„Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind; ich in ihnen und du in mir, damit sie in eins vollendet seien [und] damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,22.23).

Wir haben im Anfang des Gebetes des Herrn gelesen, dass er sagt: „Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche deinen Sohn, auf dass dein Sohn dich verherrliche“.[1]

Der Herr Jesus ist als Mensch in den Himmel eingegangen und musste als Mensch in den Himmel eingehen, damit Menschen in den Himmel eingehen könnten. Jetzt lernen wir, dass sie nicht nur als Menschen dort eingehen werden, sondern als solche, die einen Herrlichkeitsleib tragen, „gleichförmig mit seinem Leib der Herrlichkeit“. Das können wir uns nicht vorstellen, wie dieser Herrlichkeitsleib aussieht. Wir wissen etwas von dem Herrlichkeitsleib des Herrn Jesus nach seiner Auferstehung, aber das können nur schwache, unvollständige Hinweise sein, denn was in jener Sphäre, die nicht dieser Schöpfung angehört, Wirklichkeit ist, das können menschliche Worte nicht beschreiben und schildern. Wir müssen warten und uns darauf freuen, dass wir bald bei Ihm sein werden, um es dann zu sehen. Aber möchten wir richtig verstehen: Es ist die Verherrlichung, die er vom Vater empfangen hat, die deshalb, weil Er sie als Mensch empfangen hat, nun auch verherrlichten Menschen zuteil werden kann.

So haben wir diese Herrlichkeit, und er sagt: „Ich habe sie ihnen gegeben“, obgleich wir jetzt noch in diesem Leib sind und es an uns noch nicht sichtbar ist. Aber das Besitztum dieser Herrlichkeit, das haben wir als ein festes Erbe.

Dann heißt es: „Damit sie in eins vollendet seien“. Dieser Ausdruck „vollendet“ deutet ohne Zweifel hin auf den Augenblick, wo alle Unvollkommenheit in der praktischen Verwirklichung des Einsseins nicht mehr gesehen wird, wo alles zur sichtbaren Vollendung gekommen ist. Dann wird die Welt tatsächlich erkennen, dass der Vater den Sohn gesandt und sie, die Seinen, geliebt hat, gleichwie er den Sohn geliebt hat.

Wie soll das denn sein, wenn die Welt den Herrn Jesus hasst und ihn ablehnt, dass sie das doch erkennen soll? In 2. Thessalonicher 1,10 ist die Rede davon, dass der Herr Jesus in Herrlichkeit erscheinen wird: „Wenn er kommen wird, um an jenem Tage verherrlicht zu werden in seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“. Dann, wenn wir mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen, wenn seine Braut als seine Gemahlin zu seiner Rechten sein wird und Er Gericht üben wird auf dieser Erde, um dann sein tausendjähriges Friedensreich aufzurichten, dann wird Er „verherrlicht werden in seinen Heiligen und bewundert werden in allen, die geglaubt haben“. Die Menschen werden Ihn sehen, in seiner eigenen, persönlichen Herrlichkeit, als den Herrscher aller Schöpfung, aber sie werden Ihn auch sehen und bewundern in seinen Heiligen, in denen, die geglaubt haben. Wir werden ein Bestandteil, ein Teil seiner Herrlichkeit sein, und die Welt wird uns sehen und in uns seine Herrlichkeit bewundern.

Dann wird die Welt tatsächlich erkennen, dass der Vater den Sohn gesandt und die Seinen geliebt hat, wie Er den Sohn geliebt hat. Das ist etwas Wunderbares, und bei dem Gedanken dürfen wir Mut schöpfen, dass der Augenblick kommen wird, wenn tatsächlich die Welt erkennen wird: „Ja, das ist der, den wir verachtet haben, das ist der, gegen den wir ungezählte Male gesündigt haben, das ist der, von dem wir nichts wissen wollten, und das sind die, die wir genauso verachtet haben wie Ihn, die wir für rückständig und beschränkt gehalten haben, über die wir in der Welt längst hinweg zu sein glaubten, weil sie in Einfalt als die Schafe dieses Hirten sich an die Wahrheit und den Wortlaut seines Wortes gehalten haben. In ihnen müssen wir jetzt sehen, was für ein herrlicher Herr Er ist, und wie Gott, der Vater, Ihn, den Sohn gesandt hat, der nun verherrlicht dasteht“.

