Johannes sah im Geist ein scharlachrotes Tier, das sieben Köpfe und zehn Hörner hatte, und auf dem eine Frau saß. Der Engel erklärte ihm diese sonderbare Erscheinung:

„Hier ist der Verstand, der Weisheit hat: Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt“ (Offenbarung 17,9).

Die sieben Köpfe sind sieben Berge. Rom war und ist bekannterweise die Siebenhügelstadt. Es gibt auch andere Städte mit sieben Bergen, wie zum Beispiel Bamberg, aber darum geht es natürlich nicht. Das Tier aus Offenbarung 17 (und Offenbarung 13,1–8) ist das wiedererstandene Römische Reich.

Die sieben Köpfe weisen aber nicht nur auf Rom hin (das ist der Sitz des Römischen Reiches), sondern auch auf sieben Könige:

„Und es sind sieben Könige: fünf von ihnen sind gefallen, der eine ist, der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, muss er eine kleine Weile bleiben“ (Vers 10).

Es geht einfach nicht auf, wenn man an buchstäbliche Könige denkt. Welche Könige des Römisches Reiches sollten damit auch gemeint sein? Ferner ist es so, dass das hier benutzte Wort „gefallen“ sich nicht auf den Sturz von einzelnen Könige bezieht, sondern auf den Untergang eines Reiches, eines Systems (vgl. Offenbarung 14,8; 16,19). Darum hat man an dieser Stelle an sieben Regierungsformen (oder unterschiedliche Phasen) des Römischen Reiches gedacht.

Es ist wahr, dass man diese verschiedene Formen selbst nicht aus der Schrift ableiten kann. Ich finde es auch nicht einfach, das aus den Geschichtsbüchern zu entnehmen. Aber es ist wohl nicht so wichtig, was das genau für Arten von Regierungen sind, sondern man muss verstehen, dass es Unterschiede in der Regierung gab und geben wird, und dass die Herrschaft vielfach nicht so absolut war wie bei den vorangegangen Weltreichen (Babylonische; medo-Persische und Griechische). Franz Kaupp schreibt dazu Folgendes (aus „Die letzte Stunde“): „Jeder Geschichtskundige kennt die sechs bis zu der Zeit, da die Offenbarung gegeben wurde, dagewesenen, aufeinanderfolgenden Regierungsformen in Rom:

1.)      Könige

2.)      Konsuln oder Zweimännerkollegium

3.)      Dezemvirn oder Zehnmännerkollegium

4.)      Kriegstribunen

5.)      Diktatoren

6.)      Kaiser

Letztere Regierungsform bestand damals.“ Hier breche ich das Zitat bewusst ab, da Kaupp unter dem siebten König, wie schon Darby, Napoleon I. versteht. Ich halte das für eine merkwürdige Ansicht, denn zur Zeit Napoleons war das Römische Reich nicht mehr (gleichwohl die „Idee“ bis heute nicht untergegangen ist) – wie geschrieben steht: „Das Tier, das du sahst, war [zur Zeit Johannes’] und ist nicht [West-Rom ist im 5. Jahrhundert untergegangen] und wird aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen“ [das geschieht in der Zukunft, in der Drangsalszeit]. 

Die siebte Regierungsform ist m.E. die bis heute noch zukünftige Form der Herrschaft von zehn Quasi-Königen, die zugleich in dem Bild der zehn Hörner gesehen werden (in Daniel 2,41 sind die zehn Könige in dem Bild von zehn Zehen eines großen Bildes zu erkennen). Offenbarung 17,12 drückt das so aus: „Und die zehn Hörner, die du sahst, sind zehn Könige, die noch kein Königreich empfangen haben, aber Gewalt wie Könige empfangen eine Stunde mit dem Tier.“ Nur eine „Stunde“ währt diese Regierungsform, „eine kurze Zeit“. Zur Hälfte der letzten Woche Daniels wird sich ein neuer Herrscher hervortun und die ganze Macht in dem Römischen Reich bekommen. Dieser Herrscher wird vielfach mit dem Reich selbst identifiziert und auch direkt „Tier“ genannt (was auch Offenbarung 13,1 ff. zeigt). In Offenbarung 17,13 heißt es: „Diese haben einen Sinn und geben ihre Macht und Gewalt dem Tier.“ 

Und damit ist auch die Gelegenheit gekommen, den schwierigen Vers 11 dieses Kapitels ins Feld zu führen: „Und das Tier, das war und nicht ist, er ist auch ein achter und ist von den sieben und geht ins Verderben.“

Das Tier, das war und nicht ist, ist das Römische Reich. Doch dann kommt plötzlich das Haupt des Römischen Reichs in seiner letzten Form ins Blickfeld, und es heißt von dieser Person, dass er ein Achter sei. Er ist wie ein achter Kopf, eine weitere Regierungsform, aber seine Macht ist so groß, dass dieser Herrscher direkt mit dem Reich verbunden wird (man vergleiche das mit dem Ausdruck „Hitler-Deutschland“). Ferner: „Er ist von den sieben“ – das heißt: Es geht um das Römische Reich und wie es regiert wird (was eben die sieben Köpfe zeigen), aber es ist ganz verschieden von dem bisherigen und muss im Verderben enden. In Offenbarung 13,3 heißt es, dass ein Kopf des Tieres wie zum Tod geschlachtet war. Das ist das Römische Reich als Kaiserreich. Dieser Gedanke der kaiserlichen Herrschaft wird gewissermaßen in der Zukunft wieder aufgegriffen werden – und doch ist es etwas ganz Neues. Warum? Weil die Kaiser alle von Gott eingesetzt waren, aber von dem „Tier“ sagt die Schrift: „Und der Drache gab ihm seine Macht und seinen Thorn und seine Gewalt“ (Offenbarung 13,2).

Glückselig jeder, der die Zeit der Herrschaft des Tieres nicht erleben muss, sondern vorher von dem Herrn Jesus in den Himmel eingeführt werden wird!