Wein ist den Menschen gegeben, um sich daran zu erfreuen (Ps 104,15). Deshalb spricht Wein symbolisch von irdischer Freude, die Gott uns zum Genuss gegeben hat. Allerdings hat Wein immer das Potenzial von „Ausschweifung“, wenn man zu viel davon nimmt und sich damit berauscht (Eph 5,18).

Es spricht nichts gegen den Genuss irdischer Freuden. Wer gerne gutes Essen genießt, Ausflüge in eine schöne Umgebung macht oder Freude an körperlicher Betätigung, Sport, Werken, Handarbeit, Technik, Architektur oder Dekorationsgegenständen hat, darf sich damit beschäftigen. Wenn es aber überhandnimmt in unserem Leben und uns zeitlich oder gedanklich vereinnahmt, ist es zum Schaden. „Alles ist mir erlaubt“, sagt Paulus, „aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von keinem beherrschen lassen“ (1. Kor 6,12).

Für den Nasir, denjenigen, der sein Leben ganz Gott weihen wollte, galt es, zuallererst auf Wein zu verzichten (4. Mo 6,3). Heute kehrt sich ein Gott geweihter Christ freiwillig von Dingen ab, die ihm früher viel bedeuteten. Weltlich gesinnte Christen haben dafür kein Verständnis. Der Prophet Amos hält dem Volk vor, dass sie „den Nasiräern Wein zu trinken gegeben“ haben (Amos 2,12), um ihr lästiges Vorbild loszuwerden. Aber der für Gott Abgesonderte weiß, dass es etwas gibt, das „besser ist als Wein“: die Liebe Christi (Hld 1,2). Er empfindet die Abkehr von irdischen Dingen gar nicht als Verzicht, sondern als Erleichterung, weil der Christus durch den Glauben in seinem Herzen wohnt. Der Genuss der Liebe Christi füllte Paulus so aus, dass er alles, was ihn von der Vortrefflichkeit dieser Liebe ablenkte, als Verlust und Dreck ansah (Eph 3,17.19; Phil 3,7.8).

Kennen wir die Liebe Christi als herzerfüllenden Gegenstand? Ihr Genuss ist besser als alles, was die Erde und erst recht die Welt bietet. Sogar David kannte etwas von diesem Genuss: „Du hast Freude in mein Herz gegeben, mehr als zur Zeit, als es viel Korn und Most gab.“ Deshalb fragt er: „Bis wann werdet ihr Eitles lieben? … Erkennt doch, dass der HERR den Frommen für sich abgesondert hat“ (Ps 4,8.3.4).

Für den Bräutigam im Hohelied war die Liebe seiner Braut nicht nur besser, sondern „viel besser als Wein“ (Hld 4,10). Welche Wertschätzung für unsere geringe Liebe zu Ihm! Wie wenig schätzen wir oft seine unendliche Liebe zu uns. Und doch wäre die Beschäftigung mit seiner Liebe zu uns der beste Antrieb für ein Ihm geweihtes Leben, das nicht ständig nach Ablenkung durch irdische Genüsse Ausschau hält. Deshalb: „Sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist“ (Kol 3,1.2).