Mit Römer 12 beginnt ein neuer Abschnitt des Römerbriefes. Wir finden hier viele praktische Ermahnungen, die auf der in den Kapiteln 1 bis 11 dargelegten Lehre basieren. Im Christentum geht die Lehre notwendigerweise der Praxis voraus. Die Struktur der Briefe im Neuen Testament spiegelt dies wider. Durch die Lehre erfahren wir nicht nur, in welcher Stellung wir vor Gott stehen, sondern auch, wie wir unser Leben auf der Erde im Hinblick auf unsere himmlische Berufung richtig gestalten sollen.

Wenn wir in diesen Teil des Briefes einsteigen, sehen wir, dass es Gottes Wunsch ist, dass die Wahrheit im christlichen Leben praktisch zum Ausdruck kommt. Es ist jedoch nicht seine Absicht, dass die Gläubigen ihr christliches Leben aus einem Gefühl der Verpflichtung und des gesetzlichen Gehorsams heraus führen, sondern aus einem Herzen, das von der Zuneigung zu Christus erfüllt ist. Daher möchte Er unsere Herzen mit Wertschätzung für das erfüllen, was Er getan hat, um uns zu erretten, und dann sollen seine Ansprüche in der Erlösung uns zu einem wahren christlichen Leben bewegen. In Erwartung einer solchen Reaktion in diesen Kapiteln schildert Paulus den Gläubigen als einen Menschen, der sich in völlig anderen Bahnen bewegt und mit völlig anderen Motiven als denen, die ihn in seinen „unbekehrten Tagen“ beherrscht haben.

In den ersten Versen Römer 12,1–8 zeichnet Paulus eine moralische Reihenfolge von Dingen nach, die sich im Leben derjenigen ereignen, deren Herzen von der Barmherzigkeit Gottes und der Liebe Christi berührt worden sind. Diese Dinge sind wie eine Kette, die von einem Glied zum nächsten führt: von der Wertschätzung des Gläubigen für die Barmherzigkeit und Gnade Gottes bis hin zu seiner Weihe für den Dienst für Gott.

Die Doxologie am Ende von Römer 11 bildet eine natürliche Überleitung (Brücke) zu den praktischen Ermahnungen in Römer 12. Wie wir bereits festgestellt haben, wird das Nachdenken über alles, was in den vorangegangenen elf Kapiteln geschehen ist, eine positive Wirkung auf den Gläubigen haben. Es wird zu einer aufrichtigen Wertschätzung dessen führen, was Gott getan hat, um ihn zu retten, und es wird sich in Lobpreis und Dankbarkeit ausdrücken. Das ist wirklich die Quelle für jedes richtige christliche Verhalten. Nehmen wir uns also Zeit, darüber nachzudenken (und nachzusinnen), was Gott durch Christus zu seiner eigenen Ehre und zu unserem Segen getan hat; es wird uns zu dankbaren, hingegebenen Christen machen.

Ausgehend von der Annahme, dass das Herz des Gläubigen erfüllt ist von Dankbarkeit für das, was Gott getan hat, unterstreicht Paulus sofort die Ansprüche Christi in der Erlösung. Die „Erbarmungen Gottes“, der sich uns zuwandte und uns um einen hohen Preis rettete, rufen nicht nur zum Dank, sondern auch zur Hingabe unseres Lebens für die Sache Christi in dieser Welt auf. Paulus fordert daher als angemessene Antwort die Hingabe unseres Lebens. Er sagt: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer“ (Röm 12,1). Beachte: Er sagt nicht: „Ich befehle euch …“, denn Gott erwartet von Christen keinen gesetzlichen Gehorsam. Unsere natürliche Reaktion sollte sein: „Ich muss Ihm etwas zurückgeben. Was kann ich für Ihn tun?“ Oder wie der Psalmist sagte: „Wie soll ich dem HERRN alle seine Wohltaten an mir vergelten?“ (Ps 116,12).

Die Logik des Kreuzes – was dort geschah – sollte den Gläubigen zu einer bedingungslosen Hingabe seines Lebens an Christus führen. Im Griechischen steht „darstellen“ im Aorist, was bedeutet, dass es eine Sache ist, die im Leben des Gläubigen ein für alle Mal geschehen sollte.

Unsere „Leiber“, die einst als Werkzeug unseres eigenen Willens dienten, sollen nun aufgrund der Gnade Gottes, die in unseren Herzen wirkt, freudig als Opfer auf Gottes Altar gelegt werden, um in seinem Dienst verwendet zu werden.

Dieses „Opfer“ soll eine freiwillige Entscheidung des Gläubigen sein, dessen Herz von der Liebe Christi berührt worden ist (2. Kor 5,14.15). Das zeigt: Wenn das Herz von der Bewunderung und Zuneigung für Christus eingenommen ist, erwacht ein völlig neues Motiv im Gläubigen, das den Verlauf seines ganzen Lebens verändert. Die Ziele und persönlichen Ambitionen, die er einst hatte, werden freudig geopfert und eingetauscht gegen das Streben nach dem, was der Herrlichkeit Gottes in Christus dient. Es ist ein edles Opfer, das reichlich belohnt werden wird, sowohl jetzt als auch in Zukunft. Wir werden es nicht bereuen, dass wir Ihm unser Leben gegeben haben! Es hat sich noch kein einziger Gläubiger gefunden, der sein Leben Christus überlassen hat und es bereut! Das ist wirklich der Weg zu einem glücklichen, fruchtbaren Christenleben.

Paulus fügt hinzu, dass es unser „vernünftiger Dienst“ ist. „Vernünftig“ sollte mit „intelligent“, „einsichtig“ oder „logisch“ übersetzt werden. Das bedeutet, dass unser Opfer für Gott etwas ist, das sich intelligent und logisch begründen lässt. Was Paulus hier sagt, ist, dass angesichts dessen, was Christus für uns getan hat, das einzig Richtige und Logische für uns ist, darauf zu reagieren, indem wir Christus unser Leben hingeben.