Die ganze Stadt Ninive war umgekehrt. Die Menschen hatten sich in tiefer Reue vor Gott gebeugt und sein Urteil über sich akzeptiert. Und wie reagiert Gott? Könnte ihn so eine Umkehr kaltlassen? Könnte er sie einfach ignorieren?
Am Ende von Kapitel 3 lesen wir: „Und Gott sah ihre Werke, dass sie von ihrem bösen Weg umgekehrt waren; und Gott ließ sich des Übels gereuen, wovon er geredet hatte, dass er es ihnen tun wolle und tat es nicht“ (Jona 3,10). Gott, der die Herzen kennt und beurteilt, sieht, dass die Umkehr echt war und es sich auch in dem zeigte, was sie taten. Ihr Verhalten hatte sich radikal geändert. Umkehr und Sinnesänderung waren eingetreten. Das ist Buße: die Perspektive Gottes auf das eigene Leben einnehmen.
Gott bleibt sich und seinem Wesen treu. Jona selbst wird später sagen: „Ich wusste, dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist“. In Jesaja 55,7 lesen wir: „Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Mann des Frevels seine Gedanken; und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich seiner erbarmen; und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung.“
Nun haben wir aber vielleicht Schwierigkeiten damit, dass gesagt wird, dass es Gott gereute. An anderen Stellen heißt es nämlich, dass Gott nicht wie ein Mensch bereut (man lese z. B. 4. Mose 23,19 und 1. Sam 15,29). Nun, ich möchte versuchen zu zeigen, dass sich dieser scheinbare Widerspruch bei näherem Hinsehen auflöst. In 1. Mose 6,6 und 1. Samuel 15,10 wird davon gesprochen, dass es Gott reute – einmal, dass er den Menschen gemacht hatte, das andere Mal, dass er Saul zum König gemacht hatte.
Nun irrt Gott sich nicht, er wird nicht durch die Umstände überrascht und er macht keine Fehler, denn er ist allwissend. Und seinen Ratschluss, das, was er sich vorgesetzt hat, führt er auch aus. Er kommt immer zu seinem Ziel: „Mein Ratschluss soll zustande kommen und all mein Wohlgefallen werde ich tun“ (Jes 46,10). Aber in den Stellen, in denen es heißt, dass es Gott reute oder gereute, geht es nicht um seinen absoluten Ratschluss, sondern um sein Handeln mit den Menschen auf dieser Erde in seinen Regierungswegen entsprechend ihrer Verantwortung. Gott hatte den Menschen geschaffen, um Gemeinschaft mit ihm zu haben; er hatte Saul zum König gemacht und unter Verantwortung gestellt, das Volk nach seinen Gedanken zu regieren; er hatte das Gericht angekündigt, weil die Bosheit der Bewohner Ninives vor ihn hinaufgestiegen war. Nun hatte sich die ursprüngliche Situation durch das Handeln und Verhalten der Menschen geändert, sodass sie der ursprünglichen Absicht Gottes widersprachen. In den ersten Fällen konnte er deshalb seine Segensabsichten nicht ausführen, in der Geschichte Jonas hielt er deshalb das Gericht zurück.
Ein kurzes Beispiel aus der Erziehung unserer Kinder mag das illustrieren: Wir haben vor, mit unseren Kindern einen schönen Ausflug am Wochenende zu machen, der ihnen viel Freude bereiten soll. Nun verhalten sie sich aber in der Zeit bis dahin schlecht, sind ungehorsam und ändern ihr Verhalten auch nach Ermahnung nicht. Eine Strafe für dieses Verhalten ist am Platz und wir entscheiden, den eigentlich geplanten Ausflug nicht zu machen. Es passt einfach nicht zu ihrem Verhalten. Nun, wir mögen uns in unserer Reaktion täuschen und in der ein oder anderen Richtung über das richtige Maß hinausschießen, Gott aber nicht.
Wir halten fest: Gott ist gnädig und barmherzig. Er hat kein Gefallen am Tod des Sünders, sondern er möchte, dass er lebt. Erst, wenn es gar keine Hoffnung auf Umkehr gibt, führt er Gericht aus, weil es nicht mehr anders geht. Wenn er aber Herzensregungen sieht, umzukehren, ist er zum Vergeben bereit. Er ist langsam zum Zorn und groß an Güte. Ist das nicht auch in unserem Leben schon wahr geworden?