Exkurs zu der Szene auf dem Berg der Verklärung
Die Szene auf dem Berg der Verklärung (s. Mt 17,1–8; Mk 9,1–8; Lk 9,28–36; 2. Pet 1,16–18) stellt uns nicht ein Bild von der Herrlichkeit im Haus des Vaters vor. Auch die Wolke selbst – die Schechina – ist davon kein Bild, denn dort treten die alttestamentlichen Gläubigen Mose und Elia mit dem Herrn ein. Sie sind zwar in diesem Moment ein Vorausbild der Gläubigen der Gnadenzeit, sowohl der Heimgegangenen (Mose) als auch derer, die lebend entrückt werden (Elia), aber Mose und Elia als alttestamentliche Personen werden nicht im Haus des Vaters sein. Die Wolke ist das Bild der Gegenwart Gottes im Blick auf die Schöpfung. In der Herrlichkeit werden wir keine Wolke sehen. Aber hier in der Schöpfung ist diese Wolke die glanzvolle, herrliche Wohnung Gottes bei den Menschen.
Wenn es in Lukas 9,34 heißt, dass sie sich fürchteten, als sie in die Wolke eintraten, dann sind damit zwei verschiedene Personengruppen gemeint. Die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes fürchteten sich, als Mose und Elia mit dem Herrn in die Wolke eintraten. Diese Wolke ist nicht das Haus des Vaters, sondern die Gegenwart Gottes. Aber auch da kommen Unterschiede zum Ausdruck, weil Mose und Elia dort mit dem Herrn zusammen verherrlicht waren, während die drei Jünger als ein Bild der Gläubigen, die sich auf der Erde befinden, separat standen.
„Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seiet“ (V. 3).
In diesem Vers haben wir nun die dritte Tröstung des Herrn für die Jünger und damit auch für uns: In dem Haus des Vaters ist heute eine Person, die sich nach uns sehnt. Wir dürfen das Wiederkommen des Herrn erwarten, der selbst kommen wird, um uns zu sich zu nehmen. Er wird keinen Engel schicken oder sonst irgendwie ein Wunder bewirken, sondern selbst kommen, damit wir auf ewig bei Ihm sind. Es ist eine Liebes- und Ehrerweisung gegenüber den Seinen, dass Er selbst kommen wird. Sein Verlangen nach diesem Augenblick ist wohl weit größer als unser eigenes Verlangen. Vers 1 zeigt uns, dass wir einen Anziehungspunkt im Himmel haben, nämlich den Herrn, und Vers 3 sagt uns, dass der Herr einen Gegenstand auf der Erde hat, nämlich die an Ihn Glaubenden, die Er liebt.
Auch diese dritte Tröstung richtet die Herzen der Jünger weg von einer irdischen und jüdischen Erwartung. Als Jünger des Herrn hatten sie die irdische Erwartung auf den kommenden Messias; ihre Hoffnung war, lebendig in ein irdisches Reich ihres Messias auf der Erde einzugehen. Mit seinen Worten in diesem Vers richtet der Herr jetzt ihre Erwartung auf eine himmlische Ebene, auf das ewige Haus seines Vaters, in dem sie einmal mit Ihm wohnen werden.
Das, was der Herr Jesus hier sagt, finden wir in den Briefen des Apostels Paulus weiter erklärt, z. B. in 1. Thessalonicher 4, 1. Korinther 15, Philipper 3 und anderen Stellen. Aber über das Haus des Vaters (s. V. 2) kann nur einer sprechen, der immer in diesem Haus des Vaters gewesen ist. Nur Er kann uns von dieser Atmosphäre etwas weitergeben.
Warum wiederholt der Herr jetzt, dass Er hingeht und uns eine Stätte bereitet? Weil es offensichtlich so sehr bedeutsam ist. Dieses wenn bedeutet ja nicht eine gewisse vage Möglichkeit, dass Er hingehen würde, sondern wenn der Fall eintritt, dass Er hingeht. Damit wir Menschen für diese Stätte passend würden, mussten ja verschiedene Voraussetzungen Wirklichkeit werden: Ein Mensch musste als unser Vorläufer dort in das Haus des Vaters einziehen, und auf unserer Seite ist zwingend notwendig, dass wir die Vergebung unserer Sünden besitzen und auch das neue ewige Leben, die Natur Gottes selbst, haben, um diese Herrlichkeit genießen zu können. Das war nur durch das Werk von Golgatha möglich; und deshalb bedeutet dieses Hingehen auch den Weg über das Kreuz von Golgatha – das wollen wir nie vergessen, auch wenn der Herr in diesen Kapiteln nie von Golgatha spricht.
Sein Hingehen, um diese Stätte für uns zu bereiten, ist für uns heute eine vollendete Tatsache. Und genauso sicher, wie Er hingegangen ist, wird Er auch wiederkommen. Der Herr drückt das nicht in der Zukunftsform aus, sondern in der Gegenwartsform, so fest und sicher und gegenwärtig ist diese Tatsache. So, wie Er es hier ausdrückt, klingt es fast so wie eine Selbstverständlichkeit. In Hebräer 10,37 wird Er als „der Kommende“ bezeichnet, als sei Er schon auf dem Weg zu uns. Und der Herr selbst sagt von sich: „Ich komme bald [schnell, eilends]“ (Off 22,7.12.20). Wir sollen wissen, dass wir viel zu eng zu Ihm gehören, als dass man sich vorstellen könnte, dass Er geht und wir allein und ohne Perspektive hier zurückbleiben würden. Er hat den Wunsch, dass wir bei Ihm sein sollen. Er möchte uns für sich haben, weil wir einen ganz besonderen Wert für Ihn haben. Jetzt müssen wir hier in unserem Leben oft bekennen, dass wir Ihn verunehren – und dennoch will Er, dass wir bei Ihm seien!
Der Herr kommt also wieder, aber nicht, um wie früher bei den Jüngern zu sein, sondern um sie und alle Glaubenden zu sich zu nehmen. Aus 1. Thessalonicher 4,16.17 können wir entnehmen, dass Er bei diesem Kommen nicht bis auf die Erde, sondern mit den Wolken kommen wird und wir Ihm dort entgegengerückt werden. Dort in der Luft wird Er uns in Empfang nehmen und mitnehmen zu sich in das Haus seines Vaters.
In 2. Thessalonicher 2,1 wird dieses Ereignis sogar mit zwei Ausdrücken beschrieben. Die Thessalonicher sollten sich nicht erschrecken und verunsichern lassen durch die falschen Behauptungen, dass der Tag des Herrn schon da sei und sie sich schon in der Drangsalszeit befinden würden. Als Begründung für seine Ermutigung spricht Paulus dort von „der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unseres Versammeltwerdens zu ihm hin“. Er benutzt also zwei Ausdrücke für dasselbe Ereignis; der erste Ausdruck zeigt die Seite des Herrn bei diesem Ereignis, es ist seine Ankunft. Der zweite Ausdruck schildert dieses Ereignis aus unserer Sicht, wir werden dabei zu Ihm hin versammelt werden.
Die Belehrung des Apostels Paulus über das Kommen des Herrn zur Entrückung in 1. Thessalonicher 4,15–18 kommt den Worten des Herrn hier in Johannes 14,1–3 sehr nahe. Er sagt das ja auch „im Wort des Herrn“, es war also eine Offenbarung des verherrlichten Herrn im Himmel speziell an Paulus im Blick auf diese Entrückung. Der Herr hatte diese Worte in Johannes 14 auf der Erde gesprochen, aber dann hatte Er es für nötig erachtet, diese Wahrheit vom Himmel aus noch einmal vorzustellen und sie dem Apostel Paulus zu offenbaren. Wir finden deshalb mehrere Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Stellen:
| Johannes 14,1–3 | 1. Thessalonicher 4,15–18 |
|
Euer Herz werde nicht bestürzt |
Ermuntert einander mit diesen Worten |
|
So komme ich wieder |
Der Herr selbst wird kommen |
|
Ich werde euch zu mir nehmen |
Wir werden Ihm entgegengerückt werden |
| Damit, wo ich bin, auch ihr seiet | So werden wir allezeit bei dem Herrn sein |
„Wo ich bin“, das ist das Haus des Vaters. Dort war für Ihn, den ewigen Sohn, schon immer das Zuhause gewesen, aber dort ist Er jetzt auch als verherrlichter Mensch zu Hause und dort wird Er uns mit sich verbinden. Der wunderbare Augenblick dieser Vereinigung wird bei der Entrückung stattfinden, und dann werden wir in Ewigkeit da sein, wo Er ist. Sein Zuhause ist dann auch unser Zuhause! Welches Glück für unsere Herzen – und welche Freude für Ihn, der diese Stätte für uns bereitet hat.
Der Herr spricht hier übrigens überhaupt nicht von Kronen oder von zehn Städten und fünf Städten, gar nichts von Belohnung. Das sind auch wichtige Gesichtspunkte des Kommens des Herrn, aber sie zeigen einen anderen Aspekt, der damit in Verbindung steht. Dabei geht es um die öffentliche Seite der Folgen seines Kommens und um die Seite unserer Verantwortung. Hier dagegen geht es um die Seite der Gnade, der Familienbeziehungen in der Familie Gottes. Im Haus des Vaters ist man Kind, und man kann nicht mehr, aber auch nicht weniger sein. So wichtig unsere Treue auch ist im Blick auf die Zukunft, hier geht es um einen Akt seiner Gnade; Er kommt und holt uns, weil wir zu Ihm gehören und Er uns liebt.
Frage: Geht unserem Einziehen in das Haus des Vaters unser Erscheinen vor dem Richterstuhl des Christus voraus? Findet die Hochzeit des Lammes mit seiner Braut erst danach statt? In welcher Reihenfolge werden diese Ereignisse geschehen?
Antwort: Der Ausdruck „seine Frau hat sich bereitet“ bei der Hochzeit des Lammes in Offenbarung 19,7 scheint die Zubereitung der Braut für die Hochzeit durch den Richterstuhl des Christus anzudeuten. Diese Hochzeit findet unmittelbar vor der öffentlichen Erscheinung des Herrn Jesus am Ende der siebenjährigen Drangsalszeit statt, nachdem die falsche Braut, die Hure Babylon, gerichtet ist. Aber ob es tatsächlich dieses zeitliche Intervall von mehreren Jahren zwischen der Entrückung und dem Offenbarwerden vor dem Richterstuhl geben wird, kann daraus nicht zwingend abgeleitet werden. Wir werden unmittelbar mit der Entrückung untrennbar und auf ewig bei dem Herrn sein. Ab diesem Zeitpunkt gibt es keine Terminpläne mehr, wir müssen nur sittliche Zusammenhänge erkennen. Am Richterstuhl wird es darum gehen, dass nichts mehr zwischen uns und dem Herrn stehen soll, dass wir unser Leben mit seinen Augen sehen, wie Er es immer beurteilt hat. Da müssen wir doch annehmen, dass dies sofort nach der Entrückung stattfinden wird, damit wir auch ungetrübt und in voller Übereinstimmung mit dem Herrn seine Nähe genießen können.
Ergänzende Frage: Was ist mit den heimgegangenen Gläubigen der Gnadenzeit, gehen sie direkt in das Haus des Vaters?
Anwort: Der eine der beiden Übeltäter am Kreuz war noch am gleichen Tag mit dem Herrn im Paradies (s. Lk 23,43); Paulus wünschte, „abzuscheiden und bei Christus zu sein, denn es ist weit besser“ (Phil 1,23). Wenn Gläubige heimgehen, wird der Leib in ein Grab gelegt, und Geist und Seele gehen in das Paradies und warten auf ihre Auferweckung beim Kommen des Herrn. Sie sind noch nicht im Haus des Vaters, dorthin werden sie erst zusammen mit den entschlafenen Gläubigen aus der Gnadenzeit und den lebendig verwandelten Gläubigen der Gnadenzeit kommen. Das ist kein Verlust oder eine Abwertung, denn sie sind allezeit bei Christus, sie sind „einheimisch bei dem Herrn“ (2. Kor 5,8). Der Zustand zwischen unserem leiblichen Tod und unserer Auferweckung ist viel vorzüglicher als ein Leben in dieser Welt, es ist weit besser! Dann bei dem Kommen des Herrn zur Entrückung werden alle Glaubenden einen Leib empfangen, der gleichförmig ist mit seinem Leib der Herrlichkeit (s. Phil 3,21), und mit diesen verherrlichten Leibern werden dann alle Glaubenden der Gnadenzeit gemeinsam in das Haus des Vaters eingehen. Dann werden wir Ihm gleich sein und Ihn sehen, wie Er ist (s. 1. Joh 3,2).
„Und wohin ich gehe, wisst ihr, und den Weg wisst ihr“ (V. 4).
Wenn es in Vers 3 um die Entrückung geht, durch die wir in das Haus des Vaters kommen werden, dann steht dort der Herr Jesus vor uns – wir werden bei Ihm sein! Ab Vers 4 möchte der Herr Jesus jetzt zeigen, dass wir durch die Entrückung auch zu dem Vater gehen werden. In Vers 3 steht Er als der ewige Sohn vor uns, und hier in Vers 4 als Mensch, wie Er zu dem Vater geht.
„Wohin ich gehe“ drückt nicht exakt dasselbe aus wie das „wo ich bin“ in Vers 3. Es klingt ähnlich, beinhaltet aber einen gewissen Unterschied in der Bedeutung der beiden Aussagen. Wenn der Herr in Vers 3 gesagt hat: „wo ich bin“, dann hat Er ja nicht gesagt: „wo ich sein werde“. Jedes Mal, wenn der Herr im Johannesevangelium „wo ich bin“ sagt, spricht Er von der ewigen Atmosphäre in dem Haus des Vaters (s. Joh 7,34; 12,26; 14,3; 17,24), und jedes Mal von sich in der Gegenwartsform als ewig dort seiend. Es ist also eine Aussage des Herrn, in der wir Ihn als den ewigen Sohn Gottes vor uns sehen. Dagegen sagen seine Worte hier in Vers 4 „wo ich hingehe“ etwas darüber aus, wo der Herr als Mensch verherrlicht eingehen wird – wo Er als Gott, der Sohn, schon immer ist. In diesem Sinn hatte der Herr sich auch in Johannes 6,62 ausgedrückt: „Wenn ihr nun den Sohn des Menschen dahin auffahren seht, wo er zuvor war.“
Der Herr spricht in diesem Vers von zwei Dingen: von dem Ziel, zu dem Er im Begriff steht zu gehen, und von dem Weg dorthin. Er würde zu dem Vater gehen, und der Weg zu dem Vater ist Er selbst. Er möchte also zeigen, dass wir als Gläubige der Gnadenzeit, wenn wir in das Haus des Vaters kommen, zu dem Vater kommen. Und Er zeigt ganz grundsätzlich, wie wir als Glaubende der Gnadenzeit jetzt und einmal ewig in Beziehung zu dem Vater kommen. Alle, die an Ihn glauben, führt der Herr zu dem Vater. Er bringt uns in eine Beziehung zu dem Vater, die wir jetzt schon kennen dürfen und die wir einmal ewig im Haus des Vaters genießen werden.
„Thomas spricht zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst, und wie können wir den Weg wissen? Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich“ (V. 5.6).
Thomas versteht das nicht und stellt dem Herrn zwei Fragen, eine nach dem Ziel und eine nach dem Weg; und der Herr dreht in seiner Antwort darauf die Reihenfolge um. Er spricht zuerst von dem Weg und dann von dem Vater als dem Ziel. Wieder ist eine Frage, die dem Herrn Jesus gestellt wurde, eine Gelegenheit für Ihn, eine wunderbare Wahrheit zu offenbaren.
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben
Die Offenbarung des Vaters ist im Johannesevangelium ein durchgehendes Thema. Der Herr Jesus hatte den Vater in seinen vielfältigen Aspekten offenbart (s. Joh 1,18), denken wir z. B. an Johannes 4,23.24, wo Er davon spricht, dass der Vater Anbeter sucht. Denken wir an Johannes 5,17.18, wo Er davon spricht, dass der Vater bis jetzt wirkt und dass Er diese Werke auch dem Sohn gegeben hat. Vieles Weitere mehr hatte Er über den Vater gesagt, so dass die Jünger den Vater und auch den Weg zu dem Vater hätten kennen können. Aber in großer Geduld und zu unserem reichen Gewinn gibt der Herr jetzt Thomas die Antwort auf seine Fragen.
Das Erste, was aus dieser Antwort deutlich wird, ist, dass es um die Person des Herrn Jesus und um seine Herrlichkeit geht. Wir haben hier die sechste „Ich bin“-Aussage in diesem Evangelium.[1] Er spricht hier von etwas, was Er ist, nicht nur, was Er getan hat oder bereitet hat, sondern Er zeigt etwas von seiner persönlichen Herrlichkeit. Es ist hier die umfassendste Aussage seiner persönlichen Herrlichkeit, und es ist auch eine ganz ausschließliche Aussage, denn Er ist der Weg und nicht nur ein Weg, Er ist die Wahrheit und nicht nur eine Wahrheit, und Er ist das Leben und nicht nur ein Leben. Es gibt keinen anderen Weg, keine andere Wahrheit, kein anderes Leben außerhalb von Ihm!
Wir sollten auch bedenken, dass der Herr Jesus hier nicht über Gott spricht, sondern über den Vater. Sicher wird dieser Vers auch in evangelistischer Hinsicht benutzt, um den Menschen den Weg zum Heil zu zeigen, wie sie zu Gott kommen können. Aber im Zusammenhang dieses Abschnittes geht es nicht um Gott, sondern es geht um den Vater; es geht darum, wie wir in Beziehung zu dem Vater kommen. Genau genommen geht es hier auch über das Haus des Vaters hinaus, denn der Herr Jesus sagt ja nicht, dass Er der Weg in das Haus des Vaters ist. Er möchte den Jüngern und auch uns sagen, dass wir heute schon als glaubende Menschen auf der Erde in eine Beziehung zu dem Vater gebracht sind. Dass wir diese Beziehung erst im Haus des Vaters vollumfänglich genießen, weil wir jetzt noch in der Welt sind und immer wieder zu Fall kommen, ist sicher leider wahr; aber grundsätzlich hat der Herr Jesus uns schon jetzt in Verbindung mit dem Vater gebracht.
- Der Herr Jesus ist der Weg zu dem Vater. Nur durch den Herrn Jesus kommen wir überhaupt in Beziehung zu dem Vater und können schon jetzt glücklich in dieser Beziehung leben. Er ist auch der Weg, dass wir einmal in Ewigkeit dort bei dem Vater sein werden. Aber Er ist auch jeden Tag dieser Weg, dass wir hier auf dieser Erde in dem Genuss dieser Beziehung und Gemeinschaft mit dem Vater leben können. Alle anderen Wege sind Irrwege. Im Paradies wird kein Weg erwähnt. Der erste Weg in der Bibel wird erst nach dem Sündenfall erwähnt, als der gefallene Mensch aus dem Garten Eden vertrieben wurde und die Cherubim mit der Flamme des kreisenden Schwertes den Weg zum Baum des Lebens bewachten (s. 1. Mo 3,24). Das zeigt uns, dass wir im Christentum viel mehr bekommen haben, als wir im Paradies verloren haben. Der Herr Jesus ist nicht nur der Weg zum Leben, sondern Er ist der Weg zum Vater. Ein Weg ist ja Orientierung, Ausrichtung; so ist der Herr Jesus die ausschließliche Ausrichtung, um durch Ihn zu dem Vater zu kommen.
- Der Herr Jesus ist die Wahrheit über den Vater. Wahrheit bedeutet die objektive Darstellung einer Sache oder einer Person, wie sie wirklich vor Gott ist. So lernen wir z. B. nicht durch den ersten Menschen, Adam, sondern durch den zweiten Menschen, den Herrn Jesus, was Menschsein wirklich in den Augen Gottes bedeutet (vgl. 1. Kor 15,47). Und so ist der Herr Jesus die vollständige und umfassende Darstellung des Vaters. Er ist der Sohn im Schoß des Vaters (s. Joh 1,18), der uns zeigen konnte, wer der Vater ist. Er ist hier nicht das Wort der Wahrheit (s. Eph 1,13), in dem wir die Wahrheit über einen heiligen Gott und die Wahrheit über einen in Sünde gefallenen Menschen finden und wie dieser sündige Mensch zu Gott kommen kann. Der Herr Jesus ist die Wahrheit über den Vater. Nur der Sohn des Vaters (s. 2. Joh 3) kann uns etwas über den Vater sagen. Nur Er kann uns zeigen, was der Vater ist. Wenn wir irgendetwas von dem Vater wissen, dann deshalb, weil der Herr Jesus es uns offenbart hat.
- Der Herr Jesus ist das Leben, das ewige Leben, das Er uns gegeben hat, damit wir die Beziehung mit dem Vater genießen können. In Johannes 17,3 lesen wir: „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“; damit wird die Fähigkeit des ewigen Lebens beschrieben. Es ist keine Definition von ewigem Leben, sondern es beschreibt die Kapazität dieses ewigen Lebens, wozu uns dieses ewige Leben befähigt. Der Herr Jesus ist auch das Wort des Lebens, d. h., Er gab dem göttlichen Leben vollkommen Ausdruck. Wenn wir einen Begriff haben wollen von dem göttlichen Leben, finden wir es in der Person des Mensch gewordenen Sohnes; in Ihm ist das Leben offenbart worden (s. 1. Joh 1,1.2).
An der Person des Herrn Jesus entscheidet sich alles, deshalb fügt der Herr dann die Worte hinzu: „Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“ Alle anderen Versuche müssen scheitern. Für jeden Menschen gilt, dass er nur durch den Herrn Jesus zum Vater kommen kann. Das gilt für den stolzesten Juden genauso wie für den untauglichsten Heiden. „Denn durch ihn haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater“ (Eph 2,18). Andersherum heißt das aber auch, dass jeder, der auf diese Worte hört, der das Leben hat, auch zu dem Vater kommt.
Vielleicht haben wir uns schon an diese Wahrheit gewöhnt, dass wir durch den Herrn Jesus in eine Beziehung zu dem Vater gekommen sind, aber macht uns die Betrachtung dieser Worte nicht noch einmal deutlich, wie sehr gesegnet wir dadurch überhaupt sind? Ausgerechnet wir dürfen in dieser christlichen Haushaltung leben, wo wir den kennen und an den glauben dürfen, der gesagt hat: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich“! Es ist pure Gnade, niemand von uns hat das verdient. Es wäre schon groß gewesen, gerettet zu sein und Vergebung unserer Sünden zu haben, aber der Herr Jesus offenbart uns den Vater und bringt uns in eine Beziehung zu dem Vater. Dieser ewige Ratschluss Gottes, den der Herr Jesus hier ausgeführt hat, lässt uns staunen und anbeten!
Sind wir es in unserem alltäglichen Glaubensleben gewohnt, z. B. in unserem Gebetsleben, eine Beziehung zu dem Vater zu haben? Es geht ja nicht um eine lehrmäßige und theoretische Aussage, sondern darum, das wirklich zu kennen und zu leben. Woran kann ich denn erkennen, ob das für mich wirklich Normalität ist, ob es zu meinem ganz persönlichen Glaubensleben gehört? Es gibt eine Welt des Vaters, in die der Herr Jesus zurückgegangen ist. Und in dieser Welt des Vaters gibt es ein Zentrum, das ist der Sohn. Wenn ich nun in meinem Leben die Freude an dem Herrn Jesus – der der Mittelpunkt der Welt des Vaters ist – nur wenig kenne, dann habe ich in der Praxis wenig gemeinsam mit dem, was dem Vater wichtig und für Ihn der Zentralpunkt von allem ist. Der Herr Jesus muss unsere Freude sein, dann haben wir Gemeinschaft mit dem Vater! Wünschen wir uns nicht alle mehr von dieser Freude an dem Herrn Jesus?
„Wenn ihr mich erkannt hättet, würdet ihr auch meinen Vater erkannt haben; und von jetzt an erkennt ihr ihn und habt ihn gesehen“ (V. 7).
Die Fragen von Thomas und im nächsten Vers auch von Philippus hätten sich erübrigt, wenn sie den Herrn erkannt hätten. Aber nicht nur Thomas und Philippus, sondern auch die übrigen Jünger hatten Ihn nicht erkannt. Ihre Ausrichtung auf das irdische Reich war ihnen ein Hindernis, Ihn wirklich zu erkennen. Sie sahen in Ihm nicht den Sohn des Vaters, der die volle Offenbarung des Vaters ist. Hätten sie das erkannt, dann hätten sie auch den Vater erkannt. Alles hängt davon ab, Ihn zu erkennen, das gilt auch für uns heute.
In seinen Antworten an Thomas und später dann an Philippus macht der Herr aber doch einen gewissen Unterschied. In Vers 6 spricht Er zunächst zu Thomas, und hier in Vers 7 spricht Er alle Jünger an. Mit dem, was Er hier sagt, bezieht Er sich nicht allein auf Thomas. Alle Jünger hatten Ihn nicht als den erkannt, der zu dem Vater hinführte und deshalb auch nicht den Vater erkannt.
Wenn der Herr dann sagt „von jetzt an“, dann denkt Er daran, dass Er nach seiner Rückkehr zu dem Vater vom Himmel aus den Heiligen Geist senden würde, und dadurch würden sie dann endlich den Herrn Jesus wirklich erkennen und damit auch den Vater. Wie nötig haben wir den Heiligen Geist, um wirklich „Abba, Vater“ sagen zu können (s. Röm 8,15).
Wie oft hat der Herr Jesus über Dinge gesprochen, obwohl Er wusste, dass die Jünger es noch nicht verstanden. In großer Geduld hat Er dennoch weitergesprochen und sein Herz geöffnet. Er wusste, dass der Augenblick kommen würde, wo sie es doch verstehen würden. Wie würde ihnen auf einmal ein Licht aufgehen, wenn sie in der Kraft des Heiligen Geistes noch einmal über seine Worte nachdenken und sie verstehen würden: Er ist der Sohn des Vaters (s. 2. Joh 3)!
Fußnoten:
- Anmerkung des Verfassers: Siebenmal im Johannesevangelium und dreimal in der Offenbarung stellt sich der Herr Jesus mit diesem „Ich bin“ vor: das Brot des Lebens (s. Joh 6,35.48), das Licht der Welt (s. Joh 8,12), die Tür der Schafe (s. Joh 10,7), der gute Hirte (s. Joh 10,11.14), die Auferstehung und das Leben (s. Joh 11,25), der Weg und die Wahrheit und das Leben (s. Joh 14,6), der wahre Weinstock (s. Joh 15,1), das Alpha und das Omega (s. Off 1,8; 21,6; 22,13), die Wurzel und das Geschlecht Davids (s. Off 22,16), der glänzende Morgenstern (s. Off 22,16).
