Psalm 90 beschreibt den sterblichen Menschen im Gegensatz zu dem ewigen Gott. Psalm 91 stellt Christus als den vollkommen abhängigen Menschen in Gegensatz zu dem sterblichen Menschen vor.

Vers 1: Psalm 90 beginnt mit der Verkündigung der herrlichen Tatsache, dass der Herr in allen Generationen der Wohnort seines Volkes gewesen ist. Dieser Psalm beginnt mit der Glückseligkeit dessen, der sich an diesem Ort aufhält. „Wer im Schirm (eig. im Verborgenen) des Höchsten sitzt, wird bleiben im Schatten des Allmächtigen.“ Psalm 90 beschreibt, wie gesegnet der Wohnort ist, Psalm 91 beschreibt, wie gesegnet der Bewohner ist.

Wir erkennen freudig an, dass der, der im Verborgenen des Höchsten wohnt, im Schatten des Allmächtigen bleiben wird. Doch wo finden wir einen Menschen, der an diesem verborgenen Ort wohnt? Adam, der erste Mensch, der in Psalm 90 beschrieben wird, blieb nicht an diesem verborgenen Ort, wurde fortgetrieben, wurde ein Wanderer, der am Abend seines Lebens „verdorrt“ und schließlich „abgemäht“ wird. In diesem Psalm wird uns ein anderer Mensch vorgestellt, von dem gesagt wird, dass er „im Verborgenen des Höchsten“ wohnt und „bleiben“ wird. Wer kann das anderes sein als Christus, der auf seinem Weg durch diese Welt immer in diese, Verborgenen des Höchsten blieb? Er nannte sich selbst den „Sohn des Menschen, der im Himmel ist“. Er ging über diese Erde, aber er wohnte im Himmel.

Vers 2: Wir wissen, dass Christus der Sprecher in diesem Vers ist, denn der Geist Gottes kennzeichnet die Aussage: „Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen“ in Hebräer 2,13 als die Sprache Christi. Christus nimmt hier die Verheißung von Vers 1 für sich in Anspruch. Er antwortet darauf: „Ich sage von dem Herrn: Meine Zuflucht und meine Burg; mein Gott, auf ihn will ich vertrauen.“ Er wird Gott zu seiner Zuflucht in jedem Feind und zu seinem Schutz gegen jeden Feind machen. Das Bedürfnis nach einer Zuflucht und einer Burg beweist, dass Christus hier in den Umständen eines Menschen spricht. Es gibt keine Stürme, die den Himmel erschüttern könnten und keine Feinde, die abzuwehren wären. Es ist ein Wüstenpsalm, den der Geist Gottes in späteren Tagen in den Wüstenumständen unseres Herrn benutzt (vgl. Lk 4,10 und Heb 1,14).

Die Namen, mit denen Gott in den ersten zwei Versen betitelt wird, haben eine besondere Bedeutung. Der „Höchste“ spricht von der absoluten Hoheit Gottes (1. Mo 14,18–20). Der „Allmächtige“ spricht von absoluter Macht (1. Mo 17,1). Dann lernen wir aus dem Mund Christi, dass der im Rang Höchste und der an Macht Vollkommene der Herr Israels – der ewige Gott, der Ich bin ist. Wie sicher – wie gesegnet muss der sein, der in seinem Verborgenen wohnt.

Verse 3–8: In diesen Versen richtet sich der Geist Gottes an Christus und breitet die Segnungen vor ihm aus, die dem zufließen, der im Verborgenen des Höchsten wohnt. Ein solcher kennt die Macht Gottes, die von den Schlingen des Feindes und von der verderblichen Pest des Bösen errettet. Er wird auch die wachsame Fürsorge der Liebe genießen, denn „mit seinen Fittichen wird er dich decken, und du wirst Zuflucht finden unter seinen Flügeln.“ Folglich wird der, der im Verborgenen wohnt, keine Angst vor heimlichen Angriffen – „dem Schrecken der Nacht“ oder vor direkter und offener Feindschaft – „dem Pfeil, der am Tag fliegt“, haben. Tausende werden an seiner Seite fallen, aber den, der auf den Herrn vertraut, wird das Verderben nicht erreichen. Er wird von dem Gericht über die Bösen nicht betroffen sein, außer dass er es mit den Augen sehen wird.

Verse 9–13: Der Geist Gottes hat gesprochen; nun wird einer der Gottesfürchtigen Israels, mit denen Christus sich einsgemacht hat, von dem Geist geleitet, Christus anzureden. Diese gottesfürchtige Seele kann von dem Herrn als seine Zuflucht sprechen, und deshalb voller Zuversicht zu Christus sagen: „Weil du den Herrn, ... den Höchsten, gesetzt hast zu deiner Wohnung, so wird dir kein Unglück widerfahren.“ Die Übel und Plagen, die der gefallene Mensch gewöhnlich hat, werden seinem „Zelt“ nicht nahen. Das „Zelt“ macht klar, dass es hier um seinen Pfad über die Ere geht. Außerdem stehen ihm auf seinem ganzen Erdenweg die Hilfsquellen des Himmels zur Verfügung. Den Engeln wird befohlen, ihn auf allen seinen Wegen zu bewahren. Er wird auch die ganze Macht des Feindes überwinden, ob er auch als Löwe, Otter oder Schlange (o. Drachen)  gegen ihn auftritt. Als Löwe übt der Teufel eine zerstörende Macht über den Menschen aus; als Otter verführt er die Menschen (2. Kor 11,3); als Drachen verfolgt er (Off 12).

Auf dem Pfad dieses vollkommen abhängigen Menschen kann das Böse dieser Erde ihm nicht nahen, müssen die himmlischen Heerscharen ihm dienen und sind die Mächte der Hölle ihm unterworfen.

Verse 14–16: Der Geist, durch den er geleitet wurde, hat gesprochen; die Stimme des Überrests, mit dem er sich verband, ist gehört worden; jetzt haben wir das Vorrecht, Gott selbst zu hören, der dem Mann, an dem er Wohlgefallen hat, sein Zeugnis ausstellt. Gott hat in Christus endlich einen Menschen in Wüstenumständen gefunden, von dem er sagen kann: „Er hat Wonne an mir“, „Er kennt meinen Namen“ und „Er wird mich anrufen.“ Ach, wir haben unsere Zuneigungen jedem anderen gegeben, nur nicht Gott. Wir waren den Herrlichkeiten Gottes gleichgültig gegenüber, die in seinem Namen zum Ausdruck kommen. Wir haben unseren eigenen Willen getan, statt in Abhängigkeit von ihm zu leben. Hier ist endlich ein Mensch auf der Erde, der seine ganze Wonne an dem Herrn hat, der die Herrlichkeit des Namens des Herrn kennt und sich daran erfreut, und der immer seine absolute Abhängigkeit von dem Herrn zum Ausdruck gebracht hat, indem er seinen Namen anrief. Auf diese persönliche Vollkommenheit des vollkommenen Menschen wird Gott eine vollkommene Antwort geben. Gott kann von Christus sagen:

  • Ich will ihn erretten,
  • Ich will ihn in Sicherheit setzen,
  • Ich werde ihm antworten,
  • Ich werde bei ihm sein,
  • Ich werde ihn verherrlichen,
  • Ich werde ihn sättigen mit Länge des Lebens,
  • Ich werde ihn schauen lassen meine Rettung.