Der Herr Jesus verzichtete wegen seiner Hingabe an Gott auf legitime irdische Freuden. Er ist damit das schönste Beispiel eines wahren Nasirs, denn der Nasir verzichtete (freiwillig) auf Wein – ein Bild legitimer irdischer Freuden –, um sich völlig Gott zu weihen.
Freude an irdischen Beziehungen
Beziehungen sind den Menschen von Gott geschenkt und machen das Leben abwechslungsreich. Der Herr Jesus lebte auch in Beziehungen. Er hatte als Kind und Heranwachsender Eltern und Geschwister und später in seinem Leben des Dienstes für Gott Begleiter, die Er Freunde nannte.
Dennoch mussten bei Ihm diese irdischen Beziehungen immer zurückstehen, wenn es um die Ausführung des Willens seines himmlischen Vaters ging. Er war seinen Eltern untertan, aber die Situation, als sie Ihn nach langem Suchen im Tempel fanden, zeigt, dass der Wille des Vaters noch über der Beziehung zu seinen Eltern stand. Er liebte seine Mutter. Das machen die fürsorglichen Worte, die Er am Kreuz hängend zu ihr sagte, deutlich. Aber auch durch diese Zuneigungen ließ Er sich nicht von seinem Weg des Gehorsams abbringen. Das lernen wir bei der Hochzeit zu Kana (Joh 2,4) und in einem Haus in Galiläa (Mk 3,31–35).
Auch seine Jünger waren besonders Gegenstände der Liebe seines Herzens. Doch wenn es die Situation erforderte, tadelte und korrigierte Er sie oder wies sie sogar streng zurecht (z.B. Lk 9,55; Mt 16,23).
So war Er der zugänglichste von allen Menschen und blieb doch trotz seiner Beziehungen der einsamste von allen, weil sein vollkommenes Wesen und der entsprechende Wandel selbst den Seinen fremd waren.
Freude an irdischen Gütern
Gutes Essen, schöne Kleidung und andere Güter sind ebenfalls nichts Verwerfliches. Die Bibel tadelt nicht irdischen Besitz (vgl. 1. Joh 3,17). Der Herr Jesus anerkannte das auch und lebte doch selbst in Bescheidenheit und Armut. Er nahm Einladungen zum Essen an, „der Sohn des Menschen isst und trinkt“, wie Er selbst sagt (Mt 11,19), und machte seinen Jüngern durch seine Allmacht ein Frühstück – und lebte doch selbst so bescheiden, dass Er sogar Hunger erduldete (Mt 21,28; Mk 2,25).
Er sprach über die Schönheit der Lilien als Beispiel dafür, dass Gott für schöne Kleidung sorgen kann, und hatte selbst doch (wohl) nur das eine Gewand. Er nahm Gaben an und Frauen dienten Ihm mit ihrer Habe, aber Er legte sich keine hohen Rücklagen an. Für die Bezahlung der Tempelsteuer musste ein Fisch den Stater bringen.
Hätte Er nicht in einem Haus wohnen und sich mit einem Tier fortbewegen können? Aber Er verzichtete freiwillig auf all das, um seinem Gott besser dienen zu können.
Freude an Ruhe und Entspannung
Zeit für sich, für Ruhe und Entspannung zu nehmen, ist nicht verkehrt. Der Herr gönnte seinen Jüngern nach anstrengendem Dienst für Ihn den öden Ort, damit sie sich dort ausruhten. Doch Er selbst ging hin, um der Volksmenge zu helfen. Sicher war Er der unermüdlichste Diener, der je auf der Erde lebte.
Alle diese Beispiele zeigen uns, dass der Herr Jesus kein Mann irdischer Freuden war. Er suchte nicht Geselligkeit, war kein Bergwanderer, kein Sportler oder jemand, der gerne einkaufte. Er wollte nicht besonders aussehen, war kein Gourmet-Esser, liebte nicht kunstvolle Musik oder Gemälde und bestaunte keine Architektur. Er machte keine Entdeckungsreisen und ließ es sich nicht in der Therme oder in der Herberge gutgehen. Sein Leben war Gott geweiht, ein Leben aufopferungsvollen und entbehrungsreichen Dienstes. Ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut.
Keine Freude?
Lebte der Herr Jesus also ein freudloses Leben? Im Gegenteil. Er spricht mehrmals davon, dass die Seinen völlige Freude haben würden, wenn sie seine Freude in sich hätten (Joh 15,11; 17,13). Die Quelle seiner Freude war in Gott. Er fand seine Freude in der Gemeinschaft mit seinem Vater: „Fülle von Freuden sind vor deinem Angesicht“ (Ps 16,9). Den Willen seines Vaters zu tun, war Ihm Speise, Sättigung und Lust (Joh 4,34; Ps 40,8.9). Das Bewusstsein, in allem dem Willen des Vaters entsprochen zu haben und seinen Ratschluss auszuführen, ließ Ihn innerlich frohlocken (Lk 10,21; Mt 25,21). Und für die vor Ihm liegende Freude des Hingehens zum Vater erduldete Er das Kreuz (Heb 12,2).
Kann uns das nicht ein wertvolles Beispiel sein? Wir verzichten sicher nicht so auf die Freuden, die die Erde bietet, aber geben uns diese Freuden innere Befriedigung? Stellen wir nicht – ähnlich wie die Hochzeitsgäste in Kana – fest, dass die Qualität des Weins irdischer Freuden immer mehr abnimmt, je mehr man davon genießt (Joh 2,10)? Läge für uns nicht auch tiefere, bleibende und völlige Freude darin, unser Leben ganz Gott zu weihen?
