Der Reformator Martin Luther hatte bekanntlich ein etwas gestörtes Verhältnis zu dem Jakobusbrief. Das lag daran, dass Jakobus viele Ausdrücke in einem ganz anderen Sinn verwendet als der Apostel Paulus. Jakobus ist ein Mann der Praxis und Paulus der Lehre. Wenn Jakobus von Sünde spricht, meint er die böse Tat, Paulus jedoch das böse Prinzip (Jakobus 1; Römer 7). Jakobus behandelt die Rechtfertigung vor Menschen und Paulus die Rechtfertigung durch Gott (Jakobus 2 / Römerbrief). Da den Reformatoren gerade die Wahrheiten ganz groß wurden, die Paulus gelehrt hatte, kam ihnen Jakobus teilweise etwas in die „Quere“. Der gute Luther hat sich deshalb zu dem Urteil hinreißen lassen (es ist an sich aber schon ein Fehler, Gottes Wort zu beurteilen, denn es beurteilt uns), dass der Jakobusbrief eine „recht strohene Epistel“ sei.
William Kelly sagte mit Seitenblick auf diese Aussage, dass der Jakobusbrief eher wie ein großer Vorschlaghammer wäre. Die inspirierten Worte des Jakobus sind eben nicht wie Strohhalme, die nur ein wenig pieksen und sonst nichts ausrichten, sondern sie haben eine mächtige Wirkung auf Herz und Gewissen. Jawohl: Der Jakobusbrief ist der Vorschlaghammer Gottes.
Ich möchte an dieser Stelle nur mal einen Vers aus dem Jakobusbrief zitieren:
„Wenn jemand meint, er diene Gott, und zügelt nicht seine Zunge, sondern betrügt sein Herz, dessen Gottesdienst ist nichtig“ (Jakobus 1,26).
Das ist ein kräftiger Schlag für das Gewissen. Meinen wir nicht, Gott zu ehren, weil wir dieses oder jenes für ihn tun? Doch achten wir auf unsere Worte – wenn sie ungebremst aus dem Mund strömen, so ist unser ganzer Dienst wertlos und nichtig. Unsere Zunge ist der Gradmesser für unseren inneren Zustand. Eine ungezügelte Zunge ist der Beweis für einen ungezügelten Eigenwillen (und da nützt die Ausrede nicht, dass man ein Sanguiniker sei). Und Eigenwille ist nicht Gottesdienst, sondern Götzendienst.