Wenn der US-Präsident auf Staatsbesuch nach Deutschland käme, würde der rote Teppich ausgerollt; man würde alles stehen und liegen lassen, wenn der hohe Besuch etwas benötigt; sein Wunsch wäre Befehl. Auf dieser Erde steht er weit oben – und würde auch gerne so behandelt werden.

Wie anders der Herr Jesus, der Schöpfer, der ewige Gott höchstpersönlich. Niemand ist größer als Er, Er ist der unerreicht Höchststehende im ganzen Universum – und stelltet sich doch nach ganz unten. Jesu Leben auf der Erde war der Inbegriff von Demut. Deshalb ruft Er uns auch zu: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Eine unfassbar schwierige Lektion, die uns so gar nicht liegt, aber eine nötige Lektion in der Schule der Christusähnlichkeit.

Als es in der Gemeinde in Philippi Streit gab, zeigt Paulus praktisch mit dem Finger auf die Demut des Herrn und sagt: „So eine Einstellung braucht ihr und jeder Streit löst sich von selbst!“

Er schreibt: „Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war, der, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,6–8).

Die Demut Jesu beinhaltete, dass Er …

  • als Gott Mensch wurde.
  • als Schöpfer, dem die Schöpfung aufs Wort gehorcht (Ps 33,9), nun selber gehorcht.
  • als jemand, der es verdient hätte, dass Ihm jeder dient, nun selbst dient.

„Tiefer kann man sich nicht erniedrigen“ ist im Fall Jesu wortwörtlich korrekt. Von ganz oben nach ganz unten. Er verzichtete freiwillig auf die Rechte, die Ihm zustanden, und auf die Ehrfurcht der Menschen, der verdient und angemessen gewesen wäre. Er hielt nicht krampfhaft daran fest, als Gott aufzutreten, sondern verzichtete darauf. In seiner Demut war Er sogar bereit, alle Kosten seines Gehorsams zu ertragen, sogar den Tod.

Das ist eine harte Lektion. Wir Menschen wollen gerne ganz oben sein, wollen lieber Befehle erteilen als erfüllen, wollen lieber Applaus bekommen als geben, wollen lieber Rechte einfordern als aufgeben.

Christusähnlichkeit erfordert eine demütige Gesinnung von uns. Freiwillig, nicht erzwungen oder widerwillig. Der Herr sagt zu Recht, dass Er „von Herzen demütig“ (Mt 11,29) ist. Seine Erniedrigung war authentisch, nicht pragmatisch oder gar widerstrebend. Es war Ihm ein Herzensanliegen, sich unter sein Gegenüber zu stellen.

Wahre Demut besteht nicht so sehr darin, schlecht von uns selbst zu denken, als vielmehr darin, überhaupt nicht an uns zu denken.“ (John N. Darby)

Wenn wir diese Demut mehr praktizieren würden, gäbe es viel weniger Streit unter Gläubigen; könnten schon lange existierende Streitfälle schneller gelöst werden; würde das Miteinander reibungsloser funktionieren; würden Beleidigungen weniger schmerzen; wären wir zufriedener mit unserem Leben; könnten wir einander authentischer lieben; wäre die gegenseitige Empathie größer und noch vieles mehr. Das perfekte Vorbild fordert uns heraus zu einem solchen Leben.

Ein stolzer Nachfolger des demütigen Jesus – das kann ich nicht, darf ich nicht sein.“ (Andrew Murray)

Wer groß sein will, der diene still.
Wer hoch hinauf will, steig hinunter.
Doch kann man geh’n, so tief man will,
Der Höchste stand einst noch darunter
.“
(Charles Wesley)