Gott nimmt seinen widerspenstigen Diener weiter an die Hand. Nachdem Jona ein letztes Mal entrüstet vor Gott getreten ist mit den Worten: „Mit Recht zürne ich bis zum Tod!“, hat Gott das letzte Wort.
Und welche Gnade strahlt aus diesen Worten! Ich hätte Jona wahrscheinlich den Kopf gewaschen. Wie konnte er es wagen, seine Stimme gegen Gott zu erheben und zu behaupten: Ich habe recht, es ist ganz ok, dass ich zornig bin? Ganz anders war da Hiob am Ende des Handelns Gottes mit ihm. Er bekennt, dass er beurteilt hat, was er nicht verstand und bereut in Staub und Asche. Ja, wir verstehen Gottes Handeln manchmal nicht. Aber das liegt nicht daran, dass Gott etwa ungerecht oder unfair wäre. Nein, es liegt daran, dass wir kleine Menschen seine Gedanken nicht erfassen können. Er überblickt alles, er weiß alles, er kann alles beurteilen.
Die Widerspenstigkeit Jonas kann den Strom der Gnade Gottes nicht stoppen. Nun hat Gott das letzte Wort. Die letzten zwei Verse dieses Buches gehören ihm. In seiner Gnade lässt er sich herab, Jona sein Handeln zu erklären. Eigentlich hätte er das nicht nötig gehabt. Gott ist uns Menschen keine Rechenschaft schuldig für das, was er tut und lässt: „Der Herr sprach: Du erbarmst dich des Wunderbaumes, um den du dich nicht gemüht und den du nicht großgezogen hast, der als Sohn einer Nacht entstand und als Sohn einer Nacht zugrunde ging; und ich sollte mich Ninives, der großen Stadt, nicht erbarmen, in der mehr als 120.000 Menschen sind, die nicht zu unterscheiden wissen zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken, und einer Menge Vieh?“ (Jona 4,10–11).
Gott hält ihm nicht sein Mitleid mit dem verdorrten Wunderbaum als solches vor. Aber er hält ihm vor, dass er damit mehr Erbarmen hat als mit den Menschen in Ninive. Er hat den Maßstab aus dem Auge verloren und gleichzeitig nur seine Belange im Blick. Ist das nicht auch eine Lektion für uns? Wie oft denken wir zuerst an uns und irdische Interessen? Wie sehr liegt uns eigentlich das ewige Heil der uns umgebenden Menschen am Herzen?
Gott offenbart nun sein Herz. Er kümmert sich um seine Schöpfung. Auch das Vieh ist ihm nicht egal. Aber vor allen Dingen sieht er die Menschen in Ninive und darunter die mehr als 120.000 Unmündigen. Sicher besonders Kinder, die noch nicht verantwortlich sind für ihr Tun. Aber damals wie heute gab es wohl auch geistig eingeschränkte Menschen, die nicht verantwortlich sind für ihr Tun und Reden. Sie sind auch von Natur verloren, aber ohne Verantwortung. Und Gott handelt mit Menschen gemäß ihrer Verantwortung. Ist es nicht ein Trost besonders für Eltern, dass alle ungeborenen und kleinen Kinder und auch alle geistig behinderten Menschen, wenn sie sterben, bei Christus sind? Er hat sein Leben für sie gegeben. Er ist gekommen zu suchen und zu retten, was verloren ist. Und der Herr selbst sagt, dass ihre Engel alle Zeit das Angesicht seines Vaters schauen, der in den Himmeln ist (Mt 18,10).
So endet dieses Buch mit der großen Barmherzigkeit Gottes. Er ist reich an Barmherzigkeit wegen seiner vielen Liebe (Eph 2,4). Und Jona schweigt. Wir können davon ausgehen, dass er seine Lektion gelernt hat. Denn er hat wohl danach dieses Buch geschrieben. Lernen wir auch unsere Lektionen in der Schule Gottes? Vielleicht haben wir andere zu lernen. Aber wir haben sie zu lernen. Wie jemand einmal gesagt hat: In der Schule Gottes gibt es Einzelunterricht und wir werden erst in die nächste Klasse versetzt, wenn wir die Lektion gelernt haben.