Ein ungewohnter Ruf an einen ungewohnten Ort

„Kommt ihr selbst her an einen öden Ort für euch allein und ruht ein wenig aus“ (Markus 6,31). 

„Ein öder Ort“ – diese Beschreibung weckt in uns zunächst keine positiven Assoziationen. Wir denken an Leere, an Dürre, an Einsamkeit. Doch genau dorthin ruft der Herr Jesus in Markus 6,31 seine Jünger. Nach einem intensiven Abschnitt ihres Dienstes, in dem sie in seinem Auftrag gelehrt, geheilt und Dämonen ausgetrieben hatten (vgl. Mk 6,12.13), sollten sie nun zur Ruhe kommen. Der Herr sieht ihre Erschöpfung und ihre innere Belastung – vielleicht auch ihre Neigung, aus eigener Kraft weitermachen zu wollen. Er nimmt sie beiseite, zieht sie aus dem Strom der Aufgaben heraus. Nicht um sie dauerhaft aus dem Dienst zu nehmen, sondern um sie zur Ruhe zu bringen und neu auszurüsten – in eine stille Zeit.

Der Vers in Markus 6,31 enthält vier auffällige Elemente, die uns helfen können, den Segen der stillen Zeit zu erkennen:

1. „Kommt ihr selbst her“ – Der Herr ruft uns in die Gemeinschaft mit sich selbst. Er möchte nicht nur, dass wir eine Pause einlegen oder uns erholen, sondern dass wir bei Ihm sind. Die Einladung „Kommt her“ ist eine Beziehungseinladung. Es geht um unmittelbare Nähe, um Austausch, um direkte Gemeinschaft. Immer wieder verdeutlicht uns der Herr durch den Ruf seiner Jünger, dass auch unsere Lebensführung nur aus einer unmittelbaren Gemeinschaft mit Ihm funktionieren kann (Mt 4,19; Mk 3,13)

2. „Für euch allein“ – Diese Gemeinschaft soll ungeteilt sein. Nicht in einer Gruppe, in Versammlung oder Gemeinde, in Hauskreis oder Jugendstunde; nicht zwischen Tür und Angel, nicht im Vorbeigehen, sondern „allein“. In eine echte Zweisamkeit. Dort offenbart sich, was wirklich in uns ist – und was Er uns schenken will. Beziehungen wachsen durch Exklusivität. Wer nie allein mit dem Herrn ist, läuft Gefahr, Ihn auch nur aus „zweiter Hand“ zu kennen.

3. „An einen öden Ort“ – Es geht natürlich nicht um landschaftliche Ödnis, sondern um einen geistlich abgeschiedenen Ort, fern von Erwartungen, Nachrichtenflut und Alltagslärm. Der Herr wählt bewusst einen Ort ohne Ablenkung. Einen Ort ohne Reiz, ohne Betriebsamkeit, ohne Publikum. Ohne Handy und Airpods. Die Stille, die wir oft meiden, ist in Wahrheit das, was wir brauchen. Und dann wird der öde Ort zu einem gesegneten Ort, weil Er auf das reduziert wird, was wirklich zählt: unser Herr.

4. „Und ruht ein wenig aus“ – Der Herr will, dass wir zur Ruhe kommen. Nicht im Sinne von Flucht oder Trägheit, sondern eine Ruhe zur Erneuerung. Es ist eine Einladung zur aktiven Ruhe: innehalten, aufatmen, empfangen. Die stille Zeit ist keine verlorene Zeit, sondern eine geschenkte. Sie ist der Ort, an dem Er unsere Seele beruhigt, unser Herz stillt, unser Denken ordnet, unsere Kraft erneuert.

Dieser „öde Ort“ ist in Wirklichkeit ein gesegneter Ort: ein Ort der Zurückgezogenheit, der Stille, der Gemeinschaft mit dem Herrn. An diesem Ort geschieht das, was wir manchmal als „stille Zeit“ bezeichnen. Und sie ist unersetzlich. In den nächsten Teilen möchten wir uns damit beschäftigen, warum wir zur Ruhe kommen müssen, wie David seine stille Zeit verstand und wie der Herr ein vollkommenes Beispiel darin gab.