Und sie werden auch erkennen, dass der Vater den Herrn Jesus gesandt „und uns geliebt hat, wie er ihn geliebt hat“. Wir sollten doch meinen, die Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn, das müsste doch immer noch ein wenig mehr sein als die Liebe des Vaters zu uns, aber der Herr Jesus sagt hier: „Dass du sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast“. Man kann darüber nachdenken: Ist dieses „wie“ der Art nach oder dem Ausmaß nach? Es steht hier einfach: „wie“. Das ist mehr, als was unsere schwachen Herzen umfassen können!

Wir haben eine andere Stelle in Johannes 15,9: „Wie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt; bleibt in meiner Liebe“. Die Liebe des Vaters zum Sohn ist das Maß sowohl der Liebe des Sohnes zu uns als auch der Liebe des Vaters zu uns. Sowohl der Herr Jesus, der Sohn Gottes, als auch der Vater haben uns geliebt mit der gleichen Liebe, mit der der Vater den Sohn liebt. Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus, wir sind völlig eingebunden in diese Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn – so sieht der Herr Jesus die Seinen.

Was für ein Glück, dass es hier nicht darum geht, ob überhaupt irgendetwas davon in unserem Leben gesehen wird. Davon müssen wir hier nicht reden, und davon dürfen wir nicht reden, sonst verstehen wir nicht, was der Herr uns sagen will. Aber nachher, wenn wir diese Liebe des Vaters ein wenig in unsere Herzen aufgenommen haben, dann müssen wir davon reden. Das sollten wir in der Stille unseres Kämmerleins tun, auf den Knien.

Ganz ähnlich ist es, wenn wir uns mit dem ersten Johannesbrief beschäftigen. Da geht es ja darum, dass das ewige Leben in uns gesehen wird. Auch da dürfen wir nie die Frage der praktischen Verwirklichung in diese Belehrungen hineinbringen, sonst verstehen wir das nicht! Dann können wir nicht verstehen, warum es heißt, dass einer, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt. Wir sehen da, wie die Dinge sind, und die praktische Verwirklichung dürfen wir nicht hineinbringen.

Aber auch dann dürfen wir niemals die Frage der Praxis unter den Teppich kehren, denn dann haben wir auch wieder den Zweck der Belehrung verpasst. Die Frage der praktischen Verwirklichung ist eine Frage des Gewissens, und wir sollten nie unser Gewissen dem Druck dieser Frage entziehen, aber wir dürfen das nicht vermischen mit den Belehrungen des Wortes, denn sonst verstehen wir das nicht. Möchten wir uns aber der Frage nach unserer Praxis nicht entziehen, sonst werden wir hochmütig, eingebildet und ein Gräuel für Gott, denn nichts ist schlimmer, als die heiligsten und erhabensten Dinge zu kennen und unheilig zu wandeln.

Deshalb wollen wir das auf uns einwirken lassen, und möge der Herr uns schenken, dass wir uns in der Stille vor Ihm fragen, wie es in meinem Leben aussieht. Dann will Er, dass wir freudig folgen und gehorchen aus Liebe, aus Liebe zu dem Gott und Vater, der uns so geliebt hat, und der gewollt hat, dass in dem Sohn eben diese Liebe in so wunderbarer Weise zum Ausdruck käme. Dann können wir dem Augenblick entgegensehen, wenn der Herr Jesus in all den Seinen, in all den Vielen, die wir gar nicht alle kennen, verherrlicht wird.


Fußnoten:

  1. Dieses Bitten des Herrn Jesus ist eigentlich ein Fragen, wie jemand, der auf einer Stufe mit einem anderen steht, fragt, und kein Bitten in untertäniger Weise, wie wir als Menschen betend bitten, sondern es ist ein Fragen, weil der Vater und der Sohn eins sind