein Eigentum des Herrn Jesus sind), bis zu dem Augenblick der Entrückung, solange Gläubige auf der Erde sind. Sie alle gehören zu denen, die durch ihr, also der Apostel, Wort an den Herrn Jesus geglaubt haben. Das Wort der Apostel haben wir in Gottes Wort. Das Evangelium in seiner ganzen Tragweite, also nicht nur als Botschaft für die Verlorenen, sondern auch als der gesamte Inhalt der Lehre, der neutestamentlichen Lehre, das ist ihr Wort. Es ist das Wort Gottes, aber es war ihnen anvertraut. Sie hatten die Aufgabe, es auszubreiten und es uns zu überliefern, und jetzt sind wir also solche, die durch ihr Wort an den Herrn Jesus geglaubt haben.
Und da sagt der Herr Jesus: „Damit sie alle“, nämlich die Apostel damals, als der Herr Jesus damals dieses Gebet sprach, und alle bis heute, die dazu gehören, „eins seien, wie du, Vater in mir und ich in dir, damit auch sie in uns eins seien“.
Und dann geht es weiter: „Damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“. In den ersten Tagen des christlichen Zeugnisses auf der Erde, da war das tatsächlich sichtbar. In Apostelgeschichte 4,32 lesen wir: „Die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein Herz und eine Seele; und auch nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein Eigen wäre, sondern sie hatten alles gemeinsam. Und mit großer Kraft legten die Apostel das Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus ab; und große Gnade war auf ihnen allen“. Da haben wir etwas von diesem Einssein der Jünger und derer, die durch ihr Wort zum Glauben gekommen waren. Vorher waren schon an einem Tag 3000 Seelen gewonnen worden für das Evangelium, und täglich tat der Herr Jesus hinzu, „die gerettet werden sollten“, und alle waren ein Herz und eine Seele, „damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“.
Furcht kam die Menschen an, ein heiliges Ahnen durchzog ihre Seelen. Wenn sie das sahen, was sich da abspielte, dann erkannten sie: „Das ist Gottes Werk“. Sie glaubten, dass Gott den Herrn Jesus gesandt hatte, aber sie haben es nicht geglaubt mit dem Herzen zur Buße. Die ganze Welt ist nicht errettet worden und die ganze Welt wird auch nicht errettet. „Glauben“ heißt hier, dass sie es zugeben müssen, dass sie es nicht leugnen können, wenn sie es sehen.
Wir haben eine ähnliche Stelle vorher in Kapitel 16,8, wo die Rede davon ist, dass der Heilige Geist kommen würde, und dass Er, wenn Er käme, die Welt überführen würde von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht. Die Welt ist heute überführt, aber das heißt nicht, dass sie überzeugt ist, dass sie das zugibt, sondern in unseren Augen ist sie überführt von Sünde, weil sie nicht an den Herrn Jesus glaubt, sie ist überführt von Gerechtigkeit, weil er zu seinem Vater zurückgekehrt ist, und sie überführt von Gericht, weil der Fürst der Welt, der Teufel, gerichtet ist – das Kreuz von Golgatha ist sein Gericht. Diese Überführung ist kein Vorgang, der sich in den Herzen der Welt vollzieht, sondern in unseren Herzen. Wir verstehen das, für uns ist die Welt überführt. Ein Übeltäter, der überführt wird, der gibt oft seine Tat nicht zu, er ist nicht überzeugt, aber der Richter und die Zeugen, die das sehen, die sagen: „Er ist überführt“. Das geschieht in ihrem Urteil, in ihren Augen, und einen ähnlichen Vorgang haben wir hier, wo es heißt: „Damit die Welt glaube“. Das heißt: „Damit die Welt keine Möglichkeit mehr habe, das zu leugnen“, nämlich dass der Vater Ihn gesandt hat.
Kann die Welt das auch heute tatsächlich nicht mehr leugnen? Wir wissen alle zu genau, dass diese Tage, wo alle Gläubigen ein Herz und eine Seele waren, längst vergangen sind. Die Gläubigen, die Kinder Gottes, sind heute nicht mehr ein Herz und eine Seele. „Einheit ist nicht mehr zu sehen“, sagt ein Dichter. Aber er sagt nicht: „Einheit ist nicht mehr da“. Das ist, so glaube ich, ein Gedanke, den wir nicht von unseren Herzen wegwischen sollten. Die Wahrheit bleibt, die Absicht Gottes besteht nach wie vor: „Damit die Welt glaube“. Aber die Frage ist, ob unser Verhalten so ist, dass die Welt wirklich heute das zugeben muss, oder ob die Welt davon nichts mehr sieht. Es gibt auch heute noch die Möglichkeit, die Einheit aller Kinder Gottes praktisch darzustellen, wenn sie auch körperschaftlich nicht mehr zu sehen ist. Man kann sich zu dieser Einheit bekennen, auch wenn die Gläubigen weitgehend gespalten sind in viele Gruppierungen und Benennungen. Es ist unsere Aufgabe, durch die Verherrlichung des Herrn in unserem Wandel, indem wir uns heiligen, in der Praxis unseres Lebens doch noch immer ein Zeugnis zu sein, damit die Welt glaubt: Der Vater hat den Sohn gesandt. Wo immer jemand in der Welt sieht: „Diese Leute besitzen doch etwas, was wir nicht kennen“, da wird ein wenig davon Wirklichkeit. Aber im Ganzen gesehen müssen wir bekennen, dass die praktische Darstellung dessen heute nicht mehr gesehen wird wie in den Tagen der Apostel.