„Wende dich zu mir und sei mir gnädig, denn einsam und elend bin ich“ (Ps 25,16).
„Ich gleiche dem Pelikan der Wüste, bin wie die Eule der Einöden. Ich wache und bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dach“ (Ps 102,7.8).
Der Herr Jesus war in seinem ganzen Leben einsam. Er war wie der Pelikan der Wüste, wie die Eule der Einöden und wie ein einsamer Vogel auf dem Dach. Wenn jeder abends in sein Haus ging, dann ging Er an den Ölberg. Er hatte keinen Ort, wo Er sein Haupt hinlegen konnte (Mt 8,20; Lk 9,58).
Der Herr Jesus hatte auch niemanden, mit dem Er sich austauschen konnte. Da war keiner, der Ihn verstand. Und als Er auf Mitleid wartete, da gab es keinen, der Ihn hätte trösten können (Ps 69,21). Niemand hatte Mitleid mit Ihm und konnte auch nur annähernd nachempfinden, was Ihn bewegte. Von seinem Volk wurde Er abgelehnt und verworfen, von seinen Brüdern verachtet und seine Jünger verstanden Ihn nicht. Einsam und unverstanden zog Er seines Weges. Als Er schließlich gefangen genommen wurde, verließen Ihn seine Jünger alle und flohen (Mt 26,56).
Doch war Er wirklich ganz allein? Nein, denn der Vater war stets bei Ihm. Er wusste im Voraus, dass sie Ihn alle verlassen würden. Doch Er würde nicht allein sein, denn der Vater würde stets bei Ihm sein (Joh 16,32). Immer war Er in vollkommener Gemeinschaft mit seinem Vater. Alles, was Er tat, war zur Freude und zum Wohlgefallen seines Vaters. Er konnte zu den Juden sagen: „Der mich gesandt hat, ist mit mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue“ (Joh 8,29).
Schließlich ging Er seinen letzten Weg hinauf nach Golgatha: „Und sein Kreuz tragend, ging er hinaus zu der Stätte, genannt Schädelstätte, die auf Hebräisch Golgatha heißt, wo sie ihn kreuzigten“ (Joh 19,17.18). Diese letzte Wegstrecke musste Er ganz allein zurücklegen. Niemand konnte Ihm auf diesem Weg folgen. Doch auch in diesen Augenblicken ging Gott mit Ihm. Er war die ganze Zeit bei Ihm – bis zu dem Augenblick, wo die Sonne sich verfinsterte und Er der Sündenträger für unsere Sünden wurde. In diesen drei finsteren Stunden musste Gott sein Angesicht von Ihm abwenden, weil Er mit unseren Sünden beladen war. Dort schrie Er mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lama sabachtani?, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46).
In diesen Stunden war unser Herr einsam wie nie zuvor. Dort erreichte die Einsamkeit, die Er schon sein ganzes Leben erfahren hatte, ihren Höhepunkt. Von Gott und Menschen verlassen hing Er dort am Kreuz zwischen Himmel und Erde – von der Erde verstoßen und vom Himmel abgelehnt. Welche Einsamkeit muss Er in diesen Stunden empfunden haben! Er hat sie durchlebt, damit wir nie mehr einsam sein müssten. Dafür dürfen wir Ihm jeden Tag von Herzen danken.
