Der Herr Jesus hat ein vollkommenes Leben gelebt. Er hat von Anfang bis Ende den Willen Gottes getan. Er lebte ohne Sünde und tat nur Gutes. „Wohltuend und alle heilend“, so beschreibt Petrus den Lebensweg seines Meisters (Apg 10,38). In seinem Gehorsam, seiner Liebe, seiner Treue, seiner Sanftmut, seiner Hingabe an Gott, seinem Vertrauen, seiner Demut und Freundlichkeit hat Er den Menschen ein vollkommenes Beispiel hinterlassen. Er ist in allem versucht worden wie wir (ausgenommen die Sünde) und hat sich in allem als tadellos erwiesen.

Und doch hätte uns das alles nichts genützt, wenn Er nicht gestorben wäre. Die Israeliten waren angewiesen, das Passahlamm vom 10. bis zum 14. Tag in die Häuser zu nehmen. So konnten sie sich vier Tage lang davon überzeugen, dass es das geeignete Lamm „ohne Fehl“ war. Aber am 14. Tag mussten sie es schlachten. Ohne das Blut des Lammes an den Türpfosten und dem Türsturz wären sie vor dem Gericht, das Gott nicht nur über die Ägypter, sondern über das ganze Land Ägypten bringen musste, nicht sicher gewesen. Das Weizenkorn musste nicht nur in die Erde fallen, sondern auch sterben. Wenn der Herr Jesus nur Mensch geworden und ohne den Tod am Kreuz in den Himmel zurückgekehrt wäre, wäre Er dort ewig allein geblieben.

Wie kommt es, dass die Christenheit heute zwar das Kind in der Krippe feiert und dem wohltätig umherziehenden Menschen Jesus einen gewissen Respekt zollt, aber mit dem am Kreuz sterbenden Erlöser nichts mehr anfangen kann oder allenfalls einen Märtyrer in Ihm sieht?

Nur ein lebender Christus auf der Erde ohne ein vollbrachtes Erlösungswerk hätte es für den Menschen nur noch schlimmer gemacht. Denn die Vollkommenheit Jesu auf der Erde klagt uns sündige Menschen an. Die Makellosigkeit des Herrn Jesus hält uns Menschen den Spiegel vor. Sie zeigt uns, wie wir hätten leben sollen, um Gott zu gefallen. Sie offenbart unseren verlorenen Zustand. Deswegen brauchten wir nicht nur einen lebenden Wohltäter, sondern einen sterbenden Erlöser.

Eindrücklich wird das in der Geschichte von dem Blindgeborenen in Johannes 9 deutlich. Der Herr Jesus bereitete aus seinem Speichel vermischt mit dem Staub der Erde einen Brei und strich diesen Brei auf die Augen des Blinden. Die Zubereitung des Breis spricht von dem Kommen des Herrn Jesus als Mensch auf die Erde. Aber man kann sich vorstellen, dass der Brei den Zustand des Blinden zunächst verschlimmerte. Das vollkommene Licht des Lebens des Herrn Jesus machte die moralische Finsternis im Herzen der Menschen offenbar. Trotzdem sagt der Blinde: „Er salbte meine Augen damit.“ Es ist der erste Schritt zur Heilung des Menschen von seiner Sündenkrankheit, wenn er nicht nur weiß, dass mit ihm nicht alles in Ordnung ist, sondern wenn ihm sein kranker Zustand brennend bewusst wird. Aber um vollständig geheilt zu werden, musste der Blinde sich in dem Teich waschen, der „Gesandt“ hieß.[1] Erst wenn der Mensch den von Gott gesandten Retter, der stellvertretend für ihn in den Tod ging, im Glauben annimmt, dann werden seine Sünden abgewaschen und er ist rein in Gottes Augen.


Fußnoten:

  1. Bemerkenswert, dass der Herr nicht zu dem Blinden sagte: „Wasche deine Augen“, sondern: „Wasche dich.“ Der Mensch ist nicht nur blind in Bezug auf sich selbst, sondern von Kopf bis Fuß unrein in den Augen Gottes