Dieser Psalm gibt uns ein Beispiel einer überaus empfindsamen und flehentlichen Zuwendung zu Gott hin. Es ist offensichtlich die Äußerung des Überrests angesichts der Zerstörung Zions. Der Feind wird hier triumphierend und voller Stolz über seinen Sieg über das Haus und Volk Gottes gesehen. Die Versammlung des HERRN ist allein übrig, konfrontiert mit der Schmach ohne Zeichen oder Prophet dazustehen. Das Verlangen kommt auf, den HERRN als Bluträcher Israels zu erfahren. Nach dem Gesetz war es so, dass der Verwandte das Haus des Bruders lösen, rächen und wiederaufbauen sollte. Und hier sehen wir, wie der Ruf zu ihm, zu Gott kommt, als Bluträcher aufzutreten. Bei dem Auszug aus Ägypten war er so aufgetreten und dasselbe Verlangen kommt in diesem Psalm zum Ausdruck. Als ihr Verwandter hatte er nicht nur Israel aus Ägypten erlöst, sondern Israel auch an Ägypten gerächt, indem er die Wasser für sein Volk spaltete und den Kopf des Leviathan zertrat. Debora preist den HERRN in Richter 5 in der Eigenschaft des Rächers und die Himmel bejubeln denselben Charakter des Herrn in Offenbarung 19,2.

Der Prophet oder Bittsteller wird von dem gleichen tiefen und betrübten Herz wie Jesaja bewegt, als dieser im Geist auf dieselbe Szene der Verwüstung blickt. Er verlangte sehr danach zu erfahren, wie lange jener Zustand andauern würde (Vers 10; Jes 6,11).

Weiter fleht der Bittende um die Verheißungen, die die Sicherheit Israel und der Erde beinhalten (vgl. V. 17 mit 1. Mose 8,22 sowie V. 16 mit Jer 33,20). Er bittet ebenfalls um den Bund und erinnert Gott daran, dass dieser Fall ein Fall Gottes ist. Und damit steht der Überrest auf einem Boden mit seinem Mittler, Mose, der seinerzeit die Väter, den Bund der Verheißung und die Ehre dessen, der sie aus Ägypten erlöst hatte, vorbrachte (vgl. 2. Mose 32,12–13). Der Herr sagt selbst, dass er während der gegenwärtigen Zeit der Erhaltung Israels und ihrer zukünftigen Wiederherstellung, darauf achtet, dass sein Name allen Respekt erhält (5. Mose 32,27). In dem Bericht seiner Wege mit Israel in Hesekiel 20 finden wir, wie dieser Gedanke immer wieder betont wird.

Bei der Verwüstung Zions, die hier betrachtet wird, geht es entweder um die Hand Nebukadnezars, der Römer oder des eigenmächtigen Königs der Zukunft. Es ist in der Tat so, dass Judäa in den Gerichten Gottes der Schauplatz einer einzigen Verwüstung ist, die von den Tagen der Chaldäer bis zu dem Fall des Feindes auf dem herrlichen und heiligen Berg geht, wenn schließlich alle Reiche dem HERRN angehören werden.

Anmerkung: Vers 7 erinnert uns an die Invasion der Chaldäer (2. Könige 25,9). Vers 4 lässt uns an den Greuel der Verwüstung denken (Dan 9,27; Mt 24,15).