In Johannes 13 wäscht der Herr Jesus seinen Jüngern die Füße und fordert sie auf, es so zu tun, wie Er es getan hat. Er sagt ihnen:
„Wenn nun ich, der Herr und Lehrer, euch die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr schuldig, einander die Füße zu waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, wie ich euch getan habe, auch ihr tut“ (Joh 13,14.15).
Es stellt sich die Frage, ob wir diese Handlung tatsächlich rituell so vollziehen sollen, wie es der Herr damals getan hat, oder ob die Worte des Herrn geistlich zu verstehen sind.
Es gibt bis heute christliche Gruppen und Kirchen, in denen die Fußwaschung rituell praktiziert wird (z.B. in der katholischen Kirche, wo der Papst am Gründonnerstag anderen Menschen die Füße wäscht). Damit stellt man die Fußwaschung auf eine Stufe mit den beiden einzigen Zeichen, die der Herr uns gegeben hat (das Mahl des Herrn und die Taufe).
Doch ist das korrekt? Es gibt gute Gründe, zu behaupten, dass die Fußwaschung geistlich zu verstehen ist. Das gilt sowohl für das, was der Herr tut, als auch für das, was wir tun sollen. Zweifellos hat der Herr damals im Obersaal den Jüngern tatsächlich die Füße gewaschen. Aber seine begleitenden Worte machen deutlich, dass Er dies – und zwar in geistlicher Weise – immer noch tut. Er wirkt im Himmel für uns, um uns von allem zu reinigen, was die Gemeinschaft mit Ihm stört. Und es gilt auch für das, was wir einander tun sollen.
Der Herr benutzt mit der Fußwaschung etwas, was die Menschen damals gut kannten, um uns geistliche Unterweisung zu geben. Hier sind fünf Argumente, die uns zeigen, dass die Fußwaschung geistlich zu verstehen ist:
- Das Johannesevangelium ist ein Evangelium, das sehr viele Bilder und Symbole verwendet, deren geistliche Bedeutung an den meisten Stellen nicht schwer zu erkennen ist. Dazu gehören das Wasser, das Brot, der Hirte und seine Schafe, der Weinstock und die Reben usw. Warum sollte das Wasser bei in Johannes 13 plötzlich eine buchstäbliche Bedeutung haben? Es weist zweifellos auf das Wort Gottes hin (vgl. Eph 5,26).
- Der Herr sagt zu Petrus, dass er jetzt nicht verstehen könne, was Christus an ihm tun wolle (Joh 13,7). Wenn es nur um die buchstäbliche Handlung ginge, hätten diese Worte keinen Sinn. Für Petrus war es nicht schwer, die buchstäbliche Handlung zu verstehen. Petrus wusste genau, warum die Füße gewaschen wurden. Der Herr muss also mehr meinen.
- Der Herr fragt alle Jünger, ob sie verstanden hätten, was Er ihnen getan habe (Joh 13,12). Auch diese Frage wäre sinnlos, wenn es sich um die buchstäbliche Handlung gehandelt hätte. Die Jünger hätten es ohne weiteres verstanden. Es war ja eine gängige Praxis, so etwas zu tun.
- Der Herr sagt in Johannes 13,15 nicht, sie sollten tun, was Er getan hatte, sondern sie sollten es tun, wie Er es ihnen vorgemacht hatte. Es ist eine Frage der Gesinnung und des Herzens. Das Wort „wie“ ist hier wichtig. Es bedeutet „entsprechend wie“. Hätte der Herr die Fußwaschung als Ritual (oder gar als Sakrament) gegeben, hätte Er ein anderes Wort benutzt, nämlich das Wort „was“. Er sagt also nicht: „Tut das, was ich getan haben“, sondern: „Tut es so, wie ich es getan habe.“ Darin liegt das Beispiel.
- In Johannes13, 8 sagt der Herr zu Petrus, dass er keinen Anteil an Ihm hätte, wenn Er nicht seine Füße waschen würde. Welche Bedeutung hat diese Aussage, wenn sie wörtlich genommen werden sollte? Petrus lag doch mit dem Herrn zu Tisch und hatte Gemeinschaft mit Ihm.
Damit ist klar, dass die Fußwaschung geistlich zu verstehen ist.
- Sie zeigt uns den Dienst des Herrn für uns im Himmel. Wenn wir uns durch Sünde verunreinigt haben, ist Er da, um uns durch das Wort Gottes zu reinigen, damit eine ungetrübte Gemeinschaft mit Ihm wieder möglich wird.
- Wenn es um uns geht, sollen wir einander im Geist der Liebe und Demut auf Fehlverhalten aufmerksam machen und einander helfen, dass solches Fehlverhalten erkannt, bekannt und abgestellt wird. Das ist in etwa das, was wir in Galater 6,1 lesen: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geist der Sanftmut, wobei du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest.“
Manchmal wird argumentiert, dass wir doch in 1. Timotheus 5,10 von einer Witwe lesen, die den Heiligen die Füße gewaschen hat, und dass dies nicht „geistlich“, sondern „tatsächlich“ zu verstehen ist. Die Antwort auf dieses Argument ist nicht schwer. In der Tat ist in diesem Vers von einer tatsächlichen Fußwaschung die Rede, wie sie damals üblich war. Allerdings kann man aus diesem Vers nicht schließen, dass es sich um eine religiöse Zeremonie handelt, sondern um einen (damals üblichen) Beweis der Gastfreundschaft. So etwas kennen wir heute nicht mehr. Außerdem gibt Paulus keine Aufforderung, es ebenso zu tun. Er stellt lediglich etwas fest.
Zusammenfassend halten wir fest, dass es wichtig ist, die eigentliche Handlung der Fußwaschung damals (in Johannes 13) richtig zu verstehen. Sie hat eine geistliche Bedeutung:
- Der Herr wirkt für uns im Himmel, um uns durch das Wort Gottes zu reinigen, wenn wir uns verunreinigt haben.
- Wir helfen einander mit dem Wort Gottes, wenn wir bei einer Schwester oder einem Bruder ein Fehlverhalten feststellen.
