„Und die ganze Erde hatte eine Sprache und dieselben Worte. Und es geschah, als sie nach Osten zogen, da fanden sie eine Ebene im Land Sinear und wohnten dort. Und sie sprachen einer zum anderen: Wohlan, lasst uns Ziegel streichen und hart brennen! Und der Ziegel diente ihnen als Stein, und das Erdharz diente ihnen als Mörtel. Und sie sprachen: Wohlan, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm, dessen Spitze an den Himmel reicht, und machen wir uns einen Namen, dass wir nicht zerstreut werden über die ganze Erde! Und der Herr fuhr herab, um die Stadt und den Turm zu sehen, die die Menschenkinder bauten. Und der Herr sprach: Siehe, sie sind ein Volk und haben alle eine Sprache, und dies haben sie angefangen zu tun; und nun wird ihnen nichts verwehrt werden, was sie zu tun ersinnen. Wohlan, lasst uns herabfahren und ihre Sprache dort verwirren, dass sie einer des anderen Sprache nicht verstehen! Und der Herr zerstreute sie von dort über die ganze Erde; und sie hörten auf, die Stadt zu bauen. Darum gab man ihr den Namen Babel; denn dort verwirrte der Herr die Sprache der ganzen Erde, und von dort zerstreute sie der Herr über die ganze Erde“ (1. Mo 11,1–9).
Vermutlich nicht lange nachdem Noah und seine Familie auf die gereinigte Erde gerettet worden waren, geschah die sogenannte Sprachenverwirrung von Babel. Dabei handelt es sich um ein weiteres dunkles Kapitel in der frühen Geschichte des Menschen. Gott griff ein und verwirrte die bis dahin einheitliche Sprache der Menschen (1. Mo 11,1).
Ein Weg hinab
Die Arche war auf dem Gebirge Ararat zu liegen gekommen (1. Mo 8,4). Die Menschen vermehrten sich und nach einiger Zeit zogen sie nach Osten, wo sie eine Ebene im Land Sinear fanden (1. Mo 11,2). Dieser Weg war – wie der weitere Verlauf der Geschichte zeigt – nicht nur in topografischer, sondern auch in moralischer Hinsicht ein Weg, der hinabführte.
Weisheit und Erfindungsgabe
Der Schöpfer hatte die Menschen mit Weisheit und Erfindungsgabe ausgestattet. Das wird gerade in diesen Versen deutlich. In relativ kurzer Zeit lernten die Menschen, Ziegel zu brennen und sie mithilfe von Erdharz zum Bau von Häusern zu verwenden (1. Mo 11,3).
Der Mensch handelt ohne Gott
Gott hatte in den Überlegungen und Plänen dieser Menschen keinen Platz. Sein Name wird in den ersten vier Versen überhaupt nicht erwähnt. Die Menschen handelten gänzlich eigenwillig, indem sie beschlossen, eine Stadt und einen Turm zu bauen und sich einen Namen zu machen (1. Mo 11,4).
Ungehorsam
Gott hatte Noah und seinen Söhnen den klaren Auftrag gegeben, sich zu mehren und die Erde zu füllen (1. Mo 9,1.7). Doch anstatt sich über die Erde auszubreiten, schlossen sich die Menschen zusammen und bauten eine Stadt, um nicht über die ganze Erde zerstreut zu werden (1. Mo 11,4). Das war nicht anderes als Ungehorsam gegenüber Gott.
Hochmut
Neben dem Ungehorsam erkennen wir in dem Handeln der Menschen aber auch Hochmut und Stolz. Zum einen strebten sie danach, Gott gleich zu sein, indem sie einen Turm bauen wollten, dessen Spitze an den Himmel reicht, und zum anderen wollten sie sich einen Namen machen (1. Mo 11,4).
Der HERR steigt herab
Der Herr fuhr herab, um die Stadt und den Turm zu sehen, den die Menschen bauten (1. Mo 11,5). Konnte Er die Stadt und den Turm etwa nicht vom Himmel sehen? Natürlich konnte Er das, aber Er kam herab, um sich gewissermaßen aus nächster Nähe ein Bild von dem Tun der Menschen zu machen.
Den Menschen kann nichts verwehrt werden
Derjenige, der die Menschen erschaffen hat, wusste bereits damals, dass ihnen nicht verwehrt werden kann, was sie zu tun ersinnen (1. Mo 11,6). Hat die Geschichte des Menschen dieses Urteil Gottes nicht vielfach bestätigt? Sie hat gezeigt, dass der Mensch alles, was er sich vorgenommen hat, früher oder später auf die eine oder andere Weise auch verwirklicht hat.
Die Antwort Gottes
Auf das zweimalige „Wohlan“ der Menschen folgt ein „Wohlan“ Gottes (1. Mo 11,7). Klingt das nicht wie Ironie vonseiten Gottes? Die Menschen hatten ihre Pläne gefasst, aber Gott[1] hatte einen ganz anderen Plan: Er wollte herabfahren, um die Sprache der Menschen zu verwirren.
Der HERR verwirrt und zerstreut
Der HERR griff in zweierlei Hinsicht ein: Zum einen verwirrte Er die Sprache der Menschen, was dazu führte, dass sie sich nicht mehr verstanden, und zum anderen zerstreute Er sie über die ganze Erde (1. Mo 11,8.9). Darum gab man diesem Ort den Namen Babel („Verwirrung“).
Gericht und Gnade
Die Sprachverwirrung in Babel war ein Eingreifen Gottes sowohl im Gericht als auch in Gnade. Damit vereitelte Gott einerseits die hochmütigen Pläne der Menschen und sorgte andererseits dafür, dass die Entwicklung des Bösen aufgehalten wurde. Überdies erreichte Er sein Ziel, die Menschen über die ganze Erde zu zerstreuen.
Fußnoten: