Bevor das Zusammentreffen mit Simeon und Anna stattfand, wurde der Herr Jesus beschnitten, am achten Tag. Er empfing den Namen, der Maria bei der Ankündigung der Geburt (Lk 1,31) von dem Engel Gabriel angegeben wurde. Das Besondere ist, dass es nicht bei der einen Beschneidung geblieben ist. Es gibt mindestens zwei Texte im Neuen Testament, die eine tiefere Art der Beschneidung zeigen.

In Epheser 2,11 steht geschrieben: „Deshalb denkt daran, dass ihr einst die Nationen im Fleisch, die Vorhaut genannt werden von der sogenannten Beschneidung, die im Fleisch mit Händen geschieht“, wobei in  in Kolosser 2,11.12 etwas anderes steht, nämlich: „In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer nicht mit Händen geschehenen Beschneidung im Ausziehen des Leibes des Fleisches in der Beschneidung des Christus, mit ihm begraben in der Taufe.“ Diese beiden Texte zeigen uns, dass die Beschneidung, wie sie durch die Juden bei neu geborenen Knaben durchgeführt wurde, ein „Werk von Menschenhänden“ war, wobei nur ein kleines Stück von dem Fleisch weggenommen wurde – kein Baby hat dabei den Leib „abgelegt“. Diese Beschneidung durch Menschenhände war nur ein Bild von dem, was später am Kreuz an dem Herrn Jesus vollzogen wurde.

Als er am Kreuz hing, beladen mit unseren Sünden, empfing er die zweite Beschneidung, die nicht durch Menschenhände geschah, sondern von Gott an ihm vollzogen wurde. Das Resultat davon war, dass er dort sein Leben „dargelegt“ hat (Joh 10,17.18). Bei der Beschneidung am Kreuz wurde nicht ein kleines Stückchen Fleisch weggenommen, sondern es wurde an ihm auch das Fleisch gerichtet [siehe Römer 8,3; Christus selbst war natürlich ohne Sünde].

Wurde bei der ersten Beschneidung ein kleines Messer benutzt, so wurde bei der zweiten Beschneidung des Herrn Jesus am Kreuz sozusagen das Schwert gehandhabt. Der Prophet hatte geschrieben: „Schwert, erwache gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist“ (Sach 13,7; Mt 26,31). Das war das flammende Schwert, das die Cherubim kreisen ließen, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen. Als das Schwert den Herrn Jesus am Kreuz traf, rief er mit „lauter Stimme“ und gab den Geist auf (Mk 15,37). Da wurde die volle Bedeutung der Beschneidung deutlich, und der Weg zum Baum des Lebens wurde frei.

O Tag der Schmach, der Schande und der Schmerzen,
o Tag erfüllt mit unfassbarer Not,
als du am Leib, Herr Jesus, und im Herzen
für uns erduldet hast den Zorn von Gott.

Josef und Maria hielten sich an das Gesetz und gingen also von Bethlehem nach Jerusalem. Die erste Beschneidung fand wahrscheinlich im häuslichen Kreis in Bethlehem statt. Die zweite Beschneidung (ganz anderer Art) sollte etwa dreiunddreißig Jahre später in Jerusalem stattfinden – am Kreuz.

In Jerusalem werden uns in diesem Abschnitt zwei Menschen vorgestellt: Simeon und Anna. Beiden wird ein positives Zeugnis gegeben. Von Simeon wird gesagt, dass er gerecht und gottesfürchtig war und dass er auf den Trost Israels wartete. Von Anna wird gesagt, dass sie eine Prophetin war und Gott unermüdlich im Tempel diente, Tag und Nacht.

Das Erste, was von Simeon gesagt wird, ist, dass er gerecht und gottesfürchtig war. Das bedeutet, dass er recht und ehrlich handelte und dass er tugendsam und gottesfürchtig war. Simeon war ein treuer Zeuge (Lk 1,4). Das Zweite, was von ihm geschrieben steht, ist, dass er auf den Trost Israels wartete. Das bedeutet, dass er die Schriften kannte, wo geschrieben steht: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet zum Herzen Jerusalems und ruft ihr zu, dass ihre Mühsal beendet ist“ (Jes 40,1.2). Dieser alte Mann kannte die Verheißung. Er kannte die Verheißung nicht nur, sondern erwartete auch, deren Erfüllung in seinem Leben zu sehen. Worauf stützte er diese Erwartung? Die Antwort gibt der Evangelist Lukas selbst: „Der Heilige Geist war auf ihm.“

Der Heilige Geist will auch uns in dieser Zeit trösten, indem er uns auf das Wiederkommen des Herrn Jesus hinweist. Es ist schon von Bedeutung, dass der Herr Jesus den Heiligen Geist den Tröster nennt (Joh 14,16; 16,7). Auch uns wird bezüglich seines Wiederkommens gesagt: Tröstet einander mit diesen Worten (1. Thes 4,18).

Auch unter uns gibt es Menschen, die alt geworden sind und schon jahrelang das Kommen des Herrn Jesus erwarten. Sie mögen sich diese beiden alten Menschen zum Vorbild nehmen, die unentwegt weiter hofften. Und sie wurden in ihrem Hoffen nicht beschämt.

Über das Wirken des Heiligen Geistes in Simeon werden drei Dinge gesagt:

• Der Heilige Geist war auf ihm.
• Vom Heiligen Geist war ihm ein göttlicher Ausspruch zuteil geworden.
• Er kam durch den Heiligen Geist in den Tempel.

Simeon und Anna waren Gläubige aus dem Volk der Juden. Aber um die Gedanken Gottes verstehen zu können, ist die Abstammung nicht ausreichend. Es ist nötig, den Heiligen Geist zu besitzen. Dauerhaft wohnt dieser jedoch erst seit dem Pfingsttag (Apg 2) in den Giläubigen. Von Simeon wird berichtet, dass der Heilige Geist (nur) „auf“ ihm war.

Als während der Wüstenreise die Last des Volkes für Mose zu schwer geworden war, nahm Gott einen Teil von dem Geist, der „auf“ ihm war und legte ihn „auf“ die siebzig Ältesten. Das war nur eine zeitlich beschränkte Sache, denn da steht: „Und es geschah, sobald der Geist auf sie kam, weissagten sie, aber sie fuhren nicht fort“ (4. Mo 11,25). Menschen wurden derzeit für kurze oder längere Zeit von Gott benutzt, um durch seinen Geist sein Volk zu führen oder zu unterweisen. David fürchtete, dass Gott vielleicht seinen Heiligen Geist wegen seiner Sünde mit Bathseba wegnehmen würde (Ps 51,13b). Der Heilige Geist konnte zu jener Zeit noch nicht in den Menschen wohnen, weil der Herr Jesus noch nicht verherrlicht war (Joh 7).

Nachdem am Pfingsttag der Heilige Geist gekommen ist, empfängt jeder, der zum Glauben an den Herr Jesus kommt, als „Erstlingsgabe“ den Heiligen Geist (Röm 8,23), damit wir wissen sollten, was uns aus Gnaden geschenkt ist (1. Kor 2,12). Darüberhinaus erhält der Gläubige nicht „ein Teil“ wie die siebzig Ältesten während der Wüstenreise, denn der Herr gibt in dieser Zeit seinen Geist „ohne Maß“ (Joh 3,34). Auch ruht der Heilige Geist nicht nur „auf“ uns für eine kurze Zeit, sondern er ist in Ewigkeit bei uns (Joh 14,16). Durch den Glauben an den Herrn Jesus haben wir so viel mehr empfangen als die Gläubigen vor dem Kommen des Herrn Jesus. Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe (2. Kor 9, 15).

Es ist traurig, anzumerken, dass bei dem Kommen des Herrn Jesus in den Tempel kein einziger Priester oder Schriftgelehrter da war, um ihn willkommen zu heißen. Er kam in das Seinige und die Seinen haben ihn nicht angenommen. Das wurde schon bei diesem Anfang klar.

Als der Herr Jesus geboren war, wurde dieses freudige Ereignis als ersten einfältigen Hirten auf den Feldern mitgeteilt; nicht denen, die es aufgrund ihrer Schriftkenntnis hätten wissen müssen. Später kamen Fremde aus dem Osten, um den Herrn Jesus zu suchen und anzubeten. Sie wurden dann auch „Weise“ genannt.

Als der König Herodes die Hohenpriester und Schriftgelehrten befragte, wo der Christus geboren sei, wussten sie genau zu berichten, dass Bethlehem der Ort sei, aber sie hatten kein Bedürfnis (anschließend an die Hirten und die Weisen), ihn aufzusuchen und ihm zu huldigen. Ihre Kenntnis befand sich in ihren Köpfen und nicht in ihren Herzen. Weil diese jüdische Geistlichkeit Gottes Offenbarung in seinem Sohn, dem Herrn Jesus, völlig an sich vorbeigehen ließ, ging Gott auch an dieser Priesterklasse vorbei und benutzte einen einfachen alten Mann und eine Frau, Simeon und Anna, um der Welt sein Tun bekannt zu machen. Wegen ihres Unglaubens konnte Gott die Priester nicht durch seinen Heiligen Geist leiten, und sie wurden so unbrauchbar für seinen Dienst. Der Prophet hatte geschrieben: „Denn die Lippen der Priester sollen Erkenntnis bewahren und das Gesetz sucht man aus seinem Mund, denn er ist ein Bote des Herrn der Heerscharen“ (Mal 2,7). Diese Priester waren völlig unwissend.

Wie finster auch der geistliche Zustand manchmal sein mag – es werden doch immer noch solche da sein, die an den Herrn und an seine Verheißungen glauben. Ein deutliches Bild sehen wir in der Zeit des gottlosen Königs Ahab, wo außer Elia noch 7000 da waren, die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt hatten (1. Kön 19,18).

Simeon, ein Mann, der in Jerusalem wohnte, hatte vom Heiligen Geist einen göttlichen Ausspruch empfangen. Weil Simeon das Wort Gottes kannte und Gott und seinem Wort glaubte, gebrauchte der Herr diesen alten Mann. Und dieser alte Mann hatte die Verheißung empfangen, dass er den Tod nicht sehen solle, ehe er den „Gesalbten des Herrn“ gesehen habe.

Wer ist dieser Gesalbte des Herrn? Und war durch die Propheten schon etwas über ihn vorausgesagt? Das Wort „Gesalbter“ heißt auf Griechisch „Christus“. Es war also dem Simeon gesagt worden, dass er „den Gesalbten des Herrn“ sehen sollte. Der Prophet hatte wirklich über den Gesalbten geschrieben, als er aufschrieb: „Unser Lebensodem, der Gesalbte des Herrn, wurde in ihren Gruben gefangen“ (Klgl 4,20). Als Gott den Menschen aus dem Staub geschaffen hatte, hauchte er den Lebensatem in seine Nase, und „der Mensch wurde eine lebendige Seele“ (1. Mo 2,7). Der Christus des Herrn ist derselbe wie auch der Gesalbte des Herrn, und das ist unser Lebensatem, diese Person, durch die wir Menschen von einem stofflichen Wesen zu einem lebendigen Wesen wurden. Und diesen Gesalbten des Herrn, in der Gestalt eines Babys, durfte Simeon auf seine Arme nehmen. Bevor er seinen letzten Atemzug tat, durfte Simeon den Herrn Jesus, der ihm einmal den ewigen Lebensatem geben würde, in seine Arme nehmen. „Meine Augen haben dein Heil gesehen“ (Lk 2,30).

Simeon musste den Tod noch erdulden, weil der, der die Macht des Todes zunichtemachen sollte, 33 Jahre später auf dem Kreuz den Tod überwinden sollte. „Meine Augen haben dein Heil gesehen“ sagte Simeon (Lk 2,30).

Für die, die jetzt an den Herrn Jesus glauben, gilt eine bessere Verheißung als die Verheißung an Simeon. Der Herr Jesus hat gesagt: „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wenn jemand mein Wort bewahrt, so wird er den Tod nicht sehen in Ewigkeit“ (Joh 8,51). Der Heilige Geist führte Simeon und Anna in den Tempel, an den Ort, wo Gott gedient werden wollte. Undanks des geistlichen Verfalls in Israel war der Tempel immer noch der Platz, der von Gott anerkannt wurde. Der neue Tempel, die Versammlung des lebendigen Gottes (1. Kor 2,16–17), ist nach dem Tod und der Auferstehung des Herrn Jesus entstanden.

Als der Herr Jesus die Tierverkäufer und die Geldwechsler aus dem Tempel vertrieb, sprach er noch immer über den Tempel als das Haus seines Vaters, obwohl es zu einem Kaufhaus herabgewertet worden war (Joh 2,13–16). Am Ende seines Dienstes hier auf Erden sagte er zu den Schriftgelehrten und Pharisäern: „Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen“ (Mt 23,38). Fortan war der Tempel nicht mehr das Haus seines Vaters.

Die Eltern des Herrn Jesus brachten das Kind Jesus in den Tempel; und da nahm der alte Simeon das Kind von ihnen auf seine Arme, und er begann sofort, Gott zu loben. Er durfte den Gesalbten des Herrn in seinen Armen halten. Bei seiner Geburt auf dieser Erde wurde der Herr Jesus durch Simeon in den Tempel getragen, und nach dem Ablegen seines Lebens wird der Herr Jesus durch Josef von Arimathia zusammen mit Nikodemus zu Grabe getragen. Auch sie erwarteten, genau wir Simeon, das Reich Gottes (Lk 23,50–53).

Simeon begreift, dass der göttliche Ausspruch, den er durch den Heiligen Geist empfangen hatte, nun erfüllt ist, wenn er sagt: „Nun, Herr, entlässt du deinen Knecht nach deinem Wort.“ Simeon hatte die Verheißung für Frieden empfangen – er trug den Friedefürsten (Jes 9,5b) in seinen Armen. Als der Herr Jesus aus seinem Grab auferweckt war, waren seine ersten Worte an seine Jünger: „Friede euch!“ (Joh 20,19). Er sagte dieses, um seinen Jüngern, und auch uns, klarzumachen, dass er Frieden gemacht hatte durch das Blut seines Kreuzes (Kol 1,20).

„Nach deinem Wort“, sagt Simeon: Gott sagt, was er tut, und er tut, was er sagt. Der Prophet sagt darüber: „Ich verkünde von Anfang an das Ende und von alters her, was noch nicht geschehen ist; ich spreche: Mein Ratschluss soll zustande kommen, und all mein Wohlgefallen werde ich tun“ (Jes 46,10).

„Meine Augen haben dein Heil gesehen.“ Simeon hat das Heil gesehen, das Gott vor dem Angesicht aller Völker bereitet hat, also nicht allein für Israel, denn das Kind soll einerseits für „Licht zur Offenbarung für die Nationen“ sorgen und andererseits „zur Herrlichkeit deines Volkes Israel“. Damit wird erfüllt, was der Psalmist schon früher geschrieben hat: „Der Herr hat seine Rettung kundgetan, vor den Augen der Nationen seine Gerechtigkeit offenbart. Er hat seiner Güte und seiner Treue dem Haus Israel gedacht, alle Enden der Erde haben die Rettung unseres Gottes gesehen“ (Ps 98,2.3).

Simeon und Anna sollten nicht die Einzigen bleiben, die Gottes Heil in dem Herrn Jesus gesehen hatten. Zu den Jüngern sagte er: „Glückselig die Augen, die sehen, was ihr seht! Denn ich sage euch, dass viele Könige und Propheten begehrt haben zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört“ (Lk 10,23.24). Und auch wir dürfen durch den Glauben sagen: „Wir sehen Jesus … mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Heb 2,9).

Josef und Maria standen mit Staunen und lauschten auf das, was über das Kind gesagt wurde. Es sind gesegnete Eltern, die dieses Kind empfangen durften, und um das deutlich zu machen, segnet Simeon sie. Simeon lässt erkennen, dass er weiß, dass Maria die Mutter des Herrn Jesus ist, denn in dem, was er jetzt sagt, spricht er nur zu ihr und nicht zu Josef. Das stimmt mit der Verheißung überein, die Gott in Garten Eden gegeben hatte, als er sagte, dass der Samen der Frau (und nicht des Mannes) der Schlange den Kopf zermalen wird. Simeon lässt nun merken, dass das Kind derjenige ist, der einst gemeint war.

Wir sollten erwarten, dass Israel mit Freude erfüllt wurde, da nun der verheißene Messias erschienen war. Aber die Worte von Simeon kommen wie eine kalte Dusche vor – das Kind ist zum Fall und Aufstehen vieler bestimmt – und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird.

Das Kommen des Herrn Jesus hat, während seines Umherziehens und danach, eine klare Scheidung zwischen Licht und Finsternis hervorgerufen. Er war das wahrhaftige Licht, das jeden Menschen erleuchtet, aber die Welt hat ihn nicht erkannt …und die Seinen haben ihn nicht angenommen. War sein Kommen in die Welt denn vergebens? Nein, denn es waren und sind noch immer Menschen, die ihn angenommen haben, und diese hat er zu Kindern Gottes gemacht, die, die an seinen Namen glauben.

Ein Zeichen, dem widersprochen wird. Der Herr Jesus hat sein Volk regelmäßig über den heillosen Weg unterwiesen, den es ging, einen religiösen Weg ohne Gott. Seine Worte, die oft streng waren, wirkten wie ein zweischneidiges Schwert, das Gedanken und Überlegungen beurteilte; aber auf eine solche Botschaft hatten die Juden nicht gewartet. Sie übersehen ihn einfach. In einem gegebenen Augenblick gehen sie gar so weit, dass sie ihm unterstellen, dass er seine Wunder in der Kraft Beelzebuls, des Obersten der Dämonen, tut (Lk 11,15). Auch haben sie ihn oft versucht, um ihn bei einem Widerspruch zu ertappen, aber er durchschaute sie und nannte sie Heuchler. Zum Schluss haben sie ihre Aggression gegen ihn voll hervorkommen lassen, indem sie ihn ans Kreuz brachten. Ein Zeichen, dem widersprochen wird, prophezeite Simeon, und wie wahr ist das geworden. Wir werden aufgefordert, unsere Blicke auf ihn zu richten …, der einen solchen Widerspruch von den Sünden gegen sich erduldet hat (Heb 12,3).

Außer Simeon war da noch eine Frau, die Gott ununterbrochen im Tempel diente. Das Besondere dabei ist, dass sie eine Prophetin genannt wird. Was ist ein Prophet oder eine Prophetin? Das ist jemand, der Worte Gottes ausspricht. Eine klare Anweisung über prophetischen Dienst finden wir im zweiten Buch Mose. Mose befand sich selbst ungeeignet, mit dem Pharao zu reden, worauf Gott zu Mose sagte, dass sein Bruder Aaron dann an seiner Stelle zu dem Pharao sprechen sollte. Aaron war dabei der Mund von Mose und Mose als Gott für Aaron (2. Mo 4,10–16; 7,1.2) Folglich: Ein Prophet oder eine Prophetin ist jemand, der direkt unter der Gewalt Gottes steht und nur die Worte ausspricht, die Gott ihm oder ihr gibt. David sagt: Der Geist des Herrn hat durch mich geredet und sein Wort ist auf meiner Zunge, der Fels Israels hat zu mir geredet (2. Sam 23,2.3).

Die prophetische Gabe der Anna wird sofort sichtbar, denn sie kommt im gleichen Augenblick zu Simeon, Josef, Maria und dem Herrn Jesus, und auch sie lobt Gott gemeinsam mit Simeon.

Aber dabei lässt sie es nicht bewenden, denn sie geht nach Jerusalem hinein, um auch die, die auf die Erlösung von Jerusalem warteten, zu informieren, dass der Sohn Gottes gekommen war. Und dabei sprach sie von IHM, wodurch sie bewies, dass sie eine Prophetin im wahren Sinn des Wortes war, indem sie nicht sich selbst, sondern den Herrn an die erste Stelle setzte.

Diese Geschichte lehrt uns, dass der Herr auch Schwestern benutzt, um sein Wort weiterzugeben, wie auch Priscilla, die zusammen mit ihrem Mann Apollos belehrte. Sie gaben ihm diese Belehrungen nicht in der Versammlung vom Rednerpult aus, aber sie nahmen ihn mit zu sich (Apg 18,26). Der Apostel lehrt uns, dass die Schwestern den prophetischen Dienst nicht in der Versammlung ausüben sollen (1. Kor 14,34.35). Wer diese Belehrung verwirft, verwirft nicht einen Menschen (Paulus), sondern Gott (1. Thes 4,8). Das ist nicht gesetzlich, sondern absoluter Gehorsam gegen Gottes Wort.

Anna hätte Gründe genug gehabt, verbittert durch das Leben zu gehen. Sie hatte eine Ehe hinter sich, die nur sieben Jahre gewährt hatte – dann war sie Witwe geworden. Inzwischen war sie in einem hohen Lebensalter, aber von Verbitterung ist keine Rede. Sie machte Gott keine Vorwürfe, sondern sie wich nicht aus dem Tempel, wo sie Gott diente „Nacht und Tag“. In ihrem Leben war keine Wurzel der Bitterkeit aufgesprosst. Sie diente Gott nicht nur, indem sie sich im Tempel aufhielt, sondern sie diente durch Taten: Fasten und Flehen. So sehen wir da zwei alte Menschen, die als Erste im Tempel das Heil Gottes erleben durften. Und die Priester, die doch täglich im Tempel zu tun hatten? Sie zeigten keinerlei Interesse und werden hier nicht genannt.

Die Belehrungen, die wir aus diesem Geschehen mitnehmen dürfen, sind u.a., dass der Heilige Geist, der in uns wohnt, uns durch das Wort Gottes führen will. Auch will der Heilige Geist unsere Blicke auf den Herrn Jesus richten. Durch die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist (2. Kor 13,13) lernen wir, immer klarer zu sehen, wer der Herr Jesus ist. Wir müssen dabei nicht nur unsere Blick auf seine Geburt richten, sondern auf Jesus Christus „den Gekreuzigten“ (1. Kor 1,23; 2,2), der uns mit Gott versöhnt hat. Dann sehen wir, wie auch Simeon und Anna, dass Gottes Heil für alle Nationen bereitet ist.

Ferner wird der Heilige Geist uns an den Platz (hier war es der Tempel) leiten, wo der Herr Jesus, seiner Verheißung gemäß, in der Mitte ist und wo er auch den Mittelpunkt bildet. Wir dürfen, wie auch Anna, die Taten Gottes bekannt machen und Gott dienen, zusammen mit allen, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen (2. Tim 2,22). Aus Lukas’ Beschreibung dieser zwei Menschen können wir noch viel lernen … „indem wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben“ (Röm 15,4).

Übersetzt aus Uit het Woord der Waarheid.