„Als Jesus dies gesagt hatte, wurde er im Geist erschüttert und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich überliefern“ (V. 21).

Mit diesen Worten spricht der Herr nicht die Herzen, sondern die Gewissen der Jünger an. Angesichts der Bosheit, die jetzt offenbar werden muss, sollten sie ins Licht Gottes gestellt werden. „Einer von euch“; damit möchte der Herr auch grundsätzlich den Seinen sagen, dass sie sich demütigen müssen, bevor sie sich von dem Bösen unter ihnen distanzieren. Das ist auch eine wichtige Belehrung für uns in unseren Tagen! Wenn heute in unserer Mitte etwas Böses geschieht, dann heißt das auch von uns: „Einer von euch“! Wir müssen uns von dem Bösen in unserer Mitte distanzieren, aber wir müssen uns zuvor sehr bewusst machen, dass es einer von uns war, dass es in unserer Mitte geschehen konnte.

Der Herr geht bei diesem Offenbarmachen von Judas Iskariot als Verräter sehr behutsam und schrittweise vor. Nach den ersten Andeutungen in den Versen 18 und 19 gibt Er jetzt hier in Vers 21 weiteres Licht über diese erschütternde Tat. Er macht zum einen klar, dass es einer von ihnen sein würde und nennt auch deutlich, was diese Sünde sein würde, nämlich, dass Er durch einen von ihnen überliefert werden würde. Er hätte das auch mit einem einzigen Satz deutlich machen können, aber das hat Er nicht getan, weil Er auch in den Herzen der Jünger etwas bewirken wollte. Und so geschah es auch, ihre Gewissen kamen in Übung.

Es erschütterte den Herrn, dass mit Judas ein Vertrauter zu einem Feind wurde. Er war ja nach Geist, Seele und Leib wahrer Mensch, und Er hat in jeder Phase seines Menschseins gelitten. Was seine körperlichen Leiden betrifft, ist das ja offenkundig und wird in jedem der Evangelien deutlich betont. Was seine seelischen Leiden betrifft, haben wir in Johannes 12,27 gelesen, dass seine Seele bestürzt oder erschüttert war; und hier lesen wir jetzt davon, dass Er im Geist erschüttert wurde. Das zeigt uns den ganzen Umfang seiner Leiden.

Anders, als es bei uns der Fall ist, hatte der Herr Jesus immer vollkommene, tiefe und reine Empfindungen. So, wie Er in dieser Situation erschüttert wurde, sind wir wohl noch nie erschüttert gewesen. Zum dritten Mal wird in diesem Evangelium davon gesprochen, dass der Herr Jesus erschüttert wurde. Am Grab von Lazarus in Johannes 11,33 lesen wir es zum ersten Mal; da war Er erschüttert über die Folgen der Sünde für einen seiner Freunde, dass der Tod auch vor einem der Seinen nicht haltmachte. Zum zweiten Mal finden wir es in Johannes 12,27, wo seine Seele bestürzt war, weil das vor Ihm stand, was die Folgen der Sünde für Ihn selbst bedeuten würden, wenn Er der Sündenträger sein würde. Hier ist Er erschüttert darüber, wohin die Sünde einen ungläubigen Menschen, der nicht bereit ist, umzukehren, treiben kann. Und Er wollte auch noch etwas anderes bei den Jüngern erreichen: Er wollte sie an seinen Empfindungen über diesen schändlichen Verrat ein wenig teilhaben lassen. Sie sollten wenigstens etwas davon empfinden, welch ein Schmerz das für Ihn war, wenn Er hier im Geist erschüttert wurde.

Diese beiden Zielrichtungen verfolgt der Herr auch heute, wenn Er Böses in unserer Mitte offenbar macht. Er möchte erreichen, dass wir erkennen, was das für Ihn bedeutet und wie schrecklich Sünde in seinen Augen ist. Er möchte auch, dass wir erkennen, dass wir selbst genauso zu allem Bösem fähig sind. Wenn der Herr diese beiden Ziele bei uns erreicht, dann führt das dazu, dass das offenbar gewordene Böse in unserer Mitte in der richtigen Weise behandelt wird. Wenn wir vor Augen haben, was Sünde für Ihn bedeutet, bewahrt uns das davor, leichtfertig über Sünde zu urteilen und es nicht so genau damit zu nehmen. Und wenn wir daran denken, dass auch wir selbst zu allem fähig sind, dann bewahrt uns das ebenfalls davor, Sünde in einer gleichgültigen Weise zu behandeln. In dem Gesetz des Sündopfers in 3. Mose 6 lesen wir, dass es an heiligem Ort gegessen werden sollte (s. V. 19). Wenn wir uns mit Sünde beschäftigen müssen, die der Herr in unserer Mitte offenbar gemacht hat, dann stehen genau diese zwei Punkte damit in Verbindung, das Opfer an heiligem Ort zu essen: was Sünde in seinen Augen bedeutet, und dass wir zu genau der gleichen bösen Tat fähig sind.

Es ist ein großes Anliegen des Herrn, vorhandenes Böses in der Mitte der Kinder Gottes um seiner eigenen Ehre und Herrlichkeit willen offenbar zu machen. Er kann nicht zulassen, dass seine Person mit Bösem in Verbindung gebracht wird. Es ist sein großer Wunsch, mit den Seinen Gemeinschaft zu haben; und so wie hier wird Er Böses behutsam offenbar machen, damit es gottgemäß geordnet werden kann. Im Verlauf dieser Szene hier auf dem Obersaal sehen wir, dass es auch auf unseren persönlichen Zustand ankommt, auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt der Herr die Dinge offenbar macht. Beklagen wir nicht zu Recht manchmal, dass es lange dauert, bis Böses offenbar wird? Doch dann müssen wir uns auch fragen, ob das nicht mit unserem persönlichen Zustand zu tun hat. Von Johannes lernen wir, dass das bewusste Genießen der tiefen Gemeinschaft mit dem Herrn eine wichtige Voraussetzung dafür ist, solche vertrauten Mitteilungen von dem Herrn zu empfangen. Johannes suchte nicht diese Nähe und Gemeinschaft, um vertraute Mitteilungen von dem Herrn zu empfangen, sondern er empfing diese Mitteilungen, weil er eine solche Nähe genoss. Er ging nicht erst in diese vertraute Nähe zu dem Herrn, als diese Frage aufkam, sondern er befand sich schon vorher dort.

Aber es ist wohl auch so, dass der Herr Jesus nicht nur darüber erschüttert wurde, was das für Ihn bedeutete, sondern sicher war es auch Erschütterung darüber, dass einer, der Ihn so lange und eng begleitet hatte, sich selbst zum Verderben zubereitet hatte. Gleichzeitig staunen wir, was wir in Römer 9,22.23 über die Langmut Gottes gegenüber solchen lesen, die zubereitet sind zum Verderben. Diese Langmut hat auch der Herr Jesus Judas Iskariot gegenüber erwiesen, wie hat Er ihn ertragen! Allein die Tatsache, ihn als einen der Zwölf auszuerwählen, übersteigt unser Fassungsvermögen; was muss das für Ihn gewesen sein. Er hatte es getan, damit die Schrift erfüllt würde. Ist das nicht einer der höchsten Beweise seiner Bereitschaft, sich in allem dem Willen des Vaters unterzuordnen – selbst wenn es bedeuten würde, einen auszuwählen, von dem Er wusste, dass er Ihn überliefern würde? Die Tatsache, dass Er wusste, was Judas tun würde, hat sein Leiden in Bezug auf diese Person kein bisschen reduziert, im Gegenteil!

Der Herr Jesus als der in jeder Hinsicht Vollkommene war jedoch nie beherrscht von seiner Erschütterung! Er schritt voran in dem, was Er offenbaren wollte, bezeugte es und sprach über dieses Geschehnis. Er bezeugte, legte also ein Zeugnis ab. Was Er jetzt sagte, war überprüfbar und würde sich in den nächsten Stunden als absolut wahr erweisen: Einer von seinen Jüngern würde Ihn überliefern – und das sogar mit einem Kuss (s. Mk 14,45), dem Zeichen inniger Zuneigung. Diese Tatsache wird dann später sogar dem Herrn Jesus bei seinem ersten Verhör durch Pilatus vorgehalten (s. Joh 18,35). Und warum wurde Er überliefert? Um gekreuzigt zu werden (s. Mt 26,2)!

Wenn der Herr Jesus später dem Apostel Paulus eine Offenbarung über dieses Gedächtnismahl gibt, dann tut Er das in der Erwähnung dieser Tatsache, dass die Einsetzung des Gedächtnismahles in der Nacht geschah, als Er überliefert wurde (s. 1. Kor 11,23). In dieser dunkelsten Nacht der Weltgeschichte würde Ihn einer aus seinem innersten Kreis den Feinden überliefern.

„Da blickten die Jünger einander an, in Verlegenheit darüber, von wem er rede“ (V. 22).

In Matthäus 26,22 lesen wir, dass die Jünger über diese Worte des Herrn sehr betrübt wurden. Jetzt machen sie sich doch tiefe Gedanken über diese Ankündigung des Herrn. Bei den verschiedenen vorangegangenen Andeutungen des Herrn über die Person und die Tat des Judas hatten sie wenig Empfindung dafür gezeigt, aber jetzt wird doch durch dieses „einer von euch“ sehr konkret, dass sie direkt betroffen sind. Der Herr will ihre Gewissen erreichen; und sie sind hier tatsächlich bereit, sich selbst infrage zu stellen bevor sie die Worte des Herrn infrage stellen. Sie zweifeln nicht daran, dass Er die Wahrheit sagt – und doch haben sie keine Ahnung, wer es sein könnte. Aber sie blicken einander an. Wenn wir etwas nicht verstanden haben und eine Antwort suchen, werden wir sie kaum finden, wenn wir einander anblicken, wir müssen uns direkt an den Herrn wenden, wie Petrus und Johannes es dann auch tun.

In Verlegenheit zu sein bedeutet wörtlich, ohne Weg zu sein oder ohne Ausweg zu sein. Sie wussten wirklich nichts. Das zeigt auch, wie der Herr Jesus den Judas behandelt haben muss. Er muss ihn mit der gleichen Freundlichkeit und Fürsorge behandelt haben wie auch die anderen Jünger. Und Judas hat seine heuchlerische Rolle bis zum Ende „perfekt“ gespielt. Es ist gleichsam der Gipfelpunkt der Heuchelei, dass Judas in dieser Szene den Herrn fragt: „Ich bin es doch nicht, Rabbi?“ (Mt 26,25)! Die Gewissen der übrigen elf Jünger wurden durch die Worte des Herrn erreicht, aber das Herz von Judas blieb kalt und hart wie Stein. Er tat überhaupt nicht so, als ob er selbst irgendwie betroffen wäre.

Wenn wir noch einmal an die Worte des Herrn in seinem Gebet zu seinem Vater denken, dass Er niemanden verloren hatte als nur den „Sohn des Verderbens“ (Joh 17,12), dann sehen wir darin auch, wie sehr Ihn das geschmerzt hatte, dass Judas durch nichts zu erreichen gewesen war.

Gibt es überhaupt eine Lektion, die wir durch Judas lernen können? Eins zeigen uns die Jünger hier: Sie fragen sich, zu was sie wohl fähig wären. Und diese erforschende Frage sollten auch wir uns stellen. Wenigstens dazu kann dieser Bericht dienen, dass wir uns fragen, wozu wir fähig sind. Unser Inneres ist genauso abgrundtief verdorben wie das des schlimmsten Verbrechers. „Da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer“ (Röm 3,12). Wir haben in unseren Herzen auch alle Abgründe, die es in einem verlorenen Sünder gibt. Deshalb dürfen wir nie hochmütig werden. Keiner der Jünger sagte, dass ihm das nicht geschehen könne. Petrus würde den Herrn kurz danach verleugnen. Und doch ist das etwas ganz anderes, als Ihn zu verraten. Judas nämlich als Werkzeug des Teufels versuchte, Ihn völlig zu vernichten. Er ist und bleibt eine einzigartige Person, die mit niemandem außer dem Antichrist verglichen werden kann.

„Einer aber von seinen Jüngern, den Jesus liebte, lag zu Tisch in dem Schoß Jesu“ (V. 23).

Einer von euch – Judas; einer von seinen Jüngern – Johannes. Der Kontrast zwischen diesen beiden könnte kaum größer sein! Johannes verschweigt in seinem Evangelium immer seinen Namen; in den übrigen drei Evangelien und auch in der Apostelgeschichte wird sein Name oft erwähnt. Aber in dem Evangelium, das er selbst geschrieben hat, nennt er seinen Namen nicht. Hier tritt er jetzt zum ersten Mal in den Vordergrund, und da nennt er sich den „Jünger, den Jesus liebte“. Was für ein schöner Ausdruck für eine gekannte und genossene Beziehung. Diese Ausdrucksweise deutet in keiner Weise darauf hin, dass er etwa der Lieblingsjünger des Herrn Jesus gewesen wäre, denn der Herr liebte seine Jünger alle mit gleicher Liebe. Aber Johannes wird diese Liebe am meisten von allen genossen haben. Ausgehend von seinem hohen Lebensalter, das er erreicht hat, muss er hier in seinen mehr als drei Jahren mit dem Herrn Jesus noch sehr jung gewesen sein. Ist das nicht bewegend, dass gerade einer der Jüngsten sich unter der Leitung des Heiligen Geistes mit Recht diesen Titel gibt? Wie sieht es damit bei uns aus? Genießen wir ganz persönlich die Liebe des Herrn Jesus?

Fünfmal kommt dieser Ausdruck im Johannesevangelium vor, und jedes Mal steht damit eine spezielle Aktivität oder Handlung des Johannes in Verbindung. Hier liegt er mit dem Herrn Jesus zu Tisch; in Johannes 19,26 steht er unter dem Kreuz seines Herrn; in Johannes 20,1–10 läuft er mit Petrus zu dem leeren Grab des Herrn; bei dem Fischzug in Johannes 21,7 weist er Petrus auf den Herrn am Ufer hin und gibt so ein Zeugnis über Ihn ab; und in Johannes 21,20 folgt er, ohne dazu eine besondere Aufforderung erhalten zu haben, seinem Herrn. Dabei scheint die erste dieser fünf Stellen die Kernstelle zu sein, weil sie ihn an diesem Platz zeigt, dessen tiefste Bedeutung und hohen Wert man kaum mit Worten erklären kann.

Er liegt in dem Schoß Jesu, was auf eine gekannte und genossene Beziehung der Nähe hinweist. Gemeinschaft, Nähe und Liebe prägen diese Szene und auch Johannes darin. Er erlebte die Realität der Worte des Psalmschreibers David: „Das Geheimnis [die vertraute Mitteilung, der vertraute Umgang] des HERRN ist für die, die ihn fürchten“ (Ps 25,14). Dieser Johannes, der die Gemeinschaft mit seinem Herrn so genoss, ist jetzt derjenige, der dem Herrn die Frage, die alle Jünger bewegt hatte, stellt und auch eine Antwort darauf bekommt.

„Diesem nun winkt Simon Petrus, damit er frage, wer es wohl sei, von dem er rede“ (V. 24).

Es ist sehr schön, das Zusammenwirken von Johannes und Petrus in dieser Szene zu sehen. Diese beiden Jünger, die von ihrer Veranlagung her so unterschiedlich waren, entlockten dem Herrn gemeinsam diese Sache. Petrus war räumlich etwas weiter weg vom Herrn und konnte Ihm diese Frage offenbar nicht so vertraulich stellen; aber er kannte den, der näher beim Herrn war und gab diesem deshalb ein Zeichen, dass er Ihn fragen solle. Petrus war älter als Johannes, aber er sah, dass Johannes eine größere Nähe zum Herrn hatte, und er neidete ihm diesen vertrauteren Zugang zu dem Herrn nicht.

Die Jünger saßen ja nicht auf Stühlen um einen Tisch herum, wie wir das heute kennen, sondern sie lagen zu Tisch. Dabei liegt der Körper auf Polstern ruhend (s. Mk 14,15) auf der Seite, der Kopf ist in die Mitte zu dem Tisch gerichtet, und die Füße sind nach hinten von dem Tisch weg gerichtet. Nur so konnte ja auch die Sünderin in dem Haus Simons, des Pharisäers, wo der Herr mit Simon und den Übrigen zu Tisch lag, von hinten zu seinen Füßen stehen und seine Füße mit dem Salböl salben (s. Lk 7,37.38). So lag hier auf dem Obersaal der Herr zu Tisch, Johannes lag direkt vor Ihm, und Petrus scheint Johannes gegenüber gelegen zu haben. Und als Petrus dem Johannes diesen wortlosen Wink – vielleicht nur durch eine Kopfbewegung oder einen Augenkontakt – gegeben hatte, brauchte sich Johannes nur nach hinten an die Brust des Herrn zu lehnen, um Ihm diese Frage zu stellen.

Eine andere praktische Bestätigung dieser damaligen Sitte des Zu-Tisch-Liegens finden wir in Lukas 14,7–11. Da mahnt der Herr die Seinen, bei einer Einladung zu einer Hochzeit nicht nach den ersten Plätzen zu trachten, sondern sich auf den letzten Platz zu legen, damit der Gastgeber ihnen mit den Worten: „Freund, rücke höher hinauf“, eine besondere Ehrerbietung erweisen kann.

„Jener aber, sich an die Brust Jesu lehnend, spricht zu ihm: Herr, wer ist es?“ (V. 25).

Johannes, im Schoß des Herrn liegend, genoss ganz bewusst, Teil mit Ihm zu haben (vgl. V. 8), bei ihm war der Herr mit der Fußwaschung zum Ziel gekommen. Aus dieser gelebten Gemeinschaft heraus erhielt er jetzt auch die Antwort auf die entstandene Frage, indem er sich zurücklehnte an das Herz seines Herrn. Er war nicht an diesem Platz, um Mitteilungen von dem Herrn zu bekommen; doch weil er dort war, konnte er Mitteilungen erhalten. Wir suchen nicht die Gemeinschaft mit dem Herrn, um Geheimnisse zu erfahren, sondern wir genießen diese Gemeinschaft und können deshalb vertraute Mitteilungen bekommen. Das Ziel muss der Genuss der vertrauten Gemeinschaft sein, und diese Atmosphäre ist dann der Rahmen für die vertraute Mitteilung.

Und obwohl Johannes in einer so vertrauten Nähe zu dem Herrn Jesus war, nannte er Ihn „Herr“. Je näher ich dem Herrn Jesus bin, umso mehr ist mir bewusst, dass Er der Herr ist, unendlich erhaben über mich. Je inniger ich die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus genieße, umso mehr bin ich mir dessen bewusst, vor wem ich stehe! Es ist gerade diese vertraute Gemeinschaft mit Ihm, die meinem Herzen seine überragende Größe bewusst macht.

Johannes genoss also diese besondere Nähe zu seinem Herrn, aber ohne den Wink von Petrus hätte es auch keine Antwort gegeben, denn die Frage kam von Petrus. Diese zwei Jünger ergänzten also einander. Petrus war der Aktivere, Johannes war der Nähere, Petrus sprach mehr, Johannes hörte mehr zu. Aber nur durch den Impuls von Petrus kam es überhaupt dazu, dass der Herr Jesus das Geheimnis lüftete. Beide Jünger waren unterschiedliche Persönlichkeiten in ihrem Charakter und ihrem Auftreten. Wir lernen daraus, dass es keine zwei Gläubigen gibt, die einander gleich sind. Alle sind unterschiedlich, und jeder ist auch anders in seiner Beziehung zu dem Herrn Jesus. In Johannes 11 hatten wir das ebenfalls bei Martha und Maria gesehen; auch diese beiden waren unterschiedlich, hatten verschiedene Naturelle und auch unterschiedliche Beziehungen zu dem Herrn Jesus. Wir müssen das im Umgang miteinander immer berücksichtigen, dass wir verschieden sind. Hier trugen sowohl Petrus als auch Johannes jeder sein spezielles Teil dazu bei, um diese Information von dem Herrn zu bekommen.

Aber es war doch ein ganz besonderer Platz der Nähe, den Johannes eingenommen hatte. So hatte auch Maria zu den Füßen des Herrn in Johannes 11 einen anderen Platz eingenommen als Martha. Ein solcher Platz der Nähe zum Herrn ist auch für uns Gläubige etwas ganz Wichtiges! Damals auf dem Obersaal konnte sich nur ein Jünger an die Brust des Herrn Jesus lehnen – heute kann das jeder von uns. Jedem von uns steht dieser Platz der Nähe zum Herrn Jesus offen, um diese Nähe zu genießen und sich der Liebe des Herrn zu erfreuen. Dabei denken wir nicht an Dienst, an Aufträge und Tätigkeiten, sondern es geht um unser persönliches Glück als Gläubige: einfach bei dem Herrn zu sein, seine Liebe zu genießen, mit seiner wunderbaren Person beschäftigt zu sein, seine Gedanken mit Ihm zu teilen – es gibt nichts Höheres für uns!

Der Bräutigam im Hohenlied fordert die Braut auf: „Komm!“ (Hld 2,10.13) – das ist die Einladung des Herrn Jesus an jeden Gläubigen: „Komm zu mir und genieße die Nähe bei mir.“ In Sendschreiben an Laodizea steht Er an der Tür und klopft an und möchte hineinkommen und Gemeinschaft mit uns haben, möchte seine Gedanken mit uns teilen, uns seine Liebe vorstellen (s. Off 3,20). Johannes hat diesen Platz der vertrauten Gemeinschaft gesucht und diese Liebe genossen.

„Jesus antwortet: Der ist es, dem ich den Bissen, wenn ich ihn eingetaucht habe, geben werde. Als er nun den Bissen eingetaucht hatte, gibt er ihn Judas, Simons Sohn, dem Iskariot“ (V. 26).

Der erste Bissen bei dem Passahmahl spricht normalerweise von einer gewissen Ehrerweisung für den, dem er gegeben wird. Ist das nicht noch eine letzte Geste der Liebe des Herrn zu diesem Mann? Leider hat Judas diesen Hinweis nicht erfasst. Es ist übrigens tatsächlich der Bissen von dem Passahmahl, den der Herr hier Judas gibt. Es geht hier noch nicht um das Gedächtnismahl, das der Herr später auf diesem Obersaal eingesetzt hat. Vergleicht man diese Szene hier im Johannesevangelium mit der Schilderung im Lukasevangelium, scheint es so zu sein, als wäre Judas Iskariot bei der Einsetzung des Gedächtnismahles noch dabei gewesen (s. Lk 22,14–23). Aber Lukas schildert die Ereignisse nicht chronologisch, sondern methodisch (vgl. Lk 1,3), in einer moralischen Reihenfolge. Nur Johannes schreibt sein Evangelium absolut chronologisch. Markus schreibt überwiegend chronologisch, Lukas und Matthäus dagegen wenig chronologisch, sondern eher in thematischen und moralischen Zusammenhängen. Vom zeitlichen Ablauf auf dem Obersaal her ist es also so gewesen, dass Judas den Obersaal verlassen hat, nachdem er den Bissen von dem Passahmahl aus der Hand des Herrn bekommen hatte. Als der Herr danach das Gedächtnismahl eingesetzt hat, war Judas schon hinausgegangen in die Nacht.

Ob diese schlichte Frage: „Herr, wer ist es?“, überhaupt von den übrigen Jüngern gehört worden ist? Es scheint doch so, dass diese ganz vertraute Frage wegen der besonderen Nähe des Johannes zu dem Herrn nur zwischen diesen beiden hörbar war. Offenbar wussten die anderen Jünger nicht, was Johannes den Herrn gefragt hatte, denn sie hatten ja völlig abwegige Gedanken, was der Herr mit seinen Worten an Judas Iskariot meinte. Dieser kurze Austausch zwischen Johannes und dem Herrn war offensichtlich so vertraut und distanzlos, dass kein anderer etwas davon mitbekam.

Der Herr hatte Judas also mit einer Geste der Liebe offenbar gemacht. Wenn wir dann daran denken, wie Judas bei der konkreten Überlieferung des Herrn vorgegangen ist, dann erschüttert es uns, dass er auch eine Geste der Liebe und Vertrautheit nutzt, wenn er den Herrn mit einem Kuss überliefert (s. Lk 22,47.48). Auf der einen Seite sehen wir die ungeheuchelte Gnade des Herrn Jesus Judas gegenüber, und auf der anderen Seite die ganze Niedertracht des verdorbenen menschlichen Herzens des Judas, der sich nicht scheut, den Herrn mit einem Zeichen der Liebe zu verraten.

Bis Vers 30 haben wir in diesen Versen vier besondere Betonungen, die in unserer Übersetzung durch den Kursivdruck auffallen. Hier in Vers 26: „Der ist es“ – Judas Iskariot – „dem ich den Bissen“ – der Herr Jesus; dann in Vers 27: „fuhr dann der Satan in ihn“ – wieder Judas Iskariot; und zum Schluss in Vers 30: „Als er nun den Bissen genommen hatte“ – noch einmal Judas. Die Jünger hatten diese Szene nicht verstanden, aber der Herr wusste alles und machte es offenbar. Er kannte den, der es tun würde, und würde ihn durch den Bissen offenbar machen. Aber gerade in diesem Vers wird durch diese Betonungen ein gewaltiger Gegensatz zwischen Judas Iskariot und dem Herrn Jesus deutlich gemacht: derich. Der eine ging hin, um für einen eigenen Vorteil den Herrn Jesus zu überliefern; und der andere stand im Begriff, aus dieser Welt zu dem Vater zu gehen – auf dem Weg über das Kreuz, um für andere sein Leben zu lassen.

„Und nach dem Bissen fuhr dann der Satan in ihn. Jesus spricht nun zu ihm: Was du tust, tu schnell!“ (V. 27).

Warum fuhr der Satan gerade in diesem Augenblick in Judas? Er war jetzt durch den Herrn Jesus offenbar gemacht worden, und dadurch war wohl jede Barriere, wenn sie denn überhaupt vorhanden gewesen war, niedergerissen worden. Und genau in diesem Augenblick, wo die letzten Schranken beiseitegeschoben wurden, konnte Satan, der ihm ja vorher schon etwas in sein Herz gegeben hatte (s. V. 2), die vollständige Kontrolle über Judas übernehmen. Satan überließ das auch nicht einem seiner Dämonen, sondern er fuhr persönlich in ihn, damit Judas unter seiner Kontrolle diese böse Tat ausführen sollte. Damit gab es für Judas auch keine Möglichkeit mehr, doch noch zu Gott umzukehren. Zeitgleich mit dem Ablehnen des letzten Gnadenangebotes nahm Satan völligen Besitz von ihm, und damit war es für Judas Iskariot für immer zu spät!

Dieser schreckliche Höhepunkt einer Entwicklung kann übrigens nur auf einen Ungläubigen zutreffen. Es sollte uns Gläubige nicht beunruhigen, ob das auch bei uns der Fall sein könnte, denn wir sind aus dem Machtbereich Satans, aus der Gewalt der Finsternis herausgerettet worden (s. Kol 1,13) und sind sicher in der Hand unseres Herrn und in der Hand des Vaters (s. Joh 10,28.29). Der Teufel kann nicht in einen Gläubigen fahren; aber wir müssen uns dessen bewusst sein, dass er mit allen Mitteln versucht, auf das Herz eines Gläubigen Einfluss zu nehmen. Denken wir nur an Ananias in Apostelgeschichte 5,3, wo Petrus ihm vorwerfen muss, dass der Satan sein Herz erfüllt hatte, den Heiligen Geist zu belügen und von dem Erlös des Feldes beiseitezuschaffen. Satan möchte Einfluss auf unsere Entscheidungen ausüben und unser Herz dazu in Besitz nehmen. So hatte er bei Judas Iskariot angefangen (s. V. 2), und in dieser Gefahr stehen auch wir.

Bei Judas hatte es eine Entwicklung gegeben, die mit der Geldliebe und Habsucht begonnen hatte (s. Joh 12,6). Einen nächsten Schritt haben wir in Johannes 13,2 gesehen, wo der Teufel dem Judas diese Absicht ins Herz gegeben hatte, irgendwie einen Ersatz für die aus seiner Sicht entgangenen 300 Denare zu erlangen; wenigsten zehn Prozent dieser Summe könnte er durch die Überlieferung des Herrn erreichen. Und das müssen wir durchaus als Warnung für unser persönliches Leben berücksichtigen. Wir können durch unser Verhalten dem Teufel eine Angriffsfläche bieten. Denken wir z. B. an Epheser 4,27, wo wir davor gewarnt werden, dem Teufel Raum zu geben. Offensichtlich kann es auch bei uns Gläubigen geschehen, dass wir wie hier im Zusammenhang mit fleischlichem und nicht bereinigtem Zorn dem Teufel eine Angriffsfläche, ein spezielles Einfallstor in unser Leben bieten, das er für sein zerstörerisches Wirken nutzen würde.

Auch wenn es um die Vergebungsbereitschaft einer örtlichen Versammlung gegenüber ausgeschlossenen Geschwistern geht, sollten wir bedenken, dass Satan uns übervorteilen möchte (s. 2. Kor 2,10.11). Eine fehlende Vergebungsbereitschaft, eine unangemessene Härte Ausgeschlossenen gegenüber, die deutlich Buße gezeigt haben, wird vom Teufel für seine Zwecke und zum Schaden für uns Glaubende ausgenutzt werden. Soweit es an uns liegt, wollen wir deshalb nicht mit dem Feuer spielen und ihm keine Angriffsflächen bieten. Wir kennen uns selbst ein wenig und wollen uns deshalb warnen lassen, ihm im Blick auf Heuchelei oder verhärtete Herzenshaltungen ein Einfallstor für sein zerstörerisches Werk zu bieten.

Was meint der Herr dann mit den Worten: „Was du tust, tu schnell“? Der Herr wusste, dass Judas von diesem Entschluss nicht mehr abgebracht werden konnte; wenn er denn nun schon für eine derart schmähliche Handlung bereit war, dann sollte er sie auch schnell vollziehen. Aus zwei Gründen sollte es schnell geschehen: Judas sollte schnell den Obersaal verlassen, damit der Herr endlich sein Herz voll Liebe und wunderbarer Mitteilungen für seine Jünger öffnen konnte. Ein anderer Gesichtspunkt ist, dass die Kreuzigung des Herrn nach dem Ratschluss Gottes an dem Passahfest geschehen sollte, und dazu mussten die Ereignisse jetzt einen schnellen Verlauf nehmen und noch in dieser Nacht geschehen.

Dieses „was du tust“ steht in Bezug auf Judas Iskariot „in den Büchern geschrieben“, und nach diesem Werk wird er einmal vor dem großen weißen Thron gerichtet werden (s. Off 20,12). Wir werden dabei sein, wenn Judas wegen dieses Werkes gerichtet wird. Dieser Mann wusste nicht, dass im Himmel etwas aufgeschrieben würde und welche unendlichen Konsequenzen damit für ihn verbunden sein würden. Aber unser Herr hat es gewusst, und Er wird bald als der Richter auf diesem großen weißen Thron sitzen und auch über Judas das gerechte Urteil sprechen!

„Keiner aber von den zu Tisch Liegenden verstand, wozu er ihm dies sagte. Denn einige meinten, weil Judas die Kasse hatte, dass Jesus zu ihm sage: Kaufe, was wir für das Fest nötig haben, oder dass er den Armen etwas geben solle“ (V. 28.29).

Diese letzte Aufforderung des Herrn an Judas hat niemand verstanden, auch Johannes und Petrus nicht. Die beiden Jünger wussten jetzt wohl, wer den Verrat an dem Herrn begehen würde, aber was der Herr mit seinen Worten an Judas meinte, konnten sie nicht einordnen.

Diese Verse sind eine ergänzende Kommentierung dieser Szene durch den Heiligen Geist. Johannes musste das ungefähr sechzig Jahre, nachdem es geschehen war, so aufschreiben. Auch Johannes selbst hat die Bedeutung dieser Worte des Herrn an Judas erst im Nachhinein verstanden, damals auf dem Obersaal trotz seiner Nähe zu dem Herrn noch nicht. Das zeigt erneut, wie viel größer der Herr ist als alle anderen handelnden Personen hier. Er wusste alles, Er kannte den Verräter, Er kannte die zeitliche Abfolge, weswegen Er ihm sagte, es schnell zu tun.

Die Tatsache, dass Judas die Kasse hatte und dass in Verbindung damit ein Hang zur Geldliebe und Habsucht deutlich wird, zieht sich durch diese Kapitel hindurch (s. Joh 12,4–6; 13,2). Aber hier waren auch die übrigen Jünger in ihrem Denken auf das Irdische und Materielle ausgerichtet. Sie konnten sich deshalb nicht zu der Höhe der Gedanken des Herrn erheben. Das ist auch für uns ein ernster Hinweis, dass eine irdische Ausrichtung bei uns ein Hindernis für ein tieferes Verständnis der Gedanken des Herrn sein kann. Versagen wir nicht oft darin, mehr von Ihm zu erkennen, weil wir so auf die irdischen, materiellen Dinge ausgerichtet sind?

Wieder haben sie den Herrn (wie in V. 22) nicht verstanden, und wieder haben sie nur ihre eigenen Gedanken, was der Herr mit seinen Worten wohl gemeint haben könnte. Ihre eigenen Überlegungen offenbaren, welche Erfahrungen sie in ihrem Umgang mit dem Herrn gemacht hatten. Der Herr muss während seiner Zeit mit den Jüngern regelmäßig das Passah mit ihnen gefeiert haben, sonst wären sie wohl gar nicht auf diesen Gedanken gekommen, dass wohl noch etwas für dieses Passahfest eingekauft werden müsste. Auch ihr zweiter Gedanke, dass vielleicht etwas den Armen gegeben werden sollte, hatte offenkundig die Grundlage, dass sie das mit dem Herrn erlebt hatten, denn Er hatte ihnen ja gesagt, dass sie den Armen wohltun könnten, wenn sie wollten (s. Mk 14,7). An anderer Stelle lesen wir, dass Er selbst einmal gesagt hatte: „Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,35). Sie kamen also auf diese Gedanken, weil sie solche Situationen mit ihrem Herrn erlebt hatten.

„Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus. Es war aber Nacht“ (V. 30).

In Vers 26 hatte der Herr dem Judas den Bissen gegeben, und hier sehen wir jetzt die Seite des Judas, dass er diesen Bissen auch aus der Hand des Herrn annahm. Zeigt das nicht, dass Judas dieses letzte Bemühen des Herrn, ihn gewinnen zu wollen, bewusst ablehnte? Es war auch der Höhepunkt seiner Heuchelei, dass er diesen Ehrenbissen tatsächlich aus der Hand des Herrn entgegennahm.

Sobald Judas den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus. Das zeigt noch einmal, dass er bei der Einsetzung des Gedächtnismahles durch den Herrn nicht mehr dabei war, denn der Herr hatte Brot und Kelch nach dem Mahl – dem Essen des Passahmahles – genommen und den Jüngern als diese bedeutsamen Zeichen seines Todes gegeben (s. Lk 22,20; 1. Kor 11,25).

Für den weiteren Verlauf der Unterredung auf dem Obersaal mussten zwei Dinge notwendigerweise geschehen: Judas Iskariot musste als Verräter offenbar gemacht werden, und er musste auch diese Gemeinschaft verlassen, bevor das Brotbrechen durch den Herrn eingeführt wurde. Interessant, dass der Herr ihn nicht hinausgeschickt hat, sondern dass Judas von sich aus hinausging. Der Teufel hatte so vollständig Besitz von ihm genommen, dass Judas vor dem göttlichen Licht in der Gegenwart des Herrn nicht bestehen konnte. Er musste diesen Ort verlassen.

Es war zu diesem Zeitpunkt sicher buchstäblich Nacht. Es war aber gleichzeitig auch die größte Nacht und Finsternis für Judas Iskariot selbst, denn sein Ende stand jetzt unwiderruflich fest: ewig verloren! Eine tiefere Nacht gibt es nicht. Judas hatte die Worte des Herrn gehört: „Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe“ (Joh 12,46); er hatte auch die Mahnung des Herrn gehört: „Wandelt, während ihr das Licht habt, damit nicht Finsternis euch ergreife!“ (Joh 12,35). Aber auch diese letzten Mahnungen an sein Ohr hatten ihn nicht erreichen können. In seinem Herzen blieb es finster, und jetzt ging er hinaus in die Finsternis.

Dieser Ausdruck beschreibt also nicht nur die aktuelle Tageszeit, sondern er hat auch eine tiefe geistliche Bedeutung in Bezug auf Judas. Für ihn die größte Finsternis – aber für den Herrn der Ausgangspunkt für die größte Herrlichkeit. Welch ein gewaltiger Gegensatz zwischen Vers 30 und Vers 31.

„Als er nun hinausgegangen war, spricht Jesus: Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm. Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, wird auch Gott ihn verherrlichen in sich selbst, und sogleich wird er ihn verherrlichen“ (V. 31.32).

In diesem bemerkenswerten Übergang von Vers 30 zu Vers 31 sehen wir also, dass Judas Iskariot in die ewige Nacht gegangen und der Herr mit den elf Jüngern auf dem Obersaal zurückgeblieben war. Es scheint, als sei eine dunkle Wolke gewichen, und der Herr ist jetzt wie befreit, sich seinen Jüngern zuzuwenden und ihnen sein Herz zu öffnen.

Das Erste, worüber Er spricht, ist nicht die Verlegenheit und Unsicherheit der Jünger, sondern Er spricht über göttliche Herrlichkeiten am Kreuz. Diese beiden Verse bilden einen besonderen Höhepunkt in diesem Evangelium und überhaupt in den Worten, die der Herr gesprochen hat. Es sind Worte des Herrn, die wir nicht nur verstehen, sondern vor allen Dingen mit unseren Herzen erfassen müssen. Sie werden unsere Liebe zu Ihm und die Wertschätzung seiner Person anfachen. Wir wollen uns ihnen mit größtem Respekt und Vorsicht nähern, weil sie uns ganz erhabene Gedanken eröffnen.

Fünfmal kommt in diesen Versen der Ausdruck verherrlichen vor, es ist der prägende Gedanke dieser Worte des Herrn, deshalb müssen wir verstehen lernen, was damit gemeint ist. Verherrlichen bedeutet, dass die Schönheit, Größe und Perfektion einer Sache oder wie hier einer Person in vollem Licht dargestellt werden. Es geht dabei um eine dreifache Verherrlichung, von der der Herr Jesus hier spricht: zuerst von der Verherrlichung des Sohnes des Menschen, dann von der Verherrlichung Gottes in Ihm, dem Sohn des Menschen, und drittens von der Verherrlichung des Sohnes des Menschen durch Gott in sich selbst